Yakuza 6: The Song of Life
(Koch Media) [PS4]
Nach den Ereignissen von
„Yakuza 5“ stellt Kazuma Kiryu sich freiwillig der Polizei.
Obwohl ein guter Anwalt ihn aus der Geschichte herausbekommen könnte, nimmt er die dreijährige Gefängnisstrafe an. So hofft er, seine
kriminelle Vergangenheit und die Yakuza endgültig hinter sich zu
lassen. Denn nur so können seine Kinder des Morning Glory
Waisenhauses in eine unbeschwerte Zukunft schauen. Während seiner
Abwesenheit soll sich eigentlich seine Ziehtochter Haruka Sawamura,
die gerade erst ihre Karriere als Idol beendet hat, um die Kinder
kümmern. Als sie jedoch bemerkt, dass ihre Berühmtheit die
Öffentlichkeit darauf aufmerksam gemacht hat, dass das Waisenhaus
ehemalige Verbindungen zu den Yakuza hat, verlässt sie die Kids. Als
Kiryu dann endlich freikommt macht er sich natürlich auf die Suche
nach Haruka und wird auch tatsächlich in Kamurucho fündig.
Allerdings nur weil Haruka überfahren wurde und nun im Koma liegt. Nichts lässt darauf schließen wer oder warum die unbekannte Person versucht hat
sie zu töten. Nur ein Baby und ein Foto das Haruka in dem
Fischerdorf Onomichi Jingaicho aufgenommen hat, geben Hinweise darauf was die letzten Jahre geschehen ist.
2006 erschien Yakuza in
Europa für die PS2. Für mich eine lange herbeigesehnte
Angelegenheit. Schließlich fieberte ich zu diesem Zeitpunkt nach
irgendwas, was meinen Abenteuern in Shenmue auf der Dreamcast
nahekommen könnten. Was damals noch als Notnagel erschien um die
Lücke eines anderen Franchises zu füllen ist mittlerweile ein
wichtiger Teil von mir geworden. Egal wie cheesy das jetzt klingt.
Nach 16 Jahren und sechs Teilen der Hauptreihe und einigen
Spin-Offs sind mir Charaktere wie Kiryu, Haruka, Date und natürlich
Majima sehr ans Herz gewachsen. Wie sehr viel mir erst auf, als ich
merkte dass ich in den letzten Kapiteln von „The Song of Life“
angekommen war.
Dieser Teil soll der letzte
Teil mit Kiryu in der Hauptrolle sein und daher wird mit diesem Spiel
noch einmal alles zelebriert, was für die Reihe wichtig war.
Plötzlich merke ich, wie ich mich doch wieder mehr auf die Substories
und Minispiele konzentriere. Merke, wie ich mich davor drücke, den
letzten Bosskampf zu starten. Da ist plötzlich die Angst, dass
es bald zu Ende ist. Nie hätte ich gedacht, dass eine Reihe, die sich
so sehr auf einen extrem albernen Humor verlässt, mich emotional so
erwischen könnte. Der Grund dafür sind ganz klar die tollen,
überlebensgroßen Charaktere. Nie hat Kiryu sich davon abhalten
lassen, einen Hund zu füttern oder einer Domina zu helfen, die
Probleme mit einem Kunden hatte. Da musste sein Geschäft mit dem
Schutzgeld mal etwas warten. Selten war eine Spielfigur menschlicher
als der Drache vom Tojo-Clan.
Um seine Geschichte zu einem
zufriedenstellenden Ende zu bringen, hat SEGA das Gameplay mächtig
ausgemistet und einiges vereinfacht. Das Kampfsystem hat viele
Funktionen verloren, Erfahrungspunkte können leichter und mit
wirklichen allem, vom Dart spielen, über essen bis hin zu
Nebenmissionen erspielt werden. Auch gibt es weniger Nebenmissionen,
die leichter zu entdecken sind, die dafür aber bessere Storys
erzählen und sich nicht so oft wiederholen. Kampf und Stadterkundung
gehen dank der neuen Dragon Engine nahtlos ineinander über und
generell wirkt alles durchdachter und vor allem für neue
Spieler*innen nicht mehr so abschreckend überladen. Insgesamt alles
einfacher, weniger, dafür aber quantitativ besser.
Spannend, wie somit Kiryus
letztes Abenteuer für viele das erste sein wird und auch daran haben
die Entwickler*innen gedacht. So einfach wie dieses Mal war es
nämlich noch nie in die Story einzusteigen. Das Spiel bietet euch
nicht nur Zusammenfassungen aller vorherigen Teile, sondern führt
die wichtigen Figuren so ein, dass die Geschehnisse leicht
verständlich sind. Außerdem wurde auch hier viel Ballast abgeworfen
und Charaktere aus der Story geschrieben, die nicht viel zum Ganzen
beitragen könnten. Trotzdem halten aber vor allem die Substories
viele bekannte Gesichter bereit und bieten euch teilweise sehr gut
versteckte Anspielungen auf Vergangenes.
Es wurde aber nicht nur
Content gestrichen, sondern es gibt auch eine gern gesehene Neuerung.
Mit dem kleinen Ort Onomichi Jingaicho in der Präfektur Hiroshima,
übrigens dem Geburtsort des Mangaka Kaiji Kawaguchi, bekommt ihr
einen neuen Ort mit neuen Minispielen, wie zum Beispiel Speerfischen,
neue Restaurants und generell ein neues Setting, dass im Vergleich
zum tokyoter Rotlichtbezirks eine spannende Ergänzung darstellt. In
Onomichi kommt dann wieder ein altes Yakuza Gefühl auf. Spielerisch
entdecken wir eine neue Stadt und die eigentliche Mission gerät in
den Hintergrund. Auch gerade dieser touristische Aspekt der
Spielereihe verdient etwas Aufmerksamkeit, es bringt nämlich
verdammt viel Spaß, die liebe voll detaillierten Orte zu erkunden.
Vor allem wenn man sich danach die realen Vorlagen davon anschaut und
viele Gebäude und Orte wiedererkennen kann.
Neu ist auch der Clan Battle Modus, der es euch erlaubt, einen eigenen Clan aufzubauen. Dazu muss Kiryu Gangster rekrutieren und ausbilden, die dann in einem simplen, aber spaßigen Strategiespiel feindliche Clans attackieren. Dabei ist es auch möglich, dass ihr mit eurem Clan online gegen andere Spieler*innen antretet.
Yakuza 6 ist leicht
zugänglich, hält aber auch für langjährige Fans tolle Momente
bereit. Es ist mit Sicherheit der am meisten erzählerisch
fokussierte Teil der Reihe. Trotzdem fehlt es nicht an den beliebten
absurd humoristischen Momenten. Grafisch ist das Spiel dank der neuen
Dragon Engine noch mal sehr viel attraktiver geworden, auch wenn
dafür der Umfang etwas geschrumpft ist. Beim Spielen stellt sich
dabei aber heraus, dass es eine gute Entscheidung war, da das Spiel
somit auch einige ihrer Längen verloren hat und insgesamt straffer
unterhalten kann. Auf viele Nebenmissionen, Minigames und sogar
komplette SEGA Klassiker wie Puyo Puyo, Fantasy Zone, Virtua Fighter
5, Super Hang-On und Space Harrier muss trotzdem niemand verzichten.
Insgesamt kann Yakuza 6 somit mindestens 30 Stunden unterhalten. Wer
wirklich jedes Detail sehen möchte ist ja nach Spieltempo wohl
zwischen 50 und 70 Stunden beschäftigt.
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