Samstag, 1. Februar 2020

Dialoge mit mir selbst #1 (Carlsen Manga)


Dialoge mit mir selbst #1 (Carlsen Manga)

Ihr erster großer Erfolg mit ihrem Non-Fiction Manga „Meine lesbische Erfahrung mit Einsamkeit“ ist die große Chance für Kabi Nagata. In diesem Manga erzählte sie von ihrem eigenen Alltag und davon wie sie zum ersten mal Sex hatte, mit einer Sexarbeiterin. Der Erfolg bietet ihr neue Möglichkeiten, bringt aber auch neue Probleme mit sich. Ihre größten Probleme, ihre Einsamkeit und der Fakt, dass sie es einfach nicht schafft bei ihrer Familie auszuziehen und für sich selbst zu sorgen sind somit ebenfalls nicht aus dem Weg geschafft. Auch ihr neues Projekt „Dialoge mit mir selbst“ beschäftigen sich mit ihrem Privatleben. Jedes Kapitel ist ein Brief an ihr ich aus der Zukunft.

Schonungslos offen, sehr nahe und stets überraschend verletzlich lässt uns Kabi Nagata an ihrem meist trostlosen Alltag teilhaben. Dieser Band zeigt sie auf ihrer Odyssee eine eigene Wohnung zu finden und zu halten. Was letztlich mehr als nur ein paar Versuche benötigt. Die meiste Zeit beobachten wir die Autorin und Zeichnerin bei der Reflektion ihrer Lage. Nur selten passiert es das wir mit ihr etwas unternehmen. Die meiste Zeit arbeitet sie oder lebt isoliert alleine oder mit ihrer Familie. Letzteres ist teilweise sogar noch trostloser als ihr Leben allein. Gerade hier wird es spannend wenn sie uns erzählt wie sie versucht mit ihrer Familie umzugehen. Sie versucht verzweifelt die emotionale Unterstützung ihrer Eltern zu bekommen, zugleich ist ihr aber auch klar, das ihr Manga, der die Wahrheit über das Verhältnis von ihr zu ihrer Familie erzählt dabei sicherlich keine Hilfe sein wird. Auch ihre unerfüllte Liebe und Sexualität spielt natürlich wieder eine tragende Rolle, wobei ich hier sehr spannend fand zu sehen wie sie selbst realisiert, dass sie in ihrem Zustand keine gute Partnerin wäre und es solange es ihr so geht unfair wäre eine Beziehung einzugehen. Auch ihre Gedanken zu ihrer internalisierten Homofeindlichkeit sind durchaus spannend zu lesen.

Optisch strotzt der Manga von vor vielen tollen Ideen und spielerischen Stilmitteln. Auch wenn es zeichnerisch manchmal sehr einfach aussieht, steckt in den meisten Seiten doch sehr viel mehr liebe fürs Detail und Feinheiten als man zuerst glauben würde.

„Dialoge mit mir selbst“ lässt uns sehr nahe an das Leben eines Menschen herantreten, der zudem jegliche Abwehrmechanismen hat fallen lassen. Kabi Nagata erzählt ihre Geschichte ohne Zynismus oder andere Mittel die mehr Distanz zwischen ihre Emotionen und der Geschichte bringen würde. Somit ist dieser Manga vor allem eins: Unheimlich ehrlich und sicherlich eine aufschlussreiche Stütze für alle Menschen die ähnliche Dinge fühlen wie Nagata.

8 von 10 blutige Reisklumpen