Im Jahrtausendwald (Carlsen)
Seine Eltern ließen sich
scheiden und da Watarus Mutter psychisch und körperlich stark
angeschlagen ist, sich somit nicht um ihren 10-jährigen Jungen
kümmern kann, soll er zu ihren Eltern aufs Land ziehen. Von der
Wohnung im hektischen Tokyo kommt Wataru zu seinem Großeltern, die
in dem kleinen Walddörfchen Tottori Leben. Es fällt ihm zuerst
schwer sich in das Leben dort und seine viel kleinere neue Schule
einzufinden. Zugleich stellt er jedoch auch fest, dass die neue Nähe
zur Natur auch etwas heilendes hat. So findet er Trost in dem Grün
um ihn herum.
„Im Jahrtausendwald“ war
für mich ein sehr emotionaler Comic/Manga. Nicht nur weil es sich
wie bei vielen Geschichten des von mir sehr geliebten Mangaka Jiro
Taniguchi um eine sehr melancholisch schöne Erzählung handelt,
sondern weil es auch sein letztes Projekt war an dem er auch noch bis
zu seinem Tod im Februar 2017 arbeitete.
Diese Geschichte war eine
Arbeit für einen französischen Verlag, daher überwiegt hier bei
der Mischung aus Mangaästhetik und frankobelgischen Stil auch der
europäische Einfluss. Mit seinen unter 50 Seiten ist der
Jahrtausendwald eine sehr kurze Geschichte. Weitere Bände waren vor
Taniguchis Tod in Arbeit, wurden jedoch nur zum Teil von ihm
umgesetzt. Taniguchis Erzählart kommt auch hier mit sehr wenigen
Worten aus. Dadurch ist dieser Comic aber nicht viel mehr als ein
Prolog zu dem was jetzt nie mehr folgen soll. Was Taniguchi
fertigstellen konnte ist aber eine wunderschön und ruhig erzählte
Geschichte über eine schwere Kindheit und zugleich eine Warnung vor
der Zerstörung unserer Umwelt, die nicht nur für unserer
körperliches Überleben, sondern auch für unsere seelische
Gesundheit unentbehrlich ist.
Da es sich hier um eine
Arbeit für den westlichen Markt handelt, ist der gesamte Comic
koloriert. Bei vielen Mangaka würde ich mich sicherlich freuen mehr
ihrer Arbeiten in Farbe zu sehen, aber gerade bei Taniguchi liebe ich
die unglaublich detailverliebten Naturdarstellungen zu sehr. Leider
werden viele dieser Details durch die Farben aufgefressen, was ich
persönlich eher schade finde. Toll sind aber die Kreaturen Designs
die sehr an frankobelgische Science-Fiction Comics der Siebzieger
erinnern.
Auch wenn „Im
Jahrtausendwald“ für mich nicht zu Taniguchis besten Arbeiten
gehört, konnte mich der Comic dennoch emotional packen. Die
Gefühlswelt des kleinen Wataru wird glaubhaft rüber gebracht und
das ohne zu viele Worte darüber zu verlieren. Optisch ist es
wunderschön verträumt und wundervoll unmodern, aber trotzdem keine
seiner schönsten Arbeiten.
Der Hardcover Band im
querformat kommt mit über 40 Seiten Bonusmaterial. Darunter viele
Hintergrundinformationen zum Projekt, inklusive vieler Skizzen und
frühen entwürfen, einer Taniguchi Biografie und einer Reihe von
Nachrufen.
7,8 von 10 verständnisvolle
Tiere