Das Marvel-Zeitalter der Comics 1961–1978 (TASCHEN)
Während bei Detective Comics schon Batman und Superman große Erfolge feierten, steckte die Konkurrenz noch in den Kinderschuhen. Anfang der 1930’er Jahre veröffentlichte Martin Goodman noch seine Pulp Magazine, darunter Western und Detektivgeschichten. Daraus entstand dann sein Verlag “Timely Publications” in dem er die Comicabenteuer von Ka-Zar (dem Prototypen des heute bekannten Höhlenheldens), dem Sub-Mariner, sowie auch der ersten Human Torch (der Original Cyborg nicht das Fantastic Four Mitglied). Die erste Comicveröffentlichungen trug damals den Titel Marvel (Mystery) Comics, woraus dann einige Jahre später auch der Name des Verlags hervorging, den wir alle kennen. Seitdem sind nun 75 Jahre vergangen. Stan Lee, Jack Kirby, John Romita, später auch Frank Miller, Rob Liefeld und unzählige viele andere haben Marvel den Verlag für immer geprägt. Aus einem schwächlichen G.I. wurde der unbesiegbare Captain America, der bald darauf Hitler einen Kinnhaken verpasste und vier ganz normale Astronauten kamen als Marvels #1 Familie aus dem All zurück. Bis zu den Sechzigern erstarkte die Superheldenliga durch die Avengers, Spider-Man, Thor, Hulk und die X-Men und viele andere heute geliebte Helden durch die man das schwächelnde Genre wiederbeleben konnte, das kurzzeitig von Science-Fiction und Horror verdrängt wurde. Um diese sehr bewegte Zeit bei Marvel zwischen den Jahren 1961-1978 soll es hier gehen.
TASCHEN feiert das Marvel-Zeitalter der Comics mit einen weiteren großen Artbook. Auf 396 Seiten im Format 23,8 x 32,4 cm findet ihr die gesamte Marvelhistorie von den Jahren 1961-1978, sowie weit über 1.000 Illustrationen. Wo wir schon beim technischen sind: Bei den Maßen handelt es sich natürlich um einen Hardcoverband. Der Einband ist so mächtig wie er bei solch einem Umfang sein muss, denn wie gewohnt handelt es sich hier um dickes, hochwertiges, schweres Papier und die Druckqualität ist umwerfend.
Die Historie wurde verfasst von Roy Thomas, 1965-1980 Redakteur bei Marvel. Davon von 72-74 Chefredakteur des Verlags. Anhand vieler, teilweise auch persönlicher Anekdoten hangelt er sich von einem wegweisenden Stichwort zum nächsten, vergisst dabei auch obskursten Kram wie die romantischen Mädchencomics der frühen Tage nicht, wodurch auch die Erfahrensten Marvel Fans unter euch noch einige neue Details lernen werden. Ich persönlich habe dabei festgestellt wie wenig ich wirklich über diese Zeit des Comicriesen wusste und dank dieses Buch hat sich das deutlich verändert. Auch wenn ich eigentlich wahnsinnig begeistert bin, gibt es an der historischen Aufarbeitung zwei größere Kritikpunkte. Einmal ist Roy Thomas als Autor klar befangen in seinen Aussagen. Daher werden alle Schweinereien ausgelassen, die sich Marvel mit seinen Künstlern geleistet hat und es gibt keinerlei selbstkritische Untertöne. Natürlich geht es hier auch darum den Verlag zu feiern. Wie so oft stünde es Marvel aber nicht schlecht auch mal einzugestehen das man in der Vergangenheit mit seinen Mitarbeitern oftmals sehr schlecht umgegangen ist - vor allem wenn man von ihnen keinen Nutzen mehr zu erwarten hatte oder sie frech wurden. Als definitive Aufarbeitung der Verlagsgeschichte muss man auch die dunklen Ecken beleuchten.
Als Herausgeber und Artdirector wurde Josh Baker verpflichtet, der auch schon bei dem DC Pendant dafür sorgte, dass auch alles wirklich hübsch aussieht. Das tut es auch bei diesem Album. Zu jedem Bild gibt es einige Infos zur Entstehung, Hintergrund und Zeichner. Der Großteil der Illustrationen sind Comiccover, einzeln ausgewählte Panel, Fotos vom Leben hinter den Kulissen und am aller interessantesten: Skizzen und Rohversionen von einigen bemerkenswerten Covern und Splashpages. Allein für die Coverentwürfe von John Buscema und Jack Kirby sollte sich der Band für die echten Comicfans schon lohnen. Ansonsten werden auch noch Merchandise und andere Kuriositäten vorgestellt. Toll was hier manchmal für absurde Dinge ausgegraben wurden (Thor auf rosa Roller) und wieder mal ist es sehr erfreulich wie hoch die Qualität ist. Gerade bei den alten Covern hat man so vieles in tollem Zustand gefunden oder restauriert. Ich bin hin und weg.
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