Black Hammer #1 –
Vergessene Helden (Splitter)
Einst waren sie die
gefeierten Superhelden von Spiral City! Heute sind Golden Gail,
Barbalien, Abraham Slam, Madame Dragonfly, Col. Weird, Talky-Walky
und Black Hammer schon fast vergessen. Knapp zehn Jahre ist es her,
dass sie Spiral City in einer fatalen Schlacht gegen den Anti-Gott
vor dem Untergang bewahrten. Die Menschen glaubten sie wären dabei
gestorben. In Wahrheit haben alle bis auf Black Hammer überlebt,
wurden bei der Schlacht jedoch durch ein Dimensionsportal an einen
unbekannten Ort gebracht. Dort leben sie seitdem als exzentrische
Familie auf einer mysteriösen Farm, von der sie sich nur in einem
bestimmten Radius entfernen dürfen, bevor sie von einer unbekannten
Macht aufgehalten werden. Zeitgleich gehört Lucy Weber zu den
letzten Menschen von Spiral City die sich noch daran erinnern, dass
es diese Helden wirklich gab, schließlich ist sie auch auf der Suche
nach Black Hammer, ihrem verschollenen Vater.
Auf Jeff Lemire ist
eigentlich immer verlass. Vor allem seine Arbeiten für Vertigo und
darunter im speziellen „Sweet Tooth“ kann ich allen ohne Zweifel
empfehlen. Mit „Black Hammer“ widmet er sich wieder einem
klassischen Superheld*innen Thema, dabei bezieht er sich auf vieles
Altes und referenziert so manches – Angefangen bei den Comics aus
der Golden Age, über Pulp Geschichten bis hin zu 50er Jahre
Science-Fiction und EC Horror. Ähnlich wie bei Moores „Watchmen“
oder „The League of Extraordinary Gentlemen“ ist es nicht
notwendig alle Referenzen zu verstehen, ohne Vorkenntnisse geht den
Lesenden jedoch eine Metaebene verloren.
Zum Glück aber ist „Black
Hammer“ weit mehr als nur die Summe der Anspielungen auf andere
Werke. Lemire erzählt eine Geschichte über Held*innen, deren
Fähigkeiten nicht gebraucht werden und die ihnen in ihrem ländlichen
Alltag nicht unbedingt helfen können. Für Manche ist das normale
Leben eine Errettung davor als alternder Held nicht mehr relevant
sein zu können für Andere ist die Farmidylle wie ein Gefängnis. In
späteren Episoden wird dabei schnell deutlich, dass alle Charaktere
nicht nur räumlich gefangen sind, sondern auch sozial und
gesellschaftlich nicht das Leben führen können, dass sie sich
wünschen. Dabei werden durchaus auch realpolitische Themen
angesprochen, jedoch ohne sie wortwörtlich zu thematisieren oder
dabei in irgendeiner Form zu moralisieren. Lemire schreibt hier eine
fantastisch liebevoll konstruierte Geschichte, die auf vielen Ebenen
verstanden und bedacht werden kann, sie kann aber ebenso auch als
einfacher Eskapismus konsumiert werden ohne dabei etwas von ihrem
Zauber zu verlieren.
Die Charaktere und sogar die
Nebenfiguren sind allesamt spannend, wenn auch nicht immer
sympathisch und auch wenn es in den hier enthaltenen ersten sechs
Heften der Serie Action nur in Flashbacks gibt, ist kein Panel
langweilig oder verschenkt. Dafür verantwortlich ist Dean Ormston,
der schon seit den Neunzigern durch seine Arbeit an „Judge Dredd“
und „Sandman“ immer wieder positiv in Erscheinung tritt. Auch
beweist er sein können auf jeder Seite und schafft es problemlos
einen modernen mysteriösen Stil mit der Ästhetik klassischer
Science-Fiction, der Golden Age und des unheimlichen Schauers von EC
Horror zu verbinden. Eine große Rolle spielen dabei auch die Farben
von Dave Stewart, der unter anderem auch die Kolorierung bei einigen
„B.P.R.D.“ und „Hellboy“ Comics, sowie bei „The Goon“
übernommen hat und dafür in den letzten Jahren auch einige Eisner
Awards abräumen konnte (genauso wie die Serie „Black Hammer“ die
letztes Jahr als beste neue Serie ausgezeichnet wurde). Stewarts
warme und gleichzeitig immer etwas melancholischen Farben
unterstreichen die Emotionen der Geschichte perfekt und runden die
Sache toll ab.
„Black Hammer“ ist eine
Empfehlung für euch wenn ihr gerne Comics lest die sich auf einer
Metaebene mit der Geschichte des Mediums befassen. „Black Hammer“
ist aber auch eine Serie die die menschliche Seite des
Superheld*innen Mythos in den Mittelpunkt stellt. Der Comic ist
emotional, einfühlsam erzählt und hält mit seinem Mystery Plot die
Spannung stets auf hohem Niveau. Ich fühlte mich durchgehend
bestens unterhalten.
Der Splitter Hardcoverband kommt im US-Format und enthält die ersten sechs Hefte des Comics. Dazu kommen noch einige Bonus Seiten. Darunter ein mehrseitiges Nachwort von Lemire, viele Skizzen und Konzeptzeichnungen, Charakterprofile aller Figuren, sowie Variant Cove.
8,9 von 10 ungewollte
Liebesgeständnisse