Mittwoch, 30. November 2016

Sandman: Overtüre (Panini)

Sandman: Overtüre (Panini)

Vor über 25 Jahren veränderte eine junger, britischer Autor mit seiner fantastischen Sandman Saga die Welt der Comics so nachhaltig, dass sie bis heute als Referenz des Genres gilt und eine enorme Fangemeinde besitzt. Nach all dieser Zeit kehrt ihr Schöpfer der Bestseller-Autor Neil Gaiman in den Kosmos der Ewigkeit zurück, um die Anfänge des Herren der Träume zu ergründen und dessen Vorgeschichte zu erzählen.

Weit entfernt von dieser oder einer beliebigen Realität träumt ein Wesen einen seltsamen Traum. Eine blumenartige Gestalt verbrennt und schreit in seiner Verzweiflung mit einer lautlosen Stimme. Diese Manifestation war einer der vielen Aspekte von Dream, dem Herren der Träume. Nie zuvor ist etwas vergleichbares geschehen und so kommt es zu einem Konzil der unzähligen Aspekte von Dream. Jemand scheint es auf seine Existenz abgesehen zu haben. Derjenige, den man auch unter dem Namen Morpheus kennt zieht zusammen mit einem katzenartigen Aspekt seiner selbst los, um in der Stadt der Sterne das Universum drüber zu befragen, was mit ihm geschehen ist. Auf jener Reise begegnet er dem jungen Mädchen Hope, deren Eltern von rücksichtslosen Banditen gefoltert und ermordet wurden. Selbst der Traumlord vermag sich schwer aus zu malen, was diese kleinen Augen bereits alles gesehen haben und erlaubt ihr ihn zu begleiten.
Gemeinsam machen sie sich auf den Weg in die Stadt der Sterne, wo sie sich gemeinsam ein paar Antworten auf die seltsamen Vorkommnisse, vom wahnsinnigen Stern erhoffen.
Vor den Toren der Stadt wird den drei Reisenden zunächst kein Zutritt gewährt, aber Dream erinnert die vielen Himmelskörper daran, dass selbst ihnen einst Träume Geschenk wurden. So werden die die drei schließlich eingelassen, obwohl Morpheus kein gutes Gefühl dabei hat, was sich einige Zeit später bewahrheiten soll. Die Sterne scheinen verrückt geworden zu sein und wollen das Universum untergehen sehen, sie löschen das Leben von Hope aus, verbannen den Traum der Katzen aus ihrem Reich und schicken Dream in ein Schwarzes Loch aus dem er nicht mehr von selbst entkommen kann. Gefangen in der ewigen Dunkelheit kommt er ins Gespräch mit seiner Mutter, die eigentlich lieber für sich allein in der Dämmerung lebt. Die Nacht erinnert ihren Sohn schmerzlich daran, dass seine eigene Schwäche zu all diesem Unheil geführt habe und die Schuld bei ihm liegt. Morpheus und sein Katzen-Aspekt tun alles um ihren einst begangenen Fehler zu korrigieren, selbst wenn es sie all ihre Kraft oder mehr kosten sollte.
Der nun offiziell als 11er Band der Sandmann-Reihe geführte Sammelband enthält die sechs Einzelausgaben bzw. die zwei Bände der Overtüre Vorgeschichte und komplettiert hiermit diese herausragende Miniserie.
Die faszinierende Tiefe des Comics mit seinen vielen Ebenen und den anthropomorphen Manifestationen der Ewigen in seiner Gesamtheit zu beschreiben ist ähnlich kompliziert, wie diese Geschichte selbst. Geleitet von seinen Schuldgefühlen wird der ansonsten sehr auf seine Autonomie bedachte Dream dazu gezwungen sich mit seinen eigenen Eltern und Geschwistern auseinander zu setzen und sie sogar um Hilfe zu bitten. Die tiefe seiner Verzweiflung steigert sich mit jeder Seite in der das Universum näher an den Abgrund herantritt und destilliert sich zum Finale hin in einer selbstlos scheinende doch zutiefst egoistische Handlung, um das eigene Versagen nicht länger ertragen zu müssen. Getragen wird die Geschichte des Herren der Träume von einem genialen Artwork, des Zeichners J.H. Williams III dessen Panel-Gestaltung und themenhaft wechselnden Zeichenstile von verrückter Kreativität nur so strotzen. Jedes Panel und jede Seite dieses Softcover-Bandes verdient einen genaueren Blick, vor Allem weil Williams immer wieder zum experimentieren mit dem Format neigt. Gekonnte visuelle Transitionen zwischen den einzelnen Ebenen der Realität, charakterabhängige Hintergrundgestaltung und der Einsatz von Farben die von manisch bunten Szenerien bis zu tiefster Dunkelheit die ganze Palette des Koloristen Dave Stewart auf das Papier bringen.
Das Bonusmaterial, ist leider etwas knapper ausgefallen als in den Einzelausgaben, es fehlen die netten Interviews mit den Künstlern, sowie eine interessante Anekdote der Verlegerin über ihre Zusammenarbeit mit Neil Gaiman. Einzig die Galerie der Variante-Cover hat es noch in das 180-seitige Comic geschafft.

Mit dieser Miniserie zur Vorgeschichte von Morpheus dem Herrn der Träume gelingt es Neil Gaiman an seine herausragende Geschichte anzuknüpfen und den epischen Aufbau durch eine emotionale Komponente, getragen von einem meisterlichen Artwork, an den Anfang vom Ende zu führen.


9.1 von 10 ewigen Chronisten der Unendlichkeit