Donnerstag, 21. Dezember 2023

Der Gourmet - Von der Kunst allein zu geniessen & Auf den Spuren feiner Kochkunst (Carlsen Manga)

Der Gourmet - Von der Kunst allein zu geniessen (Carlsen Manga)

Am Wochenende sich mal entspannt ein richtig schönes Mahl gönnen. Spät nachts noch eine feine Sushi-Bar entdecken oder vom Hunger und einem Nerven verzehrenden Arbeitstag geschafft noch schnell was leckeres eingenommen. Egal wie, egal wo, unser Protagonist entdeckt immer ein nettes Lokal in das er einkehren kann. Auch wenn es mal nicht die beste Adresse am Platz ist, genießt er dennoch sein Essen, erinnert sich an vergangene Tage oder kommt auch mal mit seinen Sitznachbar*innen in seichte Gespräche. Dazwischen immer wieder Termine, von denen er als Vertreter viele zu bewältigen hat, aber der anstrengende Job hat auch seine Vorteile, so kommt er überall in Japan herum, entdeckt somit neue Restaurants, die er sonst nie gesehen hätte und kann die schönen Orte Japans bereisen.

Wie schon in ihrem von mir zuletzt besprochenen gemeinsamen Projekt “Der geheime Garten vom Nakano Broadway” machen Autor Masayuki Kusumi und Zeichner Jiro Taniguchi erstmal das was beide am besten können. Recherche, Recherche, Recherche. Unzählige Restaurants, Imbisse, Take-Away Buden und Snackautomaten überall in Japan mussten gefunden, besucht, getestet, beschrieben und ausgiebig fotografiert werden. Die achtzehn interessantesten Mahlzeiten bekamen dann eigene Episoden, die gemeinsam den Manga “Der Gourmet” befüllen. Um die einzelnen Speisen schrieb Kusumi 1997 noch eine vage Rahmenhandlung. Wir folgen einem Vertreter bei seinem Alltag und nehmen so auch an seinen Schlemmereien teil. Wir begleiten ihn jedoch auch zu geschäftlichen Terminen, einen Kaktusladen und nicht zuletzt führen seine Erinnerungen uns sogar zurück in seine Vergangenheit und eine traurige Nacht in Paris.

Dieses Beiwerk lässt intime Blicke in das Privatleben einer fiktiven Person zu, vermittelt so aber auch gleichzeitig einen spannenden Teil der japanischen Kultur, die so in Manga und Filmen sonst nicht zu sehen ist. Zentral ist dennoch nur das Essen. Ein wenig an Tampopo (1985) erinnernd werden die Gerichte hier genüsslich zelebriert. Mal nebenher genossen, mal wird es fast zu einem spirituellen Erlebnis, am wichtigsten bleibt aber der Genuss.

Was Kusumi inhaltlich so wunderschön geschrieben hat, wird von Jiro Taniguchi gewohnt wunderschön und mit unendlicher Akribie und Genauigkeit in feinen Bildern umgesetzt. Ich sage es zwar bei jedem seiner Werke, aber auch diesmal ist es angebracht: Jedes seiner Panels ist ein kleines Kunstwerk! Es ist einfach unnachahmbar, wie er es schafft durch viele Details, die andere Künstler*innen ignorieren würden, die Szenerie belebt und ihr Seele verleihen kann. Die Charaktere, selbst wenn sie meist nur in einer der Episoden vorkommen sind schön ausgearbeitet und jedem geographischen, architektonischen und sonstigem Detail wird hier besondere Beachtung geschenkt.

Alles bestens also und da es für erwachsene Mangafans eh immer zu wenig Lesestoff gibt, sollte dieser Band eine Pflichtlektüre sein. Sehr schade ist natürlich die Spiegelverkehrte Leserichtung, finde es wirklich bedauerlich, dass man vor Taniguchis Werken nicht den nötigen Respekt hat und die Leserichtung jedes mal umkehrt. Das hatten wir eigentlich schon lange überwunden sollte man denken. Ansonsten ist die Aufmachung aber gelungen. Der Manga kommt im Großformat, mit einem ausführlichen Vorwort, einem noch längeren Nachwort und einem schön ausführlichen Glossar.

8 von 10 schwerhörige Sushiköche


Der Gourmet – Auf den Spuren feiner Kochkunst (Carlsen Manga)

Erneut begleiten wir den japanischen Handlungsreisenden/Gourmet auf seinen Reisen durch Japan, wo ihn immer neue kulinarische Entdeckungen erwarten. Auf der Suche nach leckerem Essen und möglichst wenig Zwang Alkohol trinken zu müssen tingelt er zufällig in die eine oder andere Ramen Kneipe, macht aber auch vor koreanischer und peruanischer Küche nicht halt und sogar algerische Speisen finden in Paris auf seinen Teller.

Nach „Der Gourmet – Von der Kunst allein zu genießen“ und „Der Geheime Garten vom Nakano Broadway“ ist „Der Gourmet – Auf den Spuren feiner Kochkunst“ die dritte Zusammenarbeit vom Gastronomie-Manga-Autoren Masyuki Kusumi und des 2017 verstorbenen Mangazeichners Jiro Taniguchi. Im zweiten Gourmet Band begleiten wir unseren Protagonisten insgesamt bei 13 seiner einsamen Mittagessen. Die diesmal noch üppiger ausfallen als im Vorgänger. Manchmal wirkt es schon etwas gierig, wie viel der Herr in sich rein schaufelt. Allerdings ist das nicht das wirkliche Problem dieses Manga.

Obwohl ich eigentlich alle Arbeiten von Taniguchi sehr liebe, konnte mich dieser Manga leider nur kurzweilig und eher lauwarm unterhalten. Also stellt der Band durchaus keine vollwertige Mahlzeit dar. Die Balance aus Essensreview und Taniguchi typischen urbanen Wanderungen gepaart mit essentiellen Beobachtungen über das Leben und ein wenig Philosophie ist nicht so richtig ausgewogen. So sind es eigentlich nur die Kapitel in Paris und sein Essen in einer tokyoter Unimensa, die auf dem selben Niveau wie der erste Band sind. Außerdem gibt es aber noch ein ganz besonderes Kapitel in dem sich der Protagonist mit einem herrischen Boss anlegt, der seinen Mitarbeiter dazu drängt noch mehr mit ihm zu trinken. Ein interessantes Kapitel und gerne hätte ich davon noch mehr gehabt.

Dennoch können diese Probleme nicht wett machen, dass Taniguchi ein wundervoller Künstler war, wenn auch er hier nicht seine Höchstleistung zeigen kann und die Erzählart Emotionen auf ungewöhnliche Weise zu transportieren versteht. Ich bereue es also nicht den Manga gelesen zu haben, nach dem ersten Band hätte ich aber einfach mehr davon erwartet.

Leider kann die Fortsetzung aber auch optisch nicht mit dem Erstling mithalten. Taniguchi kann hier nicht die erwartete Detailfülle erreichen und so kommt sein tolles Gespür für all die kleinen Hintergrundelemente die seinem Artwork ihre Seele verleihen nur selten durch. Schlimmer als das, ist aber, dass bei allen Gerichten diesmal Fotos verwendet wurden die nur leicht überzeichnet wurden. Dadurch wirkt das wichtigste Element des Manga ziemlich tot und seelenlos. Sehr schade drum.

Als Bonus kommt dieser Band mit einem sehr ausführlichen Glossar und einem Essay von Yoko Hiramatsu.

6,7 von 10 zähe Tintenfische

Beide Bände sind jetzt auch zusammen als Doppelpack bei Carlsen zu erhalten. Wer diesen Manga also noch nicht kennt bekommt jetzt noch mal die Chance im praktischem Gesamtpaket.