Montag, 16. April 2018

Black Hammer #1 – Vergessene Helden (Splitter)


Black Hammer #1 – Vergessene Helden (Splitter)

Einst waren sie die gefeierten Superhelden von Spiral City! Heute sind Golden Gail, Barbalien, Abraham Slam, Madame Dragonfly, Col. Weird, Talky-Walky und Black Hammer schon fast vergessen. Knapp zehn Jahre ist es her, dass sie Spiral City in einer fatalen Schlacht gegen den Anti-Gott vor dem Untergang bewahrten. Die Menschen glaubten sie wären dabei gestorben. In Wahrheit haben alle bis auf Black Hammer überlebt, wurden bei der Schlacht jedoch durch ein Dimensionsportal an einen unbekannten Ort gebracht. Dort leben sie seitdem als exzentrische Familie auf einer mysteriösen Farm, von der sie sich nur in einem bestimmten Radius entfernen dürfen, bevor sie von einer unbekannten Macht aufgehalten werden. Zeitgleich gehört Lucy Weber zu den letzten Menschen von Spiral City die sich noch daran erinnern, dass es diese Helden wirklich gab, schließlich ist sie auch auf der Suche nach Black Hammer, ihrem verschollenen Vater.

Auf Jeff Lemire ist eigentlich immer verlass. Vor allem seine Arbeiten für Vertigo und darunter im speziellen „Sweet Tooth“ kann ich allen ohne Zweifel empfehlen. Mit „Black Hammer“ widmet er sich wieder einem klassischen Superheld*innen Thema, dabei bezieht er sich auf vieles Altes und referenziert so manches – Angefangen bei den Comics aus der Golden Age, über Pulp Geschichten bis hin zu 50er Jahre Science-Fiction und EC Horror. Ähnlich wie bei Moores „Watchmen“ oder „The League of Extraordinary Gentlemen“ ist es nicht notwendig alle Referenzen zu verstehen, ohne Vorkenntnisse geht den Lesenden jedoch eine Metaebene verloren.

Zum Glück aber ist „Black Hammer“ weit mehr als nur die Summe der Anspielungen auf andere Werke. Lemire erzählt eine Geschichte über Held*innen, deren Fähigkeiten nicht gebraucht werden und die ihnen in ihrem ländlichen Alltag nicht unbedingt helfen können. Für Manche ist das normale Leben eine Errettung davor als alternder Held nicht mehr relevant sein zu können für Andere ist die Farmidylle wie ein Gefängnis. In späteren Episoden wird dabei schnell deutlich, dass alle Charaktere nicht nur räumlich gefangen sind, sondern auch sozial und gesellschaftlich nicht das Leben führen können, dass sie sich wünschen. Dabei werden durchaus auch realpolitische Themen angesprochen, jedoch ohne sie wortwörtlich zu thematisieren oder dabei in irgendeiner Form zu moralisieren. Lemire schreibt hier eine fantastisch liebevoll konstruierte Geschichte, die auf vielen Ebenen verstanden und bedacht werden kann, sie kann aber ebenso auch als einfacher Eskapismus konsumiert werden ohne dabei etwas von ihrem Zauber zu verlieren.

Die Charaktere und sogar die Nebenfiguren sind allesamt spannend, wenn auch nicht immer sympathisch und auch wenn es in den hier enthaltenen ersten sechs Heften der Serie Action nur in Flashbacks gibt, ist kein Panel langweilig oder verschenkt. Dafür verantwortlich ist Dean Ormston, der schon seit den Neunzigern durch seine Arbeit an „Judge Dredd“ und „Sandman“ immer wieder positiv in Erscheinung tritt. Auch beweist er sein können auf jeder Seite und schafft es problemlos einen modernen mysteriösen Stil mit der Ästhetik klassischer Science-Fiction, der Golden Age und des unheimlichen Schauers von EC Horror zu verbinden. Eine große Rolle spielen dabei auch die Farben von Dave Stewart, der unter anderem auch die Kolorierung bei einigen „B.P.R.D.“ und „Hellboy“ Comics, sowie bei „The Goon“ übernommen hat und dafür in den letzten Jahren auch einige Eisner Awards abräumen konnte (genauso wie die Serie „Black Hammer“ die letztes Jahr als beste neue Serie ausgezeichnet wurde). Stewarts warme und gleichzeitig immer etwas melancholischen Farben unterstreichen die Emotionen der Geschichte perfekt und runden die Sache toll ab.

„Black Hammer“ ist eine Empfehlung für euch wenn ihr gerne Comics lest die sich auf einer Metaebene mit der Geschichte des Mediums befassen. „Black Hammer“ ist aber auch eine Serie die die menschliche Seite des Superheld*innen Mythos in den Mittelpunkt stellt. Der Comic ist emotional, einfühlsam erzählt und hält mit seinem Mystery Plot die Spannung stets auf hohem Niveau. Ich fühlte mich durchgehend bestens unterhalten.

Der Splitter Hardcoverband kommt im US-Format und enthält die ersten sechs Hefte des Comics. Dazu kommen noch einige Bonus Seiten. Darunter ein mehrseitiges Nachwort von Lemire, viele Skizzen und Konzeptzeichnungen, Charakterprofile aller Figuren, sowie Variant Cove.

8,9 von 10 ungewollte Liebesgeständnisse