Freitag, 12. April 2019

Meine lesbische Erfahrung mit Einsamkeit (Carlsen Manga)


Meine lesbische Erfahrung mit Einsamkeit (Carlsen Manga)

Kabi Nagata hat vor über 10 Jahren ihren Abschluss an der Oberschule gemacht, kann jedoch immer noch nicht auf eigenen Beinen stehen. Sie ist depressiv und schwankt zwischen Essensverweigerung und Perioden in denen sie pausenlos essen muss. Ihre sozialen Ängste hindern sie daran einen Job länger zu behalten oder es überhaupt zu einem Vorstellungsgespräch zu schaffen. Sie verletzt sich selbst, hat eine kahle Stelle am Hinterkopf vom ständigen Haare ausreißen und ihre Arme sind vernarbt. Weil sie es nicht raus schafft hat sie auch keine Freunde mehr. Ihre sozialen Kontakte bestehen nur noch aus ihrer Familie, die ihre psychischen Probleme nicht verstehen und den Menschen, die sie in ihren Minijobs trifft, wenn sie denn mal eine Arbeit hat. Zudem plagt sie der Wunsch nach körperlicher Nähe, am meisten nach der körperlichen Zuneigung einer anderen Frau, denn auch sexuell ist sie völlig unerfahren und weiß eigentlich gar nicht was sie möchte und ob sie eigentlich wirklich an Sexualität interessiert ist. Ansonsten träumt sie davon eine Mangaka zu sein und so beginnt sie über ihren Alltag und ihre Probleme zu schreiben, darüber wie sie neue Dinge probiert, täglich wieder scheitert, alle Hoffnung verliert und dennoch manchmal auch kleine Fortschritte schafft.

Mit ihrem sehr privaten, biographischen Manga „Meine lesbische Erfahrung mit Einsamkeit“ schafft Kabi Nagata es auf wunderbare Weise all ihre noch so intimen Probleme vor uns auszubreiten und sich dabei messerscharf zu reflektieren, ihre psychischen Krankheiten äußerst ernst zu nehmen und dennoch bestens zu unterhalten. Ich war von den ersten Seiten an beeindruckt von ihrer Offenheit. Sie macht sich selbst so verletzbar und präsentiert ihre Schwäche, wirkt dabei dennoch stark und bestimmt. Erschaffen hat sie dabei eine einmalige und sehr private Erzählung.

Ihr Artwork ist dabei sehr schrullig und niedlich und hat genauso wie die Worte viele Gefühle bei mir erzeugen können. Auf vielen Seiten war ich den Tränen nahe, da mich vieles an eigene Probleme erinnerte. Zugleich war die Erzählung meist lustig und lebendig. Das eine Beeinflusst das andere und so machte mich das Lustige traurig und das traurige erzeugte ein Lächeln und Hoffnung.

Meine lesbische Erfahrung mit Einsamkeit“ ist einfühlsam, introvertiert und erschreckend offen, rührt dabei Tränen, kann hoffnungslos erscheinen und neue Hoffnung erblühen lassen. In jedem Fall ist dieser Manga es wert gelesen zu werden und alle Leser*innen werden mit anderen Gefühlen zurückgelassen werden. Und selbst wenn der Manga euch nicht gefallen sollte, lernt ihr doch zumindest etwas über die Gefühlswelt von Menschen die sich selten derartig öffnen können oder wollen.

9 von 10 weiße Zimmer