Sonic Forces (Koch Media) [PS4]
Ein ganz normaler Tag im Sonic
Universum: Einmal mehr will Doctor Eggman die Welterobern und die
Natur mit seinen Maschinen ersetzen. Natürlich werden Sonic and
Friends das nicht zulassen und stellen sich wie gewohnt den Bösen in
den Weg. Doch diesmal wird Eggman nicht nur von seinen Robotern,
sondern auch Sonics anderen Erzfeinden Chaos, Shadow the Hedgehog,
Zavok und Metal Sonic unterstützt. Außerdem ist auch noch ein neuer
Feind hinzugekommen. Dabei handelt es sich um den ominösen
Infinite, der scheinbar die Macht des Chaos Ruby nutzen kann. Gegen
ihn hat nicht mal Sonic eine Chance und kann schließlich von Eggman
gefangen werden. Nach sechs Monaten Gefangenschaft hat Eggman den
ganzen Planeten erobert und die letzten Widerstandskämpfer sind
Tails, Knuckles und der Rest der Sonic Crew. Auch Retrosonic
verschlägt es in das 3D Universum und zu guter Letzt kommt auch noch
ihr mit eurem selbstgemachten Charakter als neuer Rekrut dazu.
Nach Sonic Mania war vermutlich allen,
sogar den 3D Sonic Fans, klar wie klein die Chance war, dass Sonic
Forces an den nur wenige Monate zuvor veröffentlichten 2D Titel
herankommen kann. Da mich zudem auch die Idee, einen eigenen
Sonic Charakter zu entwerfen nur wenig interessiert, vor allem da ich
es für die Fan-Community nicht unbedingt hilfreich empfinde, die
Fanfiction Leute noch in ihrem teilweise mehr als grenzwertigen
Verhalten auch noch zu bestärken, waren nur wenige Argumente für
das Game zu finden. In Hoffnung, dass das Team, welches auch hinter
Titeln wie Sonic Colors, Sonic Unleashed und Sonic Generations stand,
vielleicht an die Qualität des letzteren Titels anknüpfen kann,
waren meine Erwartungen zwar weit runtergeschraubt, aber ein wenig
Hoffnung bestand dennoch.
Das Endergebnis ist mehr als ärgerlich.
Ärgerlich vor allem weil es kein total schlechtes Spiel ist. Das
Schlimme daran ist nämlich, dass Teile der 30 Level spaßig geworden
sind, diese kleinen Momente werden aber durch viele alte Sonic
Probleme zerstört. Vor allem liegt das am Leveldesign. Die Level
sind mit einer Durchschnittsspielzeit von 1-2 Minuten extrem kurz
geraten und obwohl fast jede Stage mehrere Routen bietet, reicht es, die meiste Zeit einfach nur den Stick nach rechts zu drücken und zu
hoffen gut durchzukommen. Dabei sterbt ihr meist eher zufällig an
Stellen, an denen nicht bedacht wurde, dass das Spiel von der
Geschwindigkeit lebt. Viele dieser Todesfallen können entweder nur
durch sehr vorsichtiges Spielen umgangen werden, also das genaue
Gegenteil von dem, was die Entwickler*innen von euch erwarten oder
ihr lernt die Stages komplett auswendig. Dann machen die Level auch
annähernd so viel Freude wie noch in Sonic Generation, das zwar das
gleiche Problem hatte, aber mit besseren Leveldesign viel weniger
frustrierender war.
Aber auch in guten Momenten haltet ihr
den Analog Stick nur in die immer gleiche Richtung, drückt dann und
wann die X-Taste mehrmals um zu springen und eure Homing Attacke
einzusetzen und wartet zwischendrin immer die Passagen ab, die von
alleine laufen. Selbst wenn ihr die Kontrolle über euren Charakter
habt, was in einigen Leveln wohl nur etwa 50% der Zeit ausmacht, ist
es oftmals besser, nichts zu drücken, da das Spiel teilweise alleine
weniger Fehler macht als wenn ihr mit dem Contoller interveniert. Als
spielende Person ist das allerdings eher weniger befriedigend. Dazu
kommen noch die unendlich langweiligen Gegnerdesigns, die fast nur
aus Eggman Robotern bestehen, die einfach nur in den Leveln rumstehen
und euch selbst dann nicht angreifen, wenn ihr euch direkt neben sie
stellt. Andere Roboter schießen wenigstens sporadisch auf euch. Von
einer KI oder Angriffsmuster zu sprechen wäre aber übertrieben.
Auch optisch bieten die Gegner nur wenig. Meistens wiederholen sich
die ständig gleichen Robodesigns, nur selten kommen die altbekannten
Tierroboter zum Einsatz.
Insgesamt hat das Spiel vier
verschiedene Stages. Da wären die Stages, die zwischen 3D und 2D
wechseln und in denen ihr entweder Sonic spielt, der über Turboboost
und Homing Attacken verfügt, oder ihr schlüpft in die Haut eures
Avatars, dem verschiedene Waffen zur Verfügung stehen. Unter den
Waffentypen sind auch ein paar, die verändern können, wie ihr die
Stages spielt, da ihr nur mit bestimmten Waffen spezielle Routen
absolvieren könnt. Am Ende werdet ihr aber nur 2-3 Typen nutzen, da
die anderen keinen größeren Nutzen oder Einfluss auf den
Levelverlauf haben. Hier wurde offensichtlich die meiste Arbeit
hineingesteckt. Nur schade, dass ihr diese Momente mit eurem Avatar
durchlebt und nicht mit den lang geliebten Charakteren. Zudem gibt es auch Level die es euch erlauben euren Avatar und Sonic gleichzeitig zu nutzen. Nette Idee, aber
die Doppelturboboost Szenen verlangen von euch nur ein paar mal
Viereck zu drücken und dann spielt sich der Rest von allein. Also
keine Verbesserung zu den anderen Arten von Leveln. Zu guter Letzt
gibt es noch die 2D Retrosonic Level, die zwar sehr unspektakulär
sind, sich auch nicht annähernd so gut spielen wie Sonic Mania oder
die Retro Sonic Games, trotzdem relativ spaßig sein können. Vor
allem weil das Leveldesign hier etwas mehr wie aus einem Guss wirkt.
Die Spielzeit ist mit 2-3 Stunden
relativ kurz. Um aber alles zu sehen müsst ihr jedes Level
vermutlich 6-7 Stunden gespielt haben. Um alles zu komplettieren müsst ihr
die Stage in einer bestimmten Zeit absolvieren, S-Rank erreichen, die
fünf roten Ringe sammeln, die Zahlenringe sammeln und die
Silbermonde finden. Wären die unterschiedlichen Episoden spannender
arrangiert, dann wäre das ja noch so okay, aber viele Level können
schon beim zweiten Durchgang nicht mehr begeistern, wenn sie es denn
überhaupt beim ersten Mal schaffen konnten. Schwer ist allerdings
nichts davon und auch die freispielbaren Bonus- und Geheimlevel
stellen keine größere Herausforderung dar. Genauso wenig werden euch die wenigen und sich trotzdem wiederholenden Endgegner fordern können. Die Bossfights
wiederholen ständig die selben Muster und recyclen teilweise sogar
Bosskämpfe aus vorangegangenen Spielen. Was letztlich nicht schlimm
wäre, wenn das Spiel mehr für sich beanspruchen könnte als diese
Aneinanderreihung von Referenzen an bessere Zeiten. Und auch das kann
langsam aufhören, denn selbst als großer Sonic Fan werden Casino
Zone, Green Hill und Chemical Plant langsam wirklich langweilig und
müssen nicht in jedem Spiel vorhanden sein.
Die Grafik ist hingegen ziemlich
gelungen, Animationen cool, jedenfalls Ingame, die Cutscenes sind ein
wenig hölzern geraten. Dafür gibt es aber sogar eine deutsche
Synchro, die gar nicht mal schlecht geworden ist. Hilft aber nichts
bei der sehr schwachen Geschichte, die sich nicht zwischen dem lahmen
90er Sonic Humor und dem Versuch eine große düstere Geschichte zu erzählen entscheiden kann. So wechselt der Erzählstil hin und her zwischen
Chili Dog Memes und Meldungen über Folterungen, Internierungslagern
und einer Rebellion, die kurz davor steht von Eggman brutal
niedergeschlagen zu werden. An der Story funktioniert wirklich
absolut nichts und nur ein wenig Mut hätte so viel ändern können.
So wechseln wir von „Sonic wurde vielleicht schon ermordet.“, zu
„Er wird seit einem halben Jahr gefoltert.“ zu „Sonic wird
innerhalb von drei Leveln wieder befreit und möchte sich eine Chili
Dog reinschieben.“ Der Soundtrack besteht wie gewohnt aus
schmalzigen Power Rock, Radio Punk und einem bisschen elektronischen
Gewummere. Alles super schlecht, aber in all der Peinlichkeit doch
irgendwie passend... als Kind hätte ich es bestimmt gefeiert. Auch
so bin ich zwischen peinlich erfreut, ironisch lustig findend und
ehrlich im Takt mitwippen gefangen.
Eigentlich habe ich keine Lust, aber
kurz muss ja doch drüber gesprochen werden: Der Charakter Creator.
So wie damit geworben wurde, nahm ich an, der Charakter Creator wäre
eine große Sache. In Wahrheit könnt ihr lediglich entscheiden ob
euer antropomorphes Tier männlich oder weiblich aussehen soll, dann
noch die Tierrasse wählen (hierbei gibt es die einzigen Gameplay
Unterschiede, die sich aber im Spiel selbst nicht bemerkbar machen),
sowie die Stimme und die Farben. Später könnt ihr verschiedene
Klamotten und Accessoires erspielen, die ihr eurem Avatar anziehen
dürft. Die Auswahl ist zwar groß aber die damit zu erzielenden
Ergebnisse sehen nur sehr selten gut aus. Ärgerlicher aber ist, wie
limitiert der Creator ist. Weder die Größe noch die Statur, Mimik,
Gesichtsform oder andere Körpermerkmale können geändert werden.
Wäre kein Problem wenn es nur ein kleines Gimmick wäre, aber da das
Spiel und seine Promotion sich um diesen Bullet Point gedreht hat,
ist es doch etwas mager.
Sonic Forces ist ein sehr kurzes und
dennoch sich zu oft wiederholendes, extrem mittelmäßiges Spiel. Die
Leveldesigns sind selten zu Ende gedacht und führen zu vielen
frustrierenden Momenten. Die Geschicklichkeitspassagen sind wenig
fordernd und durch die nicht immer gut funktionierende Steuerung
trotzdem schwerer als sie sein sollten. So ist es auch wenn man das
Spiel gut beherrscht manchmal eher Zufall, ob man einen guten Run
abliefert oder nicht. Die Story ist erneut eher schlechte Fanfiction
und der Creator nicht die Arbeit wert, die dafür gemacht werden
musste. Einfach wäre es, Forces in die Ecke zu den vielen
katastrophalen Sonic Titeln der letzten Jahre zu stellen, damit
würden wir dem Spiel aber nicht gerecht werden. Am Ende ist aber
sogar das noch ein Punkt der gegen das Game spricht, denn so geht der
Titel endgültig im Sumpf der Mittelmäßigkeit unter.
5,7 von 10 unbenutzte Waffen