Freitag, 2. Dezember 2022

Beastars Vol. 1 (Kazé Manga)

Beastars Vol. 1 (Kazé Manga)

An der Schule stehen fleischfressende und pflanzenfressende Tiere auf der gleichen Stufe. Jedenfalls theoretisch. Praktische verhält es sich natürlich nicht ganz so: Pflanzenfresser*innen fürchten sich davor, dass die wilden Instinkte der Fleischfresser*innen vielleicht doch wieder durchkommen könnten und sie somit jederzeit auf der Speisekarte ihrer Mitschüler*innen stehen könnten. Die Fleischfresser*innen fühlen sich diskriminiert, müssen aber auch wirklich dagegen ankämpfen, sich nicht in die Kleineren in der Schule zu verbeißen. Hinter dem brüchigen Burgfrieden stecken also berechtigte und unberechtigte Ängste und Vorurteile. Die Lage droht allerdings endgültig zu kippen als Tem, ein Alpaka aus der Theater AG von einem der Fleischfresser*innen im Blutrausch ermordet wird. Die*Der Täter*in kann nicht ermittelt werden, wodurch natürlich Ängste und Gerüchte nur noch mehr geschürt werden. Mitten in all dem steht Legoshi, ein junger Wolf, ebenfalls Mitglied der Theater AG und ein guter Freund des verstorbenen Tem. Schnell vermuten manche Mitschüler*innen ihn hinter dem Mord, schließlich verhält er sich schon manchmal recht merkwürdig.

„Beastars“ von Mangaka Paru Itagaki ist auf den ersten Blick eine von vielen Geschichten mit anthropomorphen Tieren, in der die Konflikte zwischen Fleisch- und Pflanzenfressenden als simple Parabel auf Rassismus in unserer Gesellschaft zu verstehen ist. Zum Glück, schließlich ist diese sehr einfach Parabel meist nur mäßig passend für das Thema und zudem als Stilmittel recht zu Tode geritten, entfernt sich Itagiki von Anfang an weit von einem gut/böse Schema. Vielmehr nutzt sie die Prämisse der verschiedenen Tierarten deutlich weiter gefächert aus. Somit symbolisiert das Fressverhalten der Tiere noch sehr viel mehr als nur eine rassistische Gesellschaft. Vielmehr werden hier Fragen zu Gender, Identitäten, Klassismus, Rassentrennung und Pubertät aufgeworfen.

Jedoch geht es trotz der Schwere dieser Themen wenig zu verkopft zu und die Dinge können nur selten 1:1 so in unsere Gesellschaft übertragen werden. Viel mehr dient das Setting dazu, die Leser*innen von Beginn an aware zu machen, dafür welche Macht- und Missverhältnisse in der Welt von „Beastars“ herrschen. Reale politische Themen schwingen somit zwar immer mit, sollten beim Lesen auch bedacht werden, all das ist aber nur der Background der Geschichte.

Vordergründig geht es hier nämlich vor allem um eine Liebesgeschichte mit spannenden Dynamiken und einem sich parallel weiterentwickelnden Murder-Mystery Fall. Band 1 allerdings schafft es nur das Setting zu etablieren und ein paar erste Figuren einzuführen. Wir erfahren über die Charaktere nur spärliche Informationen. Auf diese Weise vermittelt uns der erste Band eher ein Gefühl für die Serie und lässt uns erst mal nur ein wenig in die Welt von „Beastars“ eintauchen.

Vergleichsweise passiert in den ersten Kapiteln zwar nur wenig, aber vor allem im direkten Vergleich zur Netflix Animeadaption der Geschichte fällt schnell auf, wie viel ausgearbeiteter hier gesellschaftliche Details sind und wie behutsam Itagaki mit ihren Figuren umgeht. Optisch ein sehr schöner Manga, gerade spannende Momente, Emotionen und innere Gedankengänge werden oft visuell sehr interessant umgesetzt.


7,5 von 10 verbotene Gärten