Donnerstag, 8. November 2018

Im Jahrtausendwald (Carlsen)


Im Jahrtausendwald (Carlsen)


Seine Eltern ließen sich scheiden und da Watarus Mutter psychisch und körperlich stark angeschlagen ist, sich somit nicht um ihren 10-jährigen Jungen kümmern kann, soll er zu ihren Eltern aufs Land ziehen. Von der Wohnung im hektischen Tokyo kommt Wataru zu seinem Großeltern, die in dem kleinen Walddörfchen Tottori Leben. Es fällt ihm zuerst schwer sich in das Leben dort und seine viel kleinere neue Schule einzufinden. Zugleich stellt er jedoch auch fest, dass die neue Nähe zur Natur auch etwas heilendes hat. So findet er Trost in dem Grün um ihn herum.


„Im Jahrtausendwald“ war für mich ein sehr emotionaler Comic/Manga. Nicht nur weil es sich wie bei vielen Geschichten des von mir sehr geliebten Mangaka Jiro Taniguchi um eine sehr melancholisch schöne Erzählung handelt, sondern weil es auch sein letztes Projekt war an dem er auch noch bis zu seinem Tod im Februar 2017 arbeitete.

Diese Geschichte war eine Arbeit für einen französischen Verlag, daher überwiegt hier bei der Mischung aus Mangaästhetik und frankobelgischen Stil auch der europäische Einfluss. Mit seinen unter 50 Seiten ist der Jahrtausendwald eine sehr kurze Geschichte. Weitere Bände waren vor Taniguchis Tod in Arbeit, wurden jedoch nur zum Teil von ihm umgesetzt. Taniguchis Erzählart kommt auch hier mit sehr wenigen Worten aus. Dadurch ist dieser Comic aber nicht viel mehr als ein Prolog zu dem was jetzt nie mehr folgen soll. Was Taniguchi fertigstellen konnte ist aber eine wunderschön und ruhig erzählte Geschichte über eine schwere Kindheit und zugleich eine Warnung vor der Zerstörung unserer Umwelt, die nicht nur für unserer körperliches Überleben, sondern auch für unsere seelische Gesundheit unentbehrlich ist.

Da es sich hier um eine Arbeit für den westlichen Markt handelt, ist der gesamte Comic koloriert. Bei vielen Mangaka würde ich mich sicherlich freuen mehr ihrer Arbeiten in Farbe zu sehen, aber gerade bei Taniguchi liebe ich die unglaublich detailverliebten Naturdarstellungen zu sehr. Leider werden viele dieser Details durch die Farben aufgefressen, was ich persönlich eher schade finde. Toll sind aber die Kreaturen Designs die sehr an frankobelgische Science-Fiction Comics der Siebzieger erinnern.

Auch wenn „Im Jahrtausendwald“ für mich nicht zu Taniguchis besten Arbeiten gehört, konnte mich der Comic dennoch emotional packen. Die Gefühlswelt des kleinen Wataru wird glaubhaft rüber gebracht und das ohne zu viele Worte darüber zu verlieren. Optisch ist es wunderschön verträumt und wundervoll unmodern, aber trotzdem keine seiner schönsten Arbeiten.

Der Hardcover Band im querformat kommt mit über 40 Seiten Bonusmaterial. Darunter viele Hintergrundinformationen zum Projekt, inklusive vieler Skizzen und frühen entwürfen, einer Taniguchi Biografie und einer Reihe von Nachrufen.

7,8 von 10 verständnisvolle Tiere