Little Big Planet Karting (PS3)
Sackboy is back, man!
Nach den großen Erfolgen von Little Big Planet 2 und Little Big Planet
Vita bastelte das Spielestudio Media Molecule an einem weiteren Teil der Serie.
Doch dieses Mal wollten sie eine andere Richtung einschlagen und haben sich mit
LBP Karting auf die Spuren von Fun Racer wie Mario Kart oder Sonic & SEGA
All-Stars Racing begeben. Ob die Mischung aus kreativem Gestaltungdrang und
hitzigen Rennen funktioniert, erfahrt ihr wie immer nach dem Break.
Die Horter sind los. Mit ihren turboschnellen Karts haben
sie eine Invasion der Welt von Little Big Planet gestartet. Ihr Ziel: Die
Kreativität stoppen, indem jeder Baustein der Welt gestohlen wird. Um die
Horter aufzuhalten, die auf ihren schnellen, heißen Öfen unterwegs sind,
braucht Sackboy selbst ein solches Vehikel. Glücklicherweise fährt sich einer
der Rowdies zu Tode und wir können uns sein Gefährt aneignen (den Besitzer stört
es ja nicht mehr).
Nach dem im Stile des neuen "Emotional Marketing" gestalteten
Intro, befindet man sich, wie bereits in den anderen LBP Teilen, in der
sogenannten Zentrale. Von hier hat der Spieler die absolute Kontrolle über das
Ganze klein-große Universum. Alle Menüs und Optionen, von denen es in LBP
Karting eine ganze Menge gibt, sind bildhaft im typischen Look der Serie
gestaltet. Erfahrene Spieler, die eine intuitive Menüführung gewöhnt sind,
werden hier zunächst leichte Probleme haben, da viele der Auswahlpunkte nicht
selbsterklärend sind oder schlicht in ungewohnten Reihenfolgen auftauchen. Ein
unbedarfter Gelegenheitsspieler wird sich hier mutmaßlich leichter zurechtfinden
können, da er/sie nicht die typische Menüstruktur erwartet. Um die Gehirnwindungen
beider Parteien etwas zu entwirren, gibt es ein recht liebevoll gestaltetes
Tutorialsystem, das einem in Form des omnipräsenten Erzählers alle Details rund
um Little Big Planet auf etwas humoristische Art näher bringt. Diese nette Idee
kommt jedoch nicht ohne den Beigeschmack aus, dass man sich etwas zu sehr
bevormundet fühlt, und den Spaß am Selbstentdecken der reichhaltigen Funktionen
verliert.
Eine Welt der Dinge
Der Storymodus ist der Kern des Spieles, hier gibt es ein
ganzes Universum zu erkunden. Zunächst startet man auf dem namensgebenden
Planeten „Little Big“ und arbeitet sich Schritt für Schritt in neue Welten vor.
Jeder Planet hat hierbei sein eigenes
Setting und sogar eine spezielle Geschichte. Ja, richtig gelesen. In LBP
Karting hat jede Welt, vergleichbar mit einem Grand Prix in Spielen ähnlicher
Art, seine ganz eigene Geschichte, die vor Beginn eines Parcours in kleinen
Sequenzen erzählt wird. Reichlich ungewöhnlich scheint diese Idee zu sein, fügt
sich aber ins Gesamtkonzept des Spieles gut ein (und lässt sich auf Wunsch auch
überspringen).
Auf jeder einzelnen Welt gibt es eine unterschiedliche Anzahl
von Levels und Strecken. Neben den Hauptstrecken, die der Storyline folgen, besitzt
jede Rennstrecke noch jeweils einen Mehrspieler- und einen Minispielkurs. Bei
den Multiplayerlevels handelt es sich meist um die Strecke aus der Storyline,
nur dass diese hier mit ein bis vier Spielern im Splitscreen oder gegen
Mitspieler aus der ganzen Welt im Onlinemodus bestritten werden können. Bei
unseren Tests des Multiplayermodus führte die nicht ganz klare Aufteilung
zwischen Mehrspieler-, Coop- und Einzelspielerstrecke auch bei meinen
Mitstreitern El Tofu und Icke zu einigen Fragezeichen. Zur Verwirrung trug
außerdem bei, dass sich die Storyline im Coop-Modus spielen lässt, dieser aber
wiederum auf zwei Spieler begrenzt ist anstatt wie in den dazugehörigen Mehrspielerkarten auf bis zu vier Spieler. Es
ist also notwendig, die Strecken zunächst frei zu spielen, um sie anschließend
auch mit mehreren Freunden gemeinsam fahren zu können. Etwas das uns dabei aber
auch vollkommen fehlte, war die Möglichkeit mehrere Strecken hintereinander
fahren zu können, ohne dabei immer wieder auf die Weltkarte zurück gehen zu
müssen. Das bremst nicht nur das gesamte Spieltempo sondern minder dazu noch
den Spielspaß.
Die angeschlossenen Minispiellevel, die für zusätzliche
Herausforderungen im Einzelspieler sorgen sollen, enthalten eine bunte Mischung
an fahrerischen Herausforderungen und verbinden diese anfangs gut mit Übungen
zum Gameplay. Driften, schießen, sammeln - die vielen Varianten bringen oft
Spaß und laden neben den normalen Rennen zum verbessern der Highscores ein. Ein
besonderer Anreiz für die sammelfreudige Little Big Planet Gemeinde: Jedes
Minispiel kommt mit einer bestimmten Vorgabe daher. Wird diese erfüllt oder
übertroffen, gibt es weitere Gegenstände zum verschönern der Welt.
Waffen im beschaulichen Vorgarten
LBP Karting ist selbstverständlich keine Rennsimulation,
sondern ein klassischer Fun Racer mit allem was dazu gehört. Bei dieser Art von
Spiel kommt es meist auf die gute Mischung zwischen fahrerischem Geschick und
dem Einsatz lustiger Gadgets an. Ein Kernbereich, der in diesem Spiel leider
etwas zu schwach rüberkommt. Die Auswahl an einsetzbaren Items ist mit fünf Raketentypen,
zwei Rammen und einer Warp „Vorspuhl“-Funktion von der reinen Menge her okay,
was die Kreativität angeht jedoch sehr mau. Grade bei einem Spiel, das sich
schon in den ersten paar Minuten für seinen Ideenreichtum preist, kann man
besonders im Bereich der Itemgestaltung etwas mehr erwarten, als die bereits
aus zig vergleichbaren Titeln bekannten „Waffensysteme“. Bei einem kurzen
Brainstorming der Redaktion sind selbst uns spontan eine Menge witziger und
deutlich besser in das Universum passender Gadgets eingefallen. Einzig die
Warpfunktion zeigt mit ihrem fourth wall
break, nämlich dem Vorspulen des Spieles, was alles an coolen Dingen möglich
gewesen wäre. Langweilig oder nicht, die Waffensysteme haben noch einen
weiteren auffälligen Nachteil. Sie wirken sich in den meisten Fällen zu stark
und gravierend auf den Spielfluss und die Platzierungen aus. Selbstverständlich
möchte man den Vordermann gern mit einer Rakete aus der Bahn werfen, doch wenn
ein einziger Treffen im Schwierigkeitsgrad „Normal“ bedeutet, dass der Spieler
dadurch auf den letzten Platz zurückfällt und selbst mit fahrerischem Geschick
nicht mehr viel machen kann, zeigt sich die mäßige Balance des Spieles.
Ein Universum der Ideen
Das Sammeln und der Spaß am Gestalten, sind seit den ersten
Tagen der Serie ein essenzieller Bestandteil und der Kern von Little Big
Planet. Auch der Karting Ableger macht hier keine Ausnahme, es darf gesammelt
und gebastelt werden, bis der Akku rot blinkt. Auf jeder Rennstrecke gibt es
neben Punkteblasen (kleine Kugeln, die es auch im Jump’n’Run Teil gab), die
sogenannte Preisblasen. Diese auf dem ganzen Kurs versteckten Objekte
repräsentieren jeweils einen von den Hortern gestohlenen Gegenstand. Der
Kreativität waren hier keine Grenzen gesetzt, von einfachen Stickern über
Outfits für eure Sackboys bis hin zu neuen Teilen für eure Karts ist alles
dabei. Die Menge an sammelbaren Gegenständen ist wirklich beeindruckend – über
250 einzelne Objekte soll es im gesamten Spiel zu sammeln geben.
Mit den erbeuteten Gegenständen könnt ihr euch nun nach Belieben
in den unterschiedlichen Kreativmodi so richtig ausleben. Die Zentrale lässt
sich auf mannigfaltige Weise verschönern. Klebt Sticker, hängt Figuren an die
Wände oder lasst einfach die Farben sprechen. Ihr könnt eurem Sackboy eine Perücke
verpassen, ihn tätowieren oder ihn ganz nach euren Wünschen gestalten. Auch
euer Gefährt, zunächst eine Pappschachtel mit Knopfrändern, kann so zum
gefährlichen Monstertruck werden. Kleben, basteln, schrauben. Die Grenzen des
Spieles sind nur eure eigene Vorstellungkraft.
Mächtiger als Lady God
Hat man alle Welten entdeckt und die meisten Strecken
befahren, endet das Spiel aber noch lange nicht. Es bietet euch einen der
mächtigsten Leveleditoren die man sich
für ein Rennspiel wünschen kann. Dabei ist die Steuerung des Ganzen (häufig ein
Problem auf Konsolen) durchaus einsteigerfreundlich gelungen. Ihr malt zunächst
mit eurem Pinsel einen beliebigen Kurs in die Landschaft, könnt Steigungen und
kniffelige S-Kurven einbauen. Seid ihr damit zufrieden, beginnt die eigentliche
kreative Arbeit. Ihr könnt aus einem Potpourri von Objekte, Hindernissen,
Aufklebern, Rampen und vielem mehr, mit der entsprechenden Zeit unheimlich
coole und anspruchsvolle Strecken selbstgestalten. Dank des im ganzen Spiel
vertretenen Social-Network-Ansatzes, dürft ihr diese anschließend mit euren
Freunden und der ganzen Welt teilen. Natürlich ist es euch auch jederzeit möglich,
die Strecken von anderen Spielern aus der LBP Community herunterzuladen und
auszuprobieren, wodurch man einen riesigen Pool aus immer neuen Strecken zur
Verfügung hat.
Flauschig, weich, High Definition
Die Präsentation der eigenen Strecken und des kompletten
Spieles zeigt sich von seiner besten Seite. Alles ist aufeinander abgestimmt
und liebevoll designt. Grade das Artdesign mit seinen organisch wirkenden
Texturen ist ein Markenzeichen von Little Big Planet, das mir persönlich sehr
gut gefällt. Die Welt wirkt niedlich und verspielt, besitzt aber einen gewissen
Realismus bei den eingesetzten Materialen. Besonders viel Sorgfalt wurde
hierbei auf die Gestaltung jeder einzelnen Rennstrecke gelegt. Links und rechts
der Fahrbahnen gibt es so viele Details, von Grasbüscheln über Gartenzwerge bis
zu bizarren Kreaturen, dass man am liebsten anhalten und sich alles genau
ansehen würde. Hierzu tragen auch die hochauflösenden Texturen bei, die bis auf
das für die PlayStation übliche Kantenflimmern, gestochen scharf wirken.
Organische Baumwolle oder Polyester
Die Idee eines Rennspieles im Stile von Mario Kart, welches
sich im kreativen Universum von Little Big Planet bewegt, weckte zunächst stark
mein Interesse. Welche Möglichkeiten einem wohl geboten werden?, dachte ich
mir. Möglichkeiten bietet das Spiel in der Tat eine ganze Menge, und das
Bastelbogen / Sandkastenprinzip sucht weiterhin seines Gleichen. Die Auswahl an
kreativen Levels und unterschiedlichen Herausforderungen ist klasse. Leider
schwächelt das Ganze am Ende sehr an seiner Substanz als Rennspiel. Das Fehlen
der Möglichkeiten, schnell eine Multiplayerpartie zu starten, das teils geringe
Tempo und die uninspirierten Gadgets sind Nachteile, die den Spielspaß trüben.
Was bleibt, ist eine Little Big Planet 2.5 mit Rennspieleinlagen, das dank
seiner tollen Präsentation und den unheimlich kreativen Möglichkeiten viele
Freunde finden dürfte.
7.9 von 10 Wollknäuel Püppchen auf dem Asphalt