Asadora! #1 (Carlsen Manga)
Herbst im Japan des Jahres 1959: Durch einen dusseligen Zufall wird die 12-jährige Asa von dem alten Kampffliegerpiloten Harou Kasuga entführt. Kasuga wurde nämlich von ihr bei einem Einbruch beobachtet und damit sie ihn nicht verpfeift und weil er denkt, sie sei die Tochter eines reichen Arztes, erschien ihm eine Entführung sinnvoll. Nun stecken sie jedoch beide in einem Container inmitten einer alten Lagerhalle und versuchen sich vor einem Taifun zu schützen. Am nächsten Morgen steht das gesamte Viertel unter Wasser, viele Häuser hat der Taifun mit sich genommen und viele Menschen sitzen verzweifelt auf ihren Dächern, hungernd und wartend auf Rettung. Zumindest für Nahrung kann nun aber gesorgt werden, schließlich sind da die abenteuerlustige und erfinderische Asa und ein erfahrenes Fliegerass.
Naoki Urasawas Idee zu seiner aktuellen Mangaserie „Asadora!“ kam ihm 2011 nach dem Tōhoku Erdbeben und Tsunami bei dem über 20.000 Menschen verstorben sind. Es sollte ein hoffnungsvoller Manga werden, im Gegensatz zu seinen vorherigen düsteren Arbeiten wie „Monster“ und „Billy Bat“ sehen wir daher auch endlich eine starke Hauptfigur in diesem Manga. Die kleine Asa ist mutig, stark und versucht stets ihr bestes um anderen Menschen zu helfen. Im ersten Band wirft sie Nahrung mithilfe von Heliumballons auf die gestrandeten Opfer der Naturkatastrophe. Neben Asa lernen wir auch Kasuga kennen. Ein alter gescheiterter Mann, der sich seit dem Krieg mit Aushilfsarbeiten durchschlägt, der Mut etwas neues anzufangen ist ihm allerdings abhanden gekommen, seitdem seine Frau und Tochter im Krieg verstorben sind. Während Asa genau so auch problemlos einem Ghibli Film entsprungen sein könnte, ist Kasuga ein für Urasawa sehr typischer Charakter. Ein alter gescheiterter Nichtsnutz, der am Ende aber doch ein gutes Herz hat. Mit Shota lernen wir noch einen Jungen kennen, der in Asas Alter ist und von seiner Familie stark unter Druck gesetzt wird um sportlichen Erfolg zu erreichen. Nach dem ersten Band ist aber noch nicht abzusehen, wohin diese Geschichte führt.
Die letzte Figur des ersten Bands ist Kinuyo, eine ältere Lokalbesitzerin. Zuerst ist sie etwas mürrisch, lässt sich aber schnell von Asa überreden um zu helfen. Sie ist es dann auch, die es schafft, andere Menschen im Viertel dazu zu bringen zu helfen. In diesen Szenen schafft Urasawa es sehr gut, einen hoffnungsvollen Moment zu zeigen. Eine Community, die alles verloren hat, arbeitet zusammen um Leuten in Not direkte Hilfe zu bieten, während der Staat selbst bürokratisch feststeckt und auch die Polizei absolut keine Hilfe ist, eher im Gegenteil.
Durch die sympathischen Charaktere war ich sofort Teil der Geschichte. Schon der erste Band ist lustig, dramatisch, traurig, aber auch immer hoffnungsvoll. Die Figuren sind zwar altbekannte Archetypen, haben aber genug Ecken und Kanten um aus der Masse herauszustechen. Die Designs der Charaktere werden alle Fans sofort als typisch für Urasawa erkennen, da hat sich also wenig geändert. Im Vergleich zu den meisten der vorherigen Arbeiten des Mangaka wirkt „Asadora!“ bisher sehr gradlinig und in seiner Erzählung fast schon zu einfach. Daher bin ich gespannt, wie es sich weiterentwickelt. Dennoch hat es mir gefallen, auch wenn mir seinen früheren Manga bisher mehr zugesagt haben als dieser Band. Allerdings gibt es hier erste Anzeichen auf übernatürliche Ereignisse und da die Serie die gesamte Lebenszeit von Asa umfassen soll wird sicherlich noch einiges passieren.
Optisch unterscheidet sich dieser Manga nur wenig von dem, was ihr von Urasawa schon kennt. Die Figuren zeichnen sich vor allem durch sehr aussagekräftige Gesichter und eine lebendige Mimik aus und können als typisch für den Künstler beschrieben werden. Die Hintergründe sind sehr detailreich und atmosphärisch in Szene gesetzt. Optischer Höhepunkt ist hier die Darstellung des Taifuns und vor allem lange Kamerafahrten über das zerstörte Viertel. Hier wird vor allem die gespenstische Ruhe nach solch einem Unglück deutlich und sorgt für Gänsehaut.
Nach einem Band lässt sich schwer ein Urteil bilden, bisher wirkt „Asadora!“ wie eine sehr gute, aber vor allem mal andere Art von Geschichte, als wir es vom Autoren kennen. Ich bin jedenfalls gespannt wie es weiter geht, auch wenn ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht das Gefühl habe, der Manga ist eine große Konkurrenz für sein früheres Schaffen.
7 von 10 Heliumreisbällchen