Meine
lesbische Erfahrung mit Einsamkeit (Carlsen Manga)
Kabi
Nagata hat vor über 10 Jahren ihren Abschluss an der Oberschule
gemacht, kann jedoch immer noch nicht auf eigenen Beinen stehen. Sie
ist depressiv und schwankt zwischen Essensverweigerung und Perioden
in denen sie pausenlos essen muss. Ihre sozialen Ängste hindern sie
daran einen Job länger zu behalten oder es überhaupt zu einem
Vorstellungsgespräch zu schaffen. Sie verletzt sich selbst, hat eine
kahle Stelle am Hinterkopf vom ständigen Haare ausreißen und ihre
Arme sind vernarbt. Weil sie es nicht raus schafft hat sie auch keine
Freunde mehr. Ihre sozialen Kontakte bestehen nur noch aus ihrer
Familie, die ihre psychischen Probleme nicht verstehen und den
Menschen, die sie in ihren Minijobs trifft, wenn sie denn mal eine
Arbeit hat. Zudem plagt sie der Wunsch nach körperlicher Nähe, am
meisten nach der körperlichen Zuneigung einer anderen Frau, denn
auch sexuell ist sie völlig unerfahren und weiß eigentlich gar
nicht was sie möchte und ob sie eigentlich wirklich an Sexualität
interessiert ist. Ansonsten träumt sie davon eine Mangaka zu sein
und so beginnt sie über ihren Alltag und ihre Probleme zu schreiben,
darüber wie sie neue Dinge probiert, täglich wieder scheitert, alle
Hoffnung verliert und dennoch manchmal auch kleine Fortschritte
schafft.
Mit
ihrem sehr privaten, biographischen Manga „Meine lesbische
Erfahrung mit Einsamkeit“ schafft Kabi Nagata es auf wunderbare
Weise all ihre noch so intimen Probleme vor uns auszubreiten und sich
dabei messerscharf zu reflektieren, ihre psychischen Krankheiten
äußerst ernst zu nehmen und dennoch bestens zu unterhalten. Ich war
von den ersten Seiten an beeindruckt von ihrer Offenheit. Sie macht
sich selbst so verletzbar und präsentiert ihre Schwäche, wirkt
dabei dennoch stark und bestimmt. Erschaffen hat sie dabei eine
einmalige und sehr private Erzählung.
Ihr
Artwork ist dabei sehr schrullig und niedlich und hat genauso wie die
Worte viele Gefühle bei mir erzeugen können. Auf vielen Seiten war
ich den Tränen nahe, da mich vieles an eigene Probleme erinnerte.
Zugleich war die Erzählung meist lustig und lebendig. Das eine
Beeinflusst das andere und so machte mich das Lustige traurig und das
traurige erzeugte ein Lächeln und Hoffnung.
„Meine
lesbische Erfahrung mit Einsamkeit“ ist einfühlsam, introvertiert
und erschreckend offen, rührt dabei Tränen, kann hoffnungslos
erscheinen und neue Hoffnung erblühen lassen. In jedem Fall ist
dieser Manga es wert gelesen zu werden und alle Leser*innen werden
mit anderen Gefühlen zurückgelassen werden. Und selbst wenn der
Manga euch nicht gefallen sollte, lernt ihr doch zumindest etwas über
die Gefühlswelt von Menschen die sich selten derartig öffnen können
oder wollen.
9
von 10 weiße Zimmer