Donjon #1 – Das Herz einer Ente
(Reprodukt)
Der Donjon, das sind vier schwarze
Türme die viele Meter in den Himmel ragen, voll mit Monstern und
muffigen Schatzkammern, die unter anderem sogar von uralten Drachen
beschützt werden. Allerdings sind diese Verliese keine
Machenschaften düsterer Zauberer oder Despoten, sondern eher eine
Art Freizeitpark für verschrobene und abenteuerliche Helden. Genau
davon lebt der Betreiber des Donjon, er knüpft den Helden einen
deftigen Eintritt ab und als Gegenleistung dürfen sie alle Schätze, die sie finden, behalten, was allerdings nur äußerst selten
vorkommt. Doch es läuft nicht alles perfekt: grad hat der Wärter
des Donjon Stress mit Zombies, die ihm seinen Turm abnehmen wollen.
Hilfe erwartet er von einem starken Barbaren. Doch als Herbert, ein
Enterich, der als eine Art Hausmeister und Botenjunge in den
Verliesen arbeitet, ihn zu sich ruft lenkt er ihn damit ab und der
mächtige Krieger wird Opfer von Zongo. Aus Angst vor den
Konsequenzen gibt die Ente sich einfach selbst als Barbar aus. Noch
ahnt er auch noch nicht, dass er mit dessen Rüstung auch ein
magisches Schwert samt verfluchter Gürtelschnalle geerbt hat und
sein Herz schon bald in einem Gurkenglas aufgehoben wird.
Beinahe 20 Jahre ist es jetzt her (ich
fühl mich sehr alt) seitdem ich das erste Mal einen Donjon Comic
gelesen habe. Damals erschienen die deutschen Übersetzungen der
französischen Comicreihe noch bei Carlsen. Mittlerweile ist aus der
kleinen Fantasyparodie von Joann Sfar und Lewis Trondheim ein
episches Universum geworden, dessen Hauptreihe allein schon aus über
100 Alben besteht. Hinzugekommen sind zudem noch eine Reihe von
Nebenserien die sich unter anderem mit den Geschichten der
Nebenfiguren beschäftigen und auch eine Prequel Reihe gibt es. Grund
für mich zu den Comics zurückzukehren, die mittlerweile in einer
Neuauflage über Reprodukt erscheinen, sind die vom SFR 2 Kultur
produzierten Donjon Hörspiele, die ich euch übrigens auch sehr
empfehlen möchte.
Auch nach all den Jahren sprüht Donjon
noch immer vor Charme und Witz. Jede Figur und auch alle
Nebendarsteller*innen genauso wie die Monster der Türme haben einen
eigenen verschrobenen Charakter. Keine der Figuren ist langweilig
oder ähnelt einer anderen. Auch die Welt ist voll mit abstrusen
Regeln, Bräuchen, Flora und architektonischen Eigenheiten. Neben
Herbert gehört sicherlich Marvin der Drachist zu den
unterhaltsamsten Charakteren und wenn dann noch Herberts vorlauter
Gürtel dazu kommt, ist das Chaos eigentlich schon perfekt. Der Humor
ist sehr vielschichtig und kann albern sein aber auch einfach nur
richtig dumm. Gleichzeitig driftet es nie in einfaches Rumgeblödel
ab, sondern kann auch durchaus mal etwas subversiver sein.
Herbert ist in all dem eine Hauptfigur
mit unzähligen Fehlern und negativen Charaktereigenschaften, dennoch
bleibt er sympathisch und kann durch seine trottelige Art immer
wieder Mitgefühl erwecken.
Das Artwork nimmt alle erdenklichen
Fantasy Klischees auf die Schippe, ist dabei aber nie nur einfache
Parodie, sondern setzt viele eigene Akzente. Vieles wirkt verspielt,
wobei diese Verspieltheit gerne durch stumpfe Brutalität vernichtet
wird. Interessant bleibt der Comic somit auch immer fürs Auge.
Donjon ist eine humoristisch teils
etwas flach wirkende Fantasyparodie, die aber vor allem durch
vielschichtige Charaktere und einen tollen Blick für Details
begeistern kann. Es wird eher ein erwachsenes Publikum angesprochen,
trotzdem sind die Gags weder zu verkopft, noch zu klamaukig.
8,6 von 10 Teller verzaubertes Gulasch