Unruhige Geister und stille Gefährten
(Carlsen Manga)
Ohne irgendwelche Erinnerungen wacht
ein junger Mann an einem ihm unbekannten Strand auf. Eine Familie
rettet ihn und nimmt ihn bei sich auf. Ein Amerikanischer
Schriftsteller, der im Japan des 18. Jahrhunderts lebt, verliert sich
immer wieder in unvollendeten Geschichten. Kinder müssen einen
heiligen Salamander aus der Gefangenschaft befreien und am Ende führt
ein Feuerwerk einen Mann in eine überaus surreale und gefährliche
Situation.
Menschen aus der Zukunft, ein
Leuchtturm, fremde Geister in einer Teetasse. Jiro Taniguchi kreierte
immer wieder einmalige Geschichten, die zum Träumen, entspannen und
nachdenken anregen. Mal erzählt er philosophisch, mal ganz ohne
Worte, aber auch klassische Fantasy, Märchen und Science-Fiction
Motive dürfen von ihm erwartet werden. Am Ende bleibt jedenfalls
immer eine lohnenswerte Erfahrung zurück, auch wenn nicht jede
seiner Geschichte den Geschmack aller Leser*innen treffen kann.
Die erste Geschichte „Aus einer
anderen Welt“ ist eine emotionale Familiengeschichte mit
Science-Fiction Nuancen. Ursprünglich im französischen Sammelband
„La villa sur la falaise“ erschienen, liest sich diese
Kurzgeschichte in der westlichen Leserichtung. Prägend ist hier
Taniguchis fabelhaftes Gespür für Timing und die wunderschönen
Naturzeichnungen, die eine träumerische Atmosphäre erzeugen.
Highlight dieses Bands ist für mich
der darauf folgende Zweiteiler „An einem unbekannten Ort“. Es
handelt sich dabei um eine Adaption einer Erzählung des
US-amerikanischen Schriftstellers Lafcadio Hearn. Auch hier kommen
Taniguchis träumerischen Künste zum Tragen, ebenso bieten diese
Geschichten nachdenkliche Momente, wie auch einige fantastische
Elemente.
„Der magische Berg“ ist ein zwei
Kapitel umfassender Jugendmanga aus dem Young Jump Magazine. Eine
wunderbare Geschichte die Abenteuer und eine ökologische Botschaft
kombiniert und ohne größere Änderungen genau so von Studio Ghibli
verfilmt werden könnte.
Abgeschlossen wird der Band durch „Die
Begleiterin“. Dabei handelt es sich um eine Adaption der Geschichte
„Schattenreich“ von Hayakken Uchida. Leider konnte Taniguchi die
Geschichte vor seinem Tod nicht mehr beenden. Daher sind die ersten
Seiten zwar fertigen, die letzten hingegen existieren lediglich als
Skizzen und Rohfassungen. Trotzdem eine effektive und unheimliche
Erzählung.
Zwischen den einzelnen Geschichten
bekommt ihr weiteres Bonusmaterial aus den Archiven geboten. Darunter
ist Taniguchis Essay „Mein Frankreich“, einige ausgewählte
Zeichnungen aus seinem letzten Notizbuch und Hintergrundinformationen
zu „Die Begleiterin“.
Aufgrund der eher ungewöhnlichen
Zusammenstellung, die vor allem die letzten, hier bisher
unveröffentlichten Highlights und vergessenes sowie unvollendetes
Vereint, handelt es sich bei „Unruhige Geister und Stille
Gefährten“ sicherlich nicht um einen guten Einstieg in Taniguchis
Arbeiten. Neue Fans sollten sich also zuerst an seine bekannteren
Werke halten. Für alle, die aber einfach nicht genug von diesem
zurecht gefeierten Mangaka bekommen können ist es eine schöne
Sammlung seltener Geschichten.
8 von 10 magische Salamander