Haruo ist nur eines von vielen Kindern die zur Zeit im Kinderheim der Sternenkinder lebt. Neu dazugekommen ist Sei, der sich sicher ist, seine Eltern holen ihn bald wieder zu sich zurück. Und so wartet er und weil er genauso wie die anderen Kids dringend eine Ablenkung vom Alltag gebrauchen kann zeigen Haruo und die Anderen ihm Sunny, einen alten abgewrackten Nissan der im Vorgarten des Heims steht. In dieses alte Auto ziehen sich die Kinder zurück wenn sie Ruhe brauchen. Die älteren Kinder vor allem für private Gespräche, zum Rauchen oder um sich Pornohefte anzuschauen, die kleinen um sich in Fantasiewelten zu flüchten in denen sie mit dem Auto Abenteuer erleben.
Taiyo Matsumoto versetzt uns sofort mitten ins Geschehen und so beginnt der erste Band seiner Mangareihe „Sunny“ auf eher stressige weise. Als Leser fühlte ich mich unvorbereitet in diese Situation geworfen, somit fällt es sehr leicht mit Sei, dem neuen Jungen des Waisenhauses mitzufühlen. Denn genauso wie er kennen wir die Regeln nicht, sind überfordert von den vielen verschiedenen Namen die wir uns erst im Verlauf der Geschichte merken können und alles ist laut und Chaotisch. Dialoge werden oftmals quer durcheinander erzählt und führen oft zu nichts. Das ist in jedem Fall eine spannende und eher selten anzutreffende Art der Erzählung und so dauerte es auch ein paar Kapitel bis ich Zugang zu „Sunny“ und seinen Charakteren fand.
Die Geschichte entwickelt sich dann auch nur langsam, dafür ziemlich Klischee frei weiter und macht aus all den teilweise noch sehr kleinen Kindern vollwertige Charaktere. Allesamt sind wirklich eigene Persönlichkeiten mit Wünschen, Ängsten und schlechten Gewohnheiten. Es ist spannend und interessant die Figuren besser kennen zu lernen und somit ist es auch nicht schlimm wenn der Plot der einzelnen Figuren erst in späteren Kapiteln in die Gänge kommt. Denn auch so geschieht genug und es kommt keine Langeweile auf. Bin sehr gespannt wie es hier weitergehen wird und ob wir weiterhin nur kleine Alltagseinblicke bekommen werden oder es irgendwann zu einer größeren fortlaufenden Geschichte wird.
Matsumotos Zeichnungen sind ebenso wie sein Storytelling ungewöhnlich. Der westliche Einfluss ist deutlich bemerkbar, genauso wie der Versuch von gebügelter Mangaästethik und vielen Stereotypen des Medium zu entkommen. Meist gelingt dies ihm und macht seine Kunst somit zu etwas einzigartigen. Teilweise etwas sperrig und nicht immer leicht durchgringbar, dafür aber auch sehr intim und Menschen nahe ist das Artwork. Emotionale Spitzen werden nicht sonderlich speziell inszeniert und können somit ihre volle Wirkung entfalten ohne dass uns gesagt werden muss was wir dazu zu fühlen haben.
„Sunny“ ist einfühlsam erzählt, voll mit Zeichnungen die gekonnt Emotionen transportieren und lässt uns auf eine teilweise traurige Reise mit vielen interessanten und vielschichtigen Charakteren gehen. Bewegend und schön!
Der Band von Carlsen kommt mit einem informativen Nachwort von Christian Gasser.
8,5 von 10 Kleeblätter
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