Der Mann meines Bruders #3 -
Kopfzerbrechen (Carlsen Manga)
Noch immer lebt Mike bei seinem
Schwager Yaichi und dessen Tochter Kana. Auch wenn Mike durch seinen
Besuch in Japan vor allem sich selbst dabei helfen wollte den Tod
seines Mannes Ryoji zu verarbeiten, so scheint er nun aber vor allem
Yaichis Denkweise zu verändern. Zum ersten Mal setzt Yaichi sich mit
der Homosexualität seines verstorbenen Bruders auseinander, erkennt
durch Mike welchen Formen von homofeindlichkeit auch im heutigen
Japan ganz alltäglich ist. Und so beginnt er darüber nachzudenken
was er tun würde, wenn zum Beispiel seine Tochter Kana sich outen
würde. Gleichzeitig werden die drei allmählich zu einer richtigen
Familie, kochen und essen zusammen, machen Ausflüge und genießen
ihr Beisammensein.
Weiterhin zeigt Mangaka Gengoroh Tagama
auch im dritten Band seiner vierteiligen Mangareihe „Der Mann
meines Bruders“ alltägliche Homofeindlichkeit in der japanischen
Kultur auf. Genauso werden aber auch der Hass und die Vorurteile an
anderen Orten nicht beschönigt. Zugleich nutzt Tagama seine
Erzählung auch, um den Leser*innen die japanische Kultur näher zu
bringen. So geht es in diesem Band lange um einen Ausflug in ein
Onsen und wie immer spielt Essen eine große Rolle.
Überhaupt dreht sich in dieser Reihe
vieles ums Essen. Gemeinsames Kochen und Essen hat viel dazu
beigetragen wie familiär das Verhältnis zwischen Mike und seiner,
ihm vorher unbekannten, Familie mittlerweile geworden ist. Sehr schön
finde ich an der Art wie Tagama erzählt sein sehr positiver Stil.
Eigentlich ist alles an der Geschichte sehr traurig, doch die
Charaktere finden positive Wege damit umzugehen und vor allem
unterstützen und bestärken sie sich gegenseitig. Egal ob Kana
verständnislos mitbetroffen wird vom Hass gegen ihren Onkel Mike,
Yaichi der seinen Bruder verlor, noch bevor er seine Sexualität
akzeptierte oder Mike der durch seine Reise versucht seinen
verstorbenen Mann nahe zu sein, an dem Ort an dem er aufwuchs und am
Ende doch nur mehr Formen der Ablehnung entdeckt. So bleibt zwar
immer eine berechtigte Melancholie erhalten die sich durch die
gesamte Geschichte zieht, zugleich ist der Manga jedoch ebenso von
Hoffnung durchzogen und lebt von seinen tollen Figuren die trotz
allen Problemen ihr bestes Versuchen.
Der Zeichenstil von Tagama ist dem
seiner erotischen Hardcorearbeiten nicht unähnlich. Auch hier stehen
meist große, breit gebaute und muskulöse Männer im Mittelpunkt des
Geschehens. So sorgen die Herren zwar für etwas Eyecandy und dürfen
auch mal halb nackt im Bad zu sehen sein, explizit erotische Szenen
sind hier jedoch nicht zu finden. Neben starken Charakterdesigns
verfügt die Serie über ein leicht verständliches und aufgeräumtes
Layout und abwechslungsreiche und detaillierte Backgrounds. Gerade
hier sorgen die vielen Details dafür das die Welt des Manga lebendig
und glaubhaft erscheint und wir das Gefühl bekommen, einen echten
Einblick in das Privatleben der Charaktere riskieren zu dürfen.
„Der Mann meines Bruders“ ist ein
feinfühlig erzähltes Familiendrama mit vielen schönen und
bewegenden Momenten. Die Geschichte wird in ebenso tollen Bildern
vermittelt, die in ihrer Melancholie immer auch etwas tröstendes
bieten.
8 von 10 Wasabieise