Mothra
bedroht die Welt (1961) [Anolis]
Ein
Schiff vor der japanischen Küste verunglückt und nur wenige
Crewmitglieder können überleben. Verwunderlicher ist aber, wie sie
überleben konnten. Sie haben sich nämlich auf Infantisland
gerettet. Diese Insel dient eigentlich der Regierung für Atomtests,
doch keiner der Seemänner leidet unter der Strahlenkrankheit. Wie
sie selbst angeben, rettete sie der mysteriöse Saft einer dort
wachsenden Pflanze, den sie von Eingeborenen bekommen haben. Wegen
der Atomtests sollte es dort jedoch weder Pflanzen noch Menschen
geben. Bei einer Expedition auf das Eiland wird der japanische
Wissenschaftler Dr. Shin'ichi Chûjô (Hiroshi Koizumi) von Clark
Nelson (Jerry Itô) begleitet. Nelson ist ein mysteriöser
Geschäftsmann aus dem mächtigen Land Rolisica und hat scheinbar nur
böses im Sinn. Er entführt zwei magische elfenähnliche Zwillinge,
die von den örtlichen Inselbewohner*innen angebetet werden. Was aber
noch niemand ahnt, ist, dass Nelson damit die göttliche Riesenmotte
Mothra erweckt und leicht erzürnt hat.
Nach
den frühen, sehr ernsten und teils düsteren Kaijū Eiga, wollten
die Toho Studios 1961 ein wenig Farbe und Frohsinn ins Genre bringen.
Nach den grummeligen Monstern wie Godzilla und Rodan sollte der
Monsterreigen nun durch die bunte und fast schon zu süße Motte
Mothra erweitert werden. Science-Fiction Elemente sind weiterhin
vorhanden, genauso wie leicht politische Botschaften. So wird auch
hier auf die Gefahr der atomaren Bewaffnung hingewiesen und genauso
gibt es Kritik an Kapitalismus und Kolonialismus (was Honda jedoch
nicht davon abhielt, noch ein letztes Mal Blackfacing zu nutzen).
Insgesamt spielt die Science-Fiction und die politische Komponente
eine kleinere Rolle als zuvor. Dafür bedient man sich in diesem Fall
mehr an kitschiger Phantastik und Märchenelementen. Waren die
Referenzen zu „King Kong und die weiße Frau“ (1933) in anderen
Kaijū Streifen eher subtil, werden hier sehr viel freier auch
größere Elemente und Motive entnommen. Herausgekommen ist dabei
wohl einer der malerischsten japanische Monsterfilme überhaupt.
Unter
den Darsteller*innen sticht vor allem Jerry Itô (Sternenkrieg im
Weltall, 1978) hervor. Der US-Japaner spielt in „Mothra“ einen
der besten Bösewichte der gesamten Toho Historie. Jede Szene mit ihm
ist äußerst unterhaltsam. Mit dem Komiker und Jazz-Drummer Furankî
Sakai (Todesstrahlen aus dem Weltall, 1961) sorgt einer der
Hauptdarsteller für den komödiantischen Anteil. Auch tritt hier
erstmals Hiroshi Koizumi (Godzilla und die Urweltraupen, 1964) auf.
Koizumi, der hier in einer der Hauptrollen als Dr. Shin'ichi Chûjô
zu sehen war, sollte später noch oft in Godzilla Filmen auftreten
und 2003 in „Godzilla - Tokyo SOS“ sogar seine Rolle als Dr.
Shin'ichi Chûjô wieder aufnehmen. Ebenfalls nicht vergessen werden dürfen die eineiigen Zwillinge Yumi und Emi Itô (nicht verwandt mit
Jerry Itô) als die kleinen Feendamen. Viel bekannter als für ihr
Schauspieltalent sind die Beiden als das Popduo „The Peanuts“.
Auch sie durften ihre Rollen als Mothras Dienerinnen in späteren
Godzilla Filmen wieder aufnehmen. Insgesamt eine verblüffend hohe
Rate von bekannten japanischen Darsteller*innen und auch wenn nicht
alle Humoreinlagen gut gealtert sind, gibt es doch nur wenige
Monsterfilme, die besser gespielt sind als dieser hier.
Genauso
kann kein Fan bei den Effekten aus dem Schwärmen kommen. Der
Gummianzug der Mothra Larve ist gigantisch und bietet Platz für
mehrere Schauspieler*innen, sodass es eine Wonne ist, wenn die dicke
Made sich durch Tokyo robbt. Ein sehr schöner Anblick ist ebenfalls
das Mattepainting von Mothras Verpuppung. Die größten Hingucker sind
aber die verschiedenen Mottenmarionetten, die Tokyo und New Kirk City
zerlegen. Mothra ist einfach ein sehr hübsches Monster. Zudem ist es
spannend mit anzusehen, wie Mothra mit der Kraft des Windes die Stadt
zerstört, dabei gibt es einige deutlich bessere Effekte als noch bei
„Rodan“ (1956) zu sehen.
Mothras
erster Filmauftritt (sie feierte ihre wahre Premiere schon zuvor in
einer Fortsetzungsgeschichte) bleibt bis heute einer der außergewöhnlicheren Monsterfilme. Zu unrecht wird ihr filmisches
Abenteuer oftmals als zu kitschig und albern abgetan. Natürlich hat
der Film seine spleenigen Momente, dafür ist es im Kern ein
wundervoll anzusehendes Science-Fiction Märchen mit einigen sehr
schönen Miniaturschlachtplatten.
Als
Kind konnte ich „Mothra bedroht die Welt“ erstmals bei der
Deutschland Premiere 1994 auf Kabel 1 bewundern. Bis zu diesem
Zeitpunkt war dieser Kaijū Klassiker leider nicht auf deutsch zu
sehen und das, obwohl die Peanuts sogar Auftritte in Deutschland
hatten und hier kleine Erfolge mit ihren Singles „Hey Käp´ten,
fahr´ nach Hawaii“ und „Souvenirs aus Tokio“ feiern konnten.
Die Neunziger TV-Synchro ist zwar mit Sprecher*innen wie Hans
Teucher, Detlef Bierstedt und Daniela Hoffmann durchaus gut besetzt,
kann den Flair des Originals jedoch nur schwerlich einfangen. Zudem
handelte es sich dabei um die zehn Minuten kürzere und somit
inhaltlich stark beschnittene US-Fassung des Films. Seit jeher war
also die japanische Toho DVD die beste Wahl. Mit dem neuen DVD &
Blu-ray Kombopaket von Anolis ist der Film nicht nur in brillianter
Bild und Ton Qualität, sondern auch erstmals ungeschnitten und
deutsch untertitelt zu bekommen. Die US-Fassung ist zudem auch
enthalten, sowohl auf deutsch als auch auf englisch. Als Extras
erwarten euch ganze drei Audiokommentare. Sehr interessant ist der
englische Kommentar von Steve Ryfle und Godziszewski. Die beiden
haben zusammen an der englischen Biographie von Ishirô Honda
gearbeitet. Außerdem wird einigen Riesenmonsterfans Godziszewski
noch durch sein „Japanese Giants“ Fanzine bekannt sein. Die
deutschen Audiokommentare stammen von den Monster Fans Jörg
Buttgereit (Die Monsterinsel, 2002), Bodo Traber & Ingo Strecker
und der letzte von Florian Bahr. Außerdem enthalten sind der
japanische und der US Kinotrailer, die japanische Super-8-Fassung des
Films und eine Bildergalerie. Zu guter Letzt ist noch ein 20-seitiges
Booklet enthalten. Bisher eine der schönsten deutschen
Veröffentlichungen eines Kaijū Klassikers. Deutliche Empfehlung!
Wer noch ein Exemplar ergattern möchte, sollte sich beeilen, es wird
schon schwer, Shops zu finden, die noch welche haben.
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von 10 Schurken, die alten Leuten ihre Gehstöcke klauen