Donnerstag, 24. November 2022

Junji Ito – Sensor (Carlsen Manga)

Junji Ito – Sensor (Carlsen Manga)

Während der Edo-Zeit in Japan wurde der christliche Missionar Miguel zum Tode verurteilt. Ein Samurai des Shogunats stoß ihn zur Strafe in den aktiven Sengoku Vulkan. Seit jeher Ranken sich so manche Legenden um den heiligen Berg. Manche erzählen sich sogar, Miguels Seele sei zu sehen gewesen, wie sie den Vulkan in Richtung Himmel verlassen habe. Ein Fakt ist allerdings, dass der Vulkan seit Miguels Tod mit jedem Ausbruch riesige Mengen Glasfäden erzeugt, die die gesamte Umgebung benetzen. Das von der Vulkan-anbetenden Sekte als goldenes Himmelhaar bezeichnete Phänomen scheint aber wirklich übernatürliche Kräfte zu enthalten. Davon angetrieben will die Sekte Kyoko, eine junge Urlauberin, opfern um so das wahre Machtpotential der Berges freizulegen. Was dann jedoch geschieht, überrascht selbst die Sekte und ihre Anhänger*innen und ihr erhoffter Erlöser ist eine noch viel finsterere Macht als sich irgendwer hätte vorstellen können.


Junji Itos „Sensor“ ist die Geschichte von Kyoko, einem liebeskranken Journalisten, Sekten, selbstmörderischen Käfern, tödlichen Spiegeln und natürlich auch dem unbeschreiblichen, kosmischen Horror. Es gibt wie so oft bei Ito Frauen, die Männer stalken, Männer, die Frauen stalken, Body Horror, das einfache Unwohlsein an einem Ort zu sein, an den wir nicht gehören, aber auch äußerst esoterischen Horror, der uns tief in den Kosmos, durch die Zeit, Glauben und Philosophie führt. Am Ende ist aber niemand nirgendwo sicher.

Aber auch die Lesenden und nicht nur seine Figuren sind Ito einmal mehr ausgeliefert. Insgesamt wirken diese lose zusammenhängenden Kapitel etwas schleppender und in sich weniger aufeinander abgestimmt als andere Werke des Mangaka. Was mich erst etwas störte, später aber umso mehr kalt erschaudern lies. Der teilweise ungewohnte Aufbau der Geschichten brachte mich dazu, etwas weniger gut aufzupassen. Schließlich ist nun seit ein paar Seiten nichts zu spannendes mehr passiert und dann plötzlich entwickelt sich in nur wenigen Panels eine der umwerfendsten Body Horror Sequenzen, die er je erschaffen hat. Insgesamt hat dieser Sammelband einige erschreckende Momente zu bieten, der Weg dahin ist oftmals aber weniger gut geschrieben und ungeschickter arrangiert als wir es von Junji Ito gewohnt sind. Viele der hier enthaltenen Gruselkonzepte wirken nur wenig durchdacht und führen manchmal ins Leere, was eher untypisch für ihn ist.

Auch das Artwork ist weniger konsistent in seiner Qualität. Neben starken Kapiteln, die es schaffen in die Tiefen des Alls zu entführen und uns die Kälte des Nichts des Weltraums spüren lassen, dümpelt es in anderen alles eher nur dahin und kann nur wenig Spannung aufbauen.

Insgesamt also der bisher wechselhafteste und qualitativ inkonsistenteste Band des bei Carlsen erscheinenden Ito Universums. Trotzdem beweist Autor und Zeichner Ito auch hier in den besseren Momenten, dass es wenige Künstler*innen gibt, die auch nur annähernd so effektiv wie er schockieren können. Fans holen sich also auch ohne Bedenken diesen Hardcoversammelband. Wer aber zum ersten Mal einen Ito Manga antesten will, ist weiterhin am besten mit „Uzumaki“ oder „Tomie“ bedient.

7 von 10 verstellte Spiegel