Freitag, 24. November 2017

Sonic Forces (Koch Media) [PS4]

Sonic Forces (Koch Media) [PS4]

Ein ganz normaler Tag im Sonic Universum: Einmal mehr will Doctor Eggman die Welterobern und die Natur mit seinen Maschinen ersetzen. Natürlich werden Sonic and Friends das nicht zulassen und stellen sich wie gewohnt den Bösen in den Weg. Doch diesmal wird Eggman nicht nur von seinen Robotern, sondern auch Sonics anderen Erzfeinden Chaos, Shadow the Hedgehog, Zavok und Metal Sonic unterstützt. Außerdem ist auch noch ein neuer Feind hinzugekommen. Dabei handelt es sich um den ominösen Infinite, der scheinbar die Macht des Chaos Ruby nutzen kann. Gegen ihn hat nicht mal Sonic eine Chance und kann schließlich von Eggman gefangen werden. Nach sechs Monaten Gefangenschaft hat Eggman den ganzen Planeten erobert und die letzten Widerstandskämpfer sind Tails, Knuckles und der Rest der Sonic Crew. Auch Retrosonic verschlägt es in das 3D Universum und zu guter Letzt kommt auch noch ihr mit eurem selbstgemachten Charakter als neuer Rekrut dazu.

Nach Sonic Mania war vermutlich allen, sogar den 3D Sonic Fans, klar wie klein die Chance war, dass Sonic Forces an den nur wenige Monate zuvor veröffentlichten 2D Titel herankommen kann. Da mich zudem auch die Idee, einen eigenen Sonic Charakter zu entwerfen nur wenig interessiert, vor allem da ich es für die Fan-Community nicht unbedingt hilfreich empfinde, die Fanfiction Leute noch in ihrem teilweise mehr als grenzwertigen Verhalten auch noch zu bestärken, waren nur wenige Argumente für das Game zu finden. In Hoffnung, dass das Team, welches auch hinter Titeln wie Sonic Colors, Sonic Unleashed und Sonic Generations stand, vielleicht an die Qualität des letzteren Titels anknüpfen kann, waren meine Erwartungen zwar weit runtergeschraubt, aber ein wenig Hoffnung bestand dennoch.

Das Endergebnis ist mehr als ärgerlich. Ärgerlich vor allem weil es kein total schlechtes Spiel ist. Das Schlimme daran ist nämlich, dass Teile der 30 Level spaßig geworden sind, diese kleinen Momente werden aber durch viele alte Sonic Probleme zerstört. Vor allem liegt das am Leveldesign. Die Level sind mit einer Durchschnittsspielzeit von 1-2 Minuten extrem kurz geraten und obwohl fast jede Stage mehrere Routen bietet, reicht es, die meiste Zeit einfach nur den Stick nach rechts zu drücken und zu hoffen gut durchzukommen. Dabei sterbt ihr meist eher zufällig an Stellen, an denen nicht bedacht wurde, dass das Spiel von der Geschwindigkeit lebt. Viele dieser Todesfallen können entweder nur durch sehr vorsichtiges Spielen umgangen werden, also das genaue Gegenteil von dem, was die Entwickler*innen von euch erwarten oder ihr lernt die Stages komplett auswendig. Dann machen die Level auch annähernd so viel Freude wie noch in Sonic Generation, das zwar das gleiche Problem hatte, aber mit besseren Leveldesign viel weniger frustrierender war.


Aber auch in guten Momenten haltet ihr den Analog Stick nur in die immer gleiche Richtung, drückt dann und wann die X-Taste mehrmals um zu springen und eure Homing Attacke einzusetzen und wartet zwischendrin immer die Passagen ab, die von alleine laufen. Selbst wenn ihr die Kontrolle über euren Charakter habt, was in einigen Leveln wohl nur etwa 50% der Zeit ausmacht, ist es oftmals besser, nichts zu drücken, da das Spiel teilweise alleine weniger Fehler macht als wenn ihr mit dem Contoller interveniert. Als spielende Person ist das allerdings eher weniger befriedigend. Dazu kommen noch die unendlich langweiligen Gegnerdesigns, die fast nur aus Eggman Robotern bestehen, die einfach nur in den Leveln rumstehen und euch selbst dann nicht angreifen, wenn ihr euch direkt neben sie stellt. Andere Roboter schießen wenigstens sporadisch auf euch. Von einer KI oder Angriffsmuster zu sprechen wäre aber übertrieben. Auch optisch bieten die Gegner nur wenig. Meistens wiederholen sich die ständig gleichen Robodesigns, nur selten kommen die altbekannten Tierroboter zum Einsatz.

Insgesamt hat das Spiel vier verschiedene Stages. Da wären die Stages, die zwischen 3D und 2D wechseln und in denen ihr entweder Sonic spielt, der über Turboboost und Homing Attacken verfügt, oder ihr schlüpft in die Haut eures Avatars, dem verschiedene Waffen zur Verfügung stehen. Unter den Waffentypen sind auch ein paar, die verändern können, wie ihr die Stages spielt, da ihr nur mit bestimmten Waffen spezielle Routen absolvieren könnt. Am Ende werdet ihr aber nur 2-3 Typen nutzen, da die anderen keinen größeren Nutzen oder Einfluss auf den Levelverlauf haben. Hier wurde offensichtlich die meiste Arbeit hineingesteckt. Nur schade, dass ihr diese Momente mit eurem Avatar durchlebt und nicht mit den lang geliebten Charakteren. Zudem gibt es auch Level die es euch erlauben euren Avatar und Sonic gleichzeitig zu nutzen. Nette Idee, aber die Doppelturboboost Szenen verlangen von euch nur ein paar mal Viereck zu drücken und dann spielt sich der Rest von allein. Also keine Verbesserung zu den anderen Arten von Leveln. Zu guter Letzt gibt es noch die 2D Retrosonic Level, die zwar sehr unspektakulär sind, sich auch nicht annähernd so gut spielen wie Sonic Mania oder die Retro Sonic Games, trotzdem relativ spaßig sein können. Vor allem weil das Leveldesign hier etwas mehr wie aus einem Guss wirkt.


Die Spielzeit ist mit 2-3 Stunden relativ kurz. Um aber alles zu sehen müsst ihr jedes Level vermutlich 6-7 Stunden gespielt haben. Um alles zu komplettieren müsst ihr die Stage in einer bestimmten Zeit absolvieren, S-Rank erreichen, die fünf roten Ringe sammeln, die Zahlenringe sammeln und die Silbermonde finden. Wären die unterschiedlichen Episoden spannender arrangiert, dann wäre das ja noch so okay, aber viele Level können schon beim zweiten Durchgang nicht mehr begeistern, wenn sie es denn überhaupt beim ersten Mal schaffen konnten. Schwer ist allerdings nichts davon und auch die freispielbaren Bonus- und Geheimlevel stellen keine größere Herausforderung dar. Genauso wenig werden euch die wenigen und sich trotzdem wiederholenden Endgegner fordern können. Die Bossfights wiederholen ständig die selben Muster und recyclen teilweise sogar Bosskämpfe aus vorangegangenen Spielen. Was letztlich nicht schlimm wäre, wenn das Spiel mehr für sich beanspruchen könnte als diese Aneinanderreihung von Referenzen an bessere Zeiten. Und auch das kann langsam aufhören, denn selbst als großer Sonic Fan werden Casino Zone, Green Hill und Chemical Plant langsam wirklich langweilig und müssen nicht in jedem Spiel vorhanden sein.

Die Grafik ist hingegen ziemlich gelungen, Animationen cool, jedenfalls Ingame, die Cutscenes sind ein wenig hölzern geraten. Dafür gibt es aber sogar eine deutsche Synchro, die gar nicht mal schlecht geworden ist. Hilft aber nichts bei der sehr schwachen Geschichte, die sich nicht zwischen dem lahmen 90er Sonic Humor und dem Versuch eine große düstere Geschichte zu erzählen entscheiden kann. So wechselt der Erzählstil hin und her zwischen Chili Dog Memes und Meldungen über Folterungen, Internierungslagern und einer Rebellion, die kurz davor steht von Eggman brutal niedergeschlagen zu werden. An der Story funktioniert wirklich absolut nichts und nur ein wenig Mut hätte so viel ändern können. So wechseln wir von „Sonic wurde vielleicht schon ermordet.“, zu „Er wird seit einem halben Jahr gefoltert.“ zu „Sonic wird innerhalb von drei Leveln wieder befreit und möchte sich eine Chili Dog reinschieben.“ Der Soundtrack besteht wie gewohnt aus schmalzigen Power Rock, Radio Punk und einem bisschen elektronischen Gewummere. Alles super schlecht, aber in all der Peinlichkeit doch irgendwie passend... als Kind hätte ich es bestimmt gefeiert. Auch so bin ich zwischen peinlich erfreut, ironisch lustig findend und ehrlich im Takt mitwippen gefangen.

Eigentlich habe ich keine Lust, aber kurz muss ja doch drüber gesprochen werden: Der Charakter Creator. So wie damit geworben wurde, nahm ich an, der Charakter Creator wäre eine große Sache. In Wahrheit könnt ihr lediglich entscheiden ob euer antropomorphes Tier männlich oder weiblich aussehen soll, dann noch die Tierrasse wählen (hierbei gibt es die einzigen Gameplay Unterschiede, die sich aber im Spiel selbst nicht bemerkbar machen), sowie die Stimme und die Farben. Später könnt ihr verschiedene Klamotten und Accessoires erspielen, die ihr eurem Avatar anziehen dürft. Die Auswahl ist zwar groß aber die damit zu erzielenden Ergebnisse sehen nur sehr selten gut aus. Ärgerlicher aber ist, wie limitiert der Creator ist. Weder die Größe noch die Statur, Mimik, Gesichtsform oder andere Körpermerkmale können geändert werden. Wäre kein Problem wenn es nur ein kleines Gimmick wäre, aber da das Spiel und seine Promotion sich um diesen Bullet Point gedreht hat, ist es doch etwas mager.

Sonic Forces ist ein sehr kurzes und dennoch sich zu oft wiederholendes, extrem mittelmäßiges Spiel. Die Leveldesigns sind selten zu Ende gedacht und führen zu vielen frustrierenden Momenten. Die Geschicklichkeitspassagen sind wenig fordernd und durch die nicht immer gut funktionierende Steuerung trotzdem schwerer als sie sein sollten. So ist es auch wenn man das Spiel gut beherrscht manchmal eher Zufall, ob man einen guten Run abliefert oder nicht. Die Story ist erneut eher schlechte Fanfiction und der Creator nicht die Arbeit wert, die dafür gemacht werden musste. Einfach wäre es, Forces in die Ecke zu den vielen katastrophalen Sonic Titeln der letzten Jahre zu stellen, damit würden wir dem Spiel aber nicht gerecht werden. Am Ende ist aber sogar das noch ein Punkt der gegen das Game spricht, denn so geht der Titel endgültig im Sumpf der Mittelmäßigkeit unter.


5,7 von 10 unbenutzte Waffen