Beastars Vol. 1 (Kazé Manga)
An der Schule stehen fleischfressende
und pflanzenfressende Tiere auf der gleichen Stufe. Jedenfalls
theoretisch. Praktische verhält es sich natürlich nicht ganz so:
Pflanzenfresser*innen fürchten sich davor, dass die wilden Instinkte
der Fleischfresser*innen vielleicht doch wieder durchkommen könnten
und sie somit jederzeit auf der Speisekarte ihrer Mitschüler*innen
stehen könnten. Die Fleischfresser*innen fühlen sich diskriminiert,
müssen aber auch wirklich dagegen ankämpfen, sich nicht in die
Kleineren in der Schule zu verbeißen. Hinter dem brüchigen
Burgfrieden stecken also berechtigte und unberechtigte Ängste und
Vorurteile. Die Lage droht allerdings endgültig zu kippen als Tem,
ein Alpaka aus der Theater AG von einem der Fleischfresser*innen im
Blutrausch ermordet wird. Die*Der Täter*in kann nicht ermittelt
werden, wodurch natürlich Ängste und Gerüchte nur noch mehr
geschürt werden. Mitten in all dem steht Legoshi, ein junger Wolf,
ebenfalls Mitglied der Theater AG und ein guter Freund des
verstorbenen Tem. Schnell vermuten manche Mitschüler*innen ihn
hinter dem Mord, schließlich verhält er sich schon manchmal recht
merkwürdig.
„Beastars“ von Mangaka Paru Itagaki
ist auf den ersten Blick eine von vielen Geschichten mit
anthropomorphen Tieren, in der die Konflikte zwischen Fleisch- und
Pflanzenfressenden als simple Parabel auf Rassismus in unserer
Gesellschaft zu verstehen ist. Zum Glück, schließlich ist diese
sehr einfach Parabel meist nur mäßig passend für das Thema und
zudem als Stilmittel recht zu Tode geritten, entfernt sich Itagiki
von Anfang an weit von einem gut/böse Schema. Vielmehr nutzt sie die
Prämisse der verschiedenen Tierarten deutlich weiter gefächert aus.
Somit symbolisiert das Fressverhalten der Tiere noch sehr viel mehr
als nur eine rassistische Gesellschaft. Vielmehr werden hier Fragen
zu Gender, Identitäten, Klassismus, Rassentrennung und Pubertät
aufgeworfen.
Jedoch geht es trotz der Schwere dieser
Themen wenig zu verkopft zu und die Dinge können nur selten 1:1 so
in unsere Gesellschaft übertragen werden. Viel mehr dient das
Setting dazu, die Leser*innen von Beginn an aware zu machen, dafür
welche Macht- und Missverhältnisse in der Welt von „Beastars“
herrschen. Reale politische Themen schwingen somit zwar immer mit,
sollten beim Lesen auch bedacht werden, all das ist aber nur der
Background der Geschichte.
Vordergründig geht es hier nämlich
vor allem um eine Liebesgeschichte mit spannenden Dynamiken und einem
sich parallel weiterentwickelnden Murder-Mystery Fall. Band 1
allerdings schafft es nur das Setting zu etablieren und ein paar
erste Figuren einzuführen. Wir erfahren über die Charaktere nur
spärliche Informationen. Auf diese Weise vermittelt uns der erste
Band eher ein Gefühl für die Serie und lässt uns erst mal nur ein
wenig in die Welt von „Beastars“ eintauchen.
Vergleichsweise passiert in den ersten
Kapiteln zwar nur wenig, aber vor allem im direkten Vergleich zur Netflix Animeadaption der Geschichte fällt schnell auf, wie viel
ausgearbeiteter hier gesellschaftliche Details sind und wie behutsam
Itagaki mit ihren Figuren umgeht. Optisch ein sehr schöner Manga,
gerade spannende Momente, Emotionen und innere Gedankengänge werden
oft visuell sehr interessant umgesetzt.
7,5 von 10 verbotene Gärten