Mittwoch, 17. April 2019

Mothra bedroht die Welt (1961) [Anolis]


Mothra bedroht die Welt (1961) [Anolis]

Ein Schiff vor der japanischen Küste verunglückt und nur wenige Crewmitglieder können überleben. Verwunderlicher ist aber, wie sie überleben konnten. Sie haben sich nämlich auf Infantisland gerettet. Diese Insel dient eigentlich der Regierung für Atomtests, doch keiner der Seemänner leidet unter der Strahlenkrankheit. Wie sie selbst angeben, rettete sie der mysteriöse Saft einer dort wachsenden Pflanze, den sie von Eingeborenen bekommen haben. Wegen der Atomtests sollte es dort jedoch weder Pflanzen noch Menschen geben. Bei einer Expedition auf das Eiland wird der japanische Wissenschaftler Dr. Shin'ichi Chûjô (Hiroshi Koizumi) von Clark Nelson (Jerry Itô) begleitet. Nelson ist ein mysteriöser Geschäftsmann aus dem mächtigen Land Rolisica und hat scheinbar nur böses im Sinn. Er entführt zwei magische elfenähnliche Zwillinge, die von den örtlichen Inselbewohner*innen angebetet werden. Was aber noch niemand ahnt, ist, dass Nelson damit die göttliche Riesenmotte Mothra erweckt und leicht erzürnt hat.

Nach den frühen, sehr ernsten und teils düsteren Kaijū Eiga, wollten die Toho Studios 1961 ein wenig Farbe und Frohsinn ins Genre bringen. Nach den grummeligen Monstern wie Godzilla und Rodan sollte der Monsterreigen nun durch die bunte und fast schon zu süße Motte Mothra erweitert werden. Science-Fiction Elemente sind weiterhin vorhanden, genauso wie leicht politische Botschaften. So wird auch hier auf die Gefahr der atomaren Bewaffnung hingewiesen und genauso gibt es Kritik an Kapitalismus und Kolonialismus (was Honda jedoch nicht davon abhielt, noch ein letztes Mal Blackfacing zu nutzen). Insgesamt spielt die Science-Fiction und die politische Komponente eine kleinere Rolle als zuvor. Dafür bedient man sich in diesem Fall mehr an kitschiger Phantastik und Märchenelementen. Waren die Referenzen zu „King Kong und die weiße Frau“ (1933) in anderen Kaijū Streifen eher subtil, werden hier sehr viel freier auch größere Elemente und Motive entnommen. Herausgekommen ist dabei wohl einer der malerischsten japanische Monsterfilme überhaupt.

Unter den Darsteller*innen sticht vor allem Jerry Itô (Sternenkrieg im Weltall, 1978) hervor. Der US-Japaner spielt in „Mothra“ einen der besten Bösewichte der gesamten Toho Historie. Jede Szene mit ihm ist äußerst unterhaltsam. Mit dem Komiker und Jazz-Drummer Furankî Sakai (Todesstrahlen aus dem Weltall, 1961) sorgt einer der Hauptdarsteller für den komödiantischen Anteil. Auch tritt hier erstmals Hiroshi Koizumi (Godzilla und die Urweltraupen, 1964) auf. Koizumi, der hier in einer der Hauptrollen als Dr. Shin'ichi Chûjô zu sehen war, sollte später noch oft in Godzilla Filmen auftreten und 2003 in „Godzilla - Tokyo SOS“ sogar seine Rolle als Dr. Shin'ichi Chûjô wieder aufnehmen. Ebenfalls nicht vergessen werden dürfen die eineiigen Zwillinge Yumi und Emi Itô (nicht verwandt mit Jerry Itô) als die kleinen Feendamen. Viel bekannter als für ihr Schauspieltalent sind die Beiden als das Popduo „The Peanuts“. Auch sie durften ihre Rollen als Mothras Dienerinnen in späteren Godzilla Filmen wieder aufnehmen. Insgesamt eine verblüffend hohe Rate von bekannten japanischen Darsteller*innen und auch wenn nicht alle Humoreinlagen gut gealtert sind, gibt es doch nur wenige Monsterfilme, die besser gespielt sind als dieser hier.

Genauso kann kein Fan bei den Effekten aus dem Schwärmen kommen. Der Gummianzug der Mothra Larve ist gigantisch und bietet Platz für mehrere Schauspieler*innen, sodass es eine Wonne ist, wenn die dicke Made sich durch Tokyo robbt. Ein sehr schöner Anblick ist ebenfalls das Mattepainting von Mothras Verpuppung. Die größten Hingucker sind aber die verschiedenen Mottenmarionetten, die Tokyo und New Kirk City zerlegen. Mothra ist einfach ein sehr hübsches Monster. Zudem ist es spannend mit anzusehen, wie Mothra mit der Kraft des Windes die Stadt zerstört, dabei gibt es einige deutlich bessere Effekte als noch bei „Rodan“ (1956) zu sehen.

Mothras erster Filmauftritt (sie feierte ihre wahre Premiere schon zuvor in einer Fortsetzungsgeschichte) bleibt bis heute einer der außergewöhnlicheren Monsterfilme. Zu unrecht wird ihr filmisches Abenteuer oftmals als zu kitschig und albern abgetan. Natürlich hat der Film seine spleenigen Momente, dafür ist es im Kern ein wundervoll anzusehendes Science-Fiction Märchen mit einigen sehr schönen Miniaturschlachtplatten.

Als Kind konnte ich „Mothra bedroht die Welt“ erstmals bei der Deutschland Premiere 1994 auf Kabel 1 bewundern. Bis zu diesem Zeitpunkt war dieser Kaijū Klassiker leider nicht auf deutsch zu sehen und das, obwohl die Peanuts sogar Auftritte in Deutschland hatten und hier kleine Erfolge mit ihren Singles „Hey Käp´ten, fahr´ nach Hawaii“ und „Souvenirs aus Tokio“ feiern konnten. Die Neunziger TV-Synchro ist zwar mit Sprecher*innen wie Hans Teucher, Detlef Bierstedt und Daniela Hoffmann durchaus gut besetzt, kann den Flair des Originals jedoch nur schwerlich einfangen. Zudem handelte es sich dabei um die zehn Minuten kürzere und somit inhaltlich stark beschnittene US-Fassung des Films. Seit jeher war also die japanische Toho DVD die beste Wahl. Mit dem neuen DVD & Blu-ray Kombopaket von Anolis ist der Film nicht nur in brillianter Bild und Ton Qualität, sondern auch erstmals ungeschnitten und deutsch untertitelt zu bekommen. Die US-Fassung ist zudem auch enthalten, sowohl auf deutsch als auch auf englisch. Als Extras erwarten euch ganze drei Audiokommentare. Sehr interessant ist der englische Kommentar von Steve Ryfle und Godziszewski. Die beiden haben zusammen an der englischen Biographie von Ishirô Honda gearbeitet. Außerdem wird einigen Riesenmonsterfans Godziszewski noch durch sein „Japanese Giants“ Fanzine bekannt sein. Die deutschen Audiokommentare stammen von den Monster Fans Jörg Buttgereit (Die Monsterinsel, 2002), Bodo Traber & Ingo Strecker und der letzte von Florian Bahr. Außerdem enthalten sind der japanische und der US Kinotrailer, die japanische Super-8-Fassung des Films und eine Bildergalerie. Zu guter Letzt ist noch ein 20-seitiges Booklet enthalten. Bisher eine der schönsten deutschen Veröffentlichungen eines Kaijū Klassikers. Deutliche Empfehlung! Wer noch ein Exemplar ergattern möchte, sollte sich beeilen, es wird schon schwer, Shops zu finden, die noch welche haben.

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