Torchwood #1 – Ein anderes Leben (Cross Cult)
In Cardiff herrscht mal wieder mächtig bescheidenes Wetter. Der Regen scheint einfach nicht mehr aufhören zu wollen, so dass die Kanalisation langsam aber sicher an ihre Grenzen stößt und allerhand Dreck nach oben befördert – darunter auch den ein oder anderen Weevil. In diesem langsam entstehenden Chaos muss das Torchwood-Team mit seinem Neuzugang Gwen Cooper eine Reihe grausamer Morde im näheren Umfeld der Blaidd-Drwg-Nuklearanlage aufklären. Als sie einen Verdächtigen stellen wollen, lässt sich dieser nach einer kurzen Verfolgungsjagd mit einem Lächeln im Gesicht und der Aussage, man sehe sich bald wieder, von einem Baugerüst fallen. Bei der Obduktion des Mannes findet Owen einen kleinen radioaktiven Gegenstand nahe der Wirbelsäule und wird kontaminiert. Während der Rest des Teams weitere Spuren verfolgt, sitzt Owen in der Basis und versucht die Zeit bis zu seiner Dekontamination tot zu schlagen. Zufällig gerät er durch das Spiel „Second Reality“ in Kontakt mit einer Person aus seiner Vergangenheit vor Torchwood...
Ich mag ja Torchwood und Doctor Who wirklich sehr gerne. Mit diesem Roman von Peter Anghelides habe ich mir allerdings wirklich schwer getan. Die erste Staffel Torchwood war bezüglich der Charaktere und dem Profil von Torchwood etwas wirr und erst zum Ende wurde so wirklich der Weg gefunden, den man im Weiteren beschreiten wollte. Da ordnet sich der Roman eigentlich ganz gut ein. Zum einen weil Gwen eben erst seit Kurzem Mitglied bei Torchwood ist und zum anderen weil die Charaktere gerne mal etwas neben der Spur wirken. Was aber auch kein Wunder ist, da das Buch entstanden ist, als noch keine Torchwood-Folge abgedreht war. Anghelides musste sich also an den Konzepten und den Drehbüchern orientieren, die zu diesem Zeitpunkt vorhanden waren. Dieser Umstand wird durch das Interview, das Cross Cult netterweise geführt und als Extra mitabgedruckt hat, nochmal näher beleuchtet. Das erklärt so einiges, macht das Buch aber leider nicht besser.
Wie gesagt, sind die Charaktere nicht unbedingt immer gut getroffen. Das könnte ich generell akzeptieren, gerade weil es eben auch der erste Torchwood-Roman ist, der veröffentlicht wurde. Aber wenn Owen über Obdachlose herzieht und sie als „dreckige Zigeuner“ bezeichnet, dann ist mir das doch etwas zu viel. Der Charakter Owen kann schon gut austeilen und ist auch gerne mal asozial, aber es muss ja nicht gleich in solch eine Richtung gehen. Ebenso wird etwas mit Toshikos Status als superintelligenter Sonderling übertrieben. Im Roman bedarf es nur fremdartiger Wörter wie „Daten“ oder „analysieren“ aus ihrem Mund, um das ganze Team zu synchronem Kopfschütteln und Aussagen wie „Du verrücktes Huhn! Rede mal verständlich!“ zu animieren. Albern und übermäßig gewollt wirkt das.
Die Geschichte an sich ist grundsolide und hätte auch ohne weiteres als reguläre TV-Folge entstehen können. Es wäre zwar keine von denen, die Menschen zu Fans der Serie machen, aber immerhin. Leider wird einem recht schnell nach der Entdeckung des Gegenstands an der Wirbelsäule des Selbstmörders klar, wohin die Reise gehen wird und wird dahingehend auch nicht mehr wirklich überrascht. Zuerst irritierend und wirklich gut gemacht sind die Kapitel, in denen in die zweite Person gewechselt wird, um die Situation der Personen darzustellen, die die „Fernbedienung“ im Rücken haben. Da muss ich sagen: „töfte“. Gar nicht so töfte, sondern eher unangenehm sind hingegen die Passagen mit „Second Reality“ bzw. den technischen Verbesserungen, die Toshiko an dem Spiel testet. Sie macht aus dem Spiel am PC eine holographische Virtual Reality-Erfahrung. Aufgrund der Möglichkeiten die Torchwood hat, ist das erstmal vollkommen normal, dass das geht – kein Problem. Peinlich wird es, wenn Owen sich entgegen aller Warnungen mit dem Spiel durch die Torchwood-Firewall „hacked“ und somit dafür sorgt, dass die Grafik bei den anderen Mitspielern besser wird ohne das sich deren Equipment verändert. Naja. Das mag sich so anhören, als ob ich wieder versuche, den Roman über Kleinigkeiten zu sabotieren. „Second Reality“ wird jedoch wirklich viel Raum zur Verfügung gestellt. Generell ist es gerade in Bezug auf die Geschichte keine schlechte Idee, aber an der Umsetzung hapert es.
Der erste Torchwood-Roman bietet eine solide Geschichte, wirkt aber über weite Strecken unausgegoren. Es wäre vielleicht für die Qualität förderlicher gewesen, hätte man dem Ganzen etwas mehr Zeit gegeben und die Serie erstmal ihren Weg finden lassen.
4,8 von 10 kahle Stellen, wo einst dichtes Gehölz