Comics Deluxe! - Das Comic Magazin Strapazin (Christoph Merian Verlag)
1984 erschien die erste Ausgabe von Strapazin. Der Name setzt sich zusammen aus den Wörtern Magazin, Fanzine, Strapaze und Aspirin, was den Inhalt eigentlich ganz gut zusammenfasst. Geboten werden von Beginn an bis heute kurze Comicstorys abseits der Norm. Mal trashig komisch, mal künstlerisch verschwurbelt, dadaistisch, anspruchsvoll, brutal, leise, laut oder eben einfach nur ganz anders als der Rest. Als unabhängiges Fanzine ging es nie darum Hefte an den Mann und die Frau und wen auch immer zu bringen, sondern darum jungen mutigen Künstlern mit frischen Ideen eine Chance zu geben. Mit dem für ein Fanzine schon unglaubliche Alter von 28 Jahren, kommt nun der “Comics Deluxe!” Band vom Christoph Merian Verlag heraus. Darin befinden sich neben einigen ausgewählten Comics quer aus der Zine Historie, noch eine umfangreiche Zusammenfassung der Entstehungsgeschichte und den wichtigsten Etappen des Strapazins, sowie Interviews mit den Machern.
Bei 28 Jahren gibt es einiges zu erzählen. Daher fängt dieser Band auch an mit einigen wichtigen Grundlagen Infos. Auf den ersten 15 Seiten im Überformat erfahren wir auf sehr gebündelte Art und Weise die wichtigsten Infos über die Anfangstage des Strapazins und die späteren Entwicklungen. Auch die Fanzine Kultur im allgemeinen wird angerissen. Kurzzeitig geht es auch um den amerikanischen Bereich und Zines wie Raw und danach wird der in Europa herrschenden Verbindung zwischen Underground Comickultur und der damals aufblühenden D.I.Y. Punk Szene, die damals nur schwer voneinander zu trennen waren. Nach der Schule kommt der Spaß und wenn ihr alles nötige gelernt habt, dürft ihr euch ins Comicgetümmel werfen. Die Hintergrundinformationen fand ich persönlich höchst interessant, gerade der kulturelle Hintergrund der Entstehung ist interessant und sehr sympathisch. Vielleicht hätte ich es aber ein wenig angenehmer gefunden, wenn man die einzelnen Punkte etwas aufgeteilt, also nicht die ganze Geschichte gleich zu Beginn, sondern nach und nach zwischen den einzelnen Comics.
Den Hauptteil bilden dann die insgesamt 16 Comickurzgeschichten mit jeweils einer länge von 4-12 Seiten. Diese wiederum sind in die drei Kategorien “Die aufregenden Abenteuer von Strapazin”, “Die seltsamen Abenteuer von Strapazin” und “Die verblüffenden Abenteuer von Strapazin” untereilt. Vor allem bei den aufregenden Abenteuern sind ein paar recht schwerverdauliche Comics dabei, die sowohl vom Inhalt her nicht leicht zu knacken sind, sondern auch optisch oftmals eine Herausforderung sind. Dabei werden auch immer mal wieder schwere Themen wie der Umgang mit Tod, Gewalt und unserer trostlosen Welt angesprochen. Probleme beim akzeptieren der Adoleszenz werden ebenfalls angesprochen. Genauso ist auch bei den eher heiteren Geschichten, wie zum Beispiel bei “Im Museum” von Sascha Hommer und Jan-Frederik Bandel Sozialkritik sowie der Geist der Gegenkultur zu verspüren. Sowie stilistisch, als auch von den ausgelösten Emotionen ist hier alles dabei. Nicht jeder wird alle Geschichten toll finden, aber irgendeinen ganz bestimmten Reiz wird jede Story bieten können.
Beendet wird dieser tolle Überblick über dieses besondere Fanzine mit einem Interview mit den Herausgebern und Kurzbiographien mit den Künstlern und Autoren der abgedruckten Comics. Wer sich also mal etwas tiefgehender mit der Schweizer Comickultur und einer der wichtigsten Wurzeln der deutschsprachigen Untergrundcomix befassen möchte bekommt hier einen sehr kompakten Überblick geboten.
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