Evil (2007) [FilmConfect]
Schon über 50 Jahre ist David (William Atherton) mittlerweile alt und immer noch plagt ihn was er 1958 erlebt hat. Damals lebte der 12-jährige Junge (Daniel Manche) zusammen mit seinen Eltern in einem beschaulichen kleinen Ort in Amerika. Die Nachbarin Ruth (Blanche Baker), eine dreifache Mutter, hat gerade die beiden Töchter ihrer Schwester bei sich aufgenommen, die mit ihrem Mann bei einem Autounfall ums Leben gekommen ist. David freundet sich mit der älteren der beiden, der 16-jährigen Meg (Blythe Auffarth) an und verliebt sich sogar ein wenig in sie. Ruth hingegen scheint ihre Pflegetöchter wahrlich zu hassen. Jeden kleinen Anlass nimmt sie als Chance war die beiden Mädchen, aber vor allem Meg, zu bestrafen und zu züchtigen. Auch David bekommt davon blad etwas mit, kann aber nichts tun um ihr zu helfen. Die schrecklichen Folterungen gehen letztlich sogar soweit das Meg auch von den Nachbarskindern gequält wird. David muss sie irgendwie aus dem Martyrium befreien, aber was kann er schon tun…
Evil oder besser gesagt "The Girl Next Door" basiert auf dem gleichnamigen Roman von Jack Ketchum (The Woman). Der Roman wiederum basiert auf den Taten von Gertrude Baniszewski, die 1965 zwei Mädchen quälte und tötete die damals in ihrer Obhut waren. Ähnlich wie im Film quälte sie die Kinder nicht alleine, sondern mit ihren Söhnen und Töchtern und mit dem Partner einer der Töchter. Eigentlich erwartet man bei einem harten Horrorfilm und dieser hier hat schon einen recht beachtlichen Ruf, das die wahren Begebenheiten maßlos übertrieben werden um einen richtigen Schocker daraus zu machen. Bei diesem Film ist es da etwas anders. Zwar ist es keinesfalls einfach diesen Film zu ertragen, oftmals ist er einfach unerträglich fies und wahnsinnig hart zu schauen, aber im Vergleich zu den wirklichen Taten ist das hier gezeigte doch noch recht harmlos. Der größte Unterschied zu den wahren Begebenheiten ist hier das es im Film wenigsten etwas Hoffnung gibt. Lichtblick hier ist die kleine und wahnsinnig schön, wie rührend erzählte Jugendliebe zwischen Meg und David, beide toll gespielt von Blythe Auffarth und Daniel Manche. Diese junge Liebe trägt viel zu der verzweifelten Situation bei, gerade durch die kleinen schönen Momente zwischen den beiden erscheint der Rest noch viel tragischer.
Andererseits fragt man sich warum David keine Hilfe ruft. Okay, er hat scheinbar und auch zu recht Angst vor Ruth und sein Vater hat ihm auch gesagt er solle sich nicht in fremde Gelegenheiten einmischen. Außerdem sollte man bedenken das die Handlung in den Fünfzigern spielt. Trotzdem ist es merkwürdig das David nicht mal versucht Hilfe zu holen. Ein anderer Punkt der mich gestört hat, war wie die Kinder von Ruth sich scheinbar ganz plötzlich zu vergewaltigenden Monstern wandeln. Wenn man möchte kann man zwar schon vorher das Potential erkennen, letztlich versäumt Gregory Wilson es bei seiner Adaption aber die Hintergründe besser auszuleuchten. Vage erkennt man alle Motivationen der beteiligten irgendwie, allerdings fehlt oftmals ein wenig um die Charaktere wirklich glaubhaft wirken zu lassen. Mein letzter Kritikpunkt ist das der Film oftmals recht günstig aussieht und Abseits der schrecklichen Szenen die Atmosphäre eines Familienfilms verströmt der normalerweise Sonntags im Fernsehen laufen würde.
Schauspielerisch ist besonders Blanche Baker zu erwähnen, die als schreckliche Dame eine wirklich gute Figur macht. William Atherton ist ebenfalls richtig gut, ist aber nur sehr kurz zu sehen. Am schwächsten sind die Kinderdarsteller, wobei man auch sagen muss das sie nicht wirklich schlecht sind und sie zudem wirklich schwere Szenen zu bewältigen hatten. Bei den Kindern fällt mal wieder Ketchums Vorliebe für bestimmte Tabus auf. Einmal mehr lässt er Kinder und Jugendliche schlimme Dinge tun und zeigt sie auch bei sexuellmotivierten Gewalttaten. Ein Motiv das nicht nur hier, sondern auch bei "The Woman", genauso wie in "Beutegier vorkommt. Man muss ihm aber zugute halten das er damit niemals versucht auf plumpe Weise Kontroversen zu erzeugen oder es in Form eines Exploitation Films auszuschlachten.
Evil ist ein wuchtiges und in vielen Momenten nur schwer zu ertragener Schocker, der die Gewalt nicht als billiges Stilmittel nutzt, sondern um eine bedrückende Atmosphäre zu erschaffen und den Zuschauer tief in der Psyche zu packen. Bei mir hat es geklappt, auch wenn ich die Mängel des Films recht offensichtlich wahrgenommen habe. Wer eine Verfilmung von Gertrude Baniszewskis Taten sehen möchte, die sich näher an die wahren Begebenheiten hält schaut sich nach “An American Crime” mit Ellen Page aus dem selben Jahr um.
Die DVD von FilmConfect ist technisch klasse, lässt allerdings jegliche Extras vermissen. Dabei gibt es zu dem Film ein gutes halbstündiges Making Of und auch einen ansprechenden Audikommentar. Beides leider nicht hier zu finden. Nicht mal ein Wendecover ist vorhanden. Schade, der Film hätte etwas mehr verdient.
7 von 10 Biere