Voodoo
Child (1970) [Wicked Vision]
Studentin
Nancy (Sandra Dee) hat einen entspannten Job in der Bibliothek der
Miskatonic-Universität. Eines Tages, sie verstaut gerade die
einmalige Ausgabe des Necronomicons, überrascht sie Wilbur Whateley
(Dean Stockwell), der ein verdächtig starkes Interesse an dem Buch
hat. Nach einen Umtrunk mit Dr. Henry Armitage (Ed Begley) verpasst
Wilbur den Bus nach Haus und kann Nancy dazu überreden ihn nach
Hause zu fahren. Dort manipuliert er ihren Wagen und kann sie so
davon abhalten wieder zu fahren. Bald schon betäubt er sie mit
Drogen und sie findet sich mitten im dunklen Familiengeheimnis der
Whateleys wieder und wird Teil des Plans, der vielleicht die gesamte
Menschheit töten könnte.
Nach
„Die, Monster, Die“ (1965) folgte fünf Jahre später die nächste
H. P. Lovecraft Verfilmung durch die American International Pictures
(AIP). Regie führte erneut Daniel Haller, verfilmt wurde die
Lovecraft Geschichte „The Dunwich Horror“, eine nur schwer zu
verfilmende Geschichte. Lovecraft typisch generiert der Horror sich
hier aus dem Ungreifbaren und Unbegreiflichen, dem Schrecken der
unserem Intellekt entwischen kann und dem unsichtbaren Grauen.
Trotzdem hat man sich dazu entschlossen den Stoff relativ direkt ins
filmische Medium zu transferieren. Einiges in der Handlung wurde
dazu etwas umgestellt und mit Sandra Dee wurde das obligatorische,
hübsche Love Interest für Wilbur gecastet. In diesem Zuge wurde
auch Wilbur, hier gespielt von Dean Stockwell – bekannt aus „Dune
- Der Wüstenplanet“ (1984) – etwas aufgehübscht und wird nicht
als die entstellte Kreatur aus dem Buch dargestellt. Um noch etwas
mehr exploitative Sequenzen zu bekommen wurde den dunklen Ritualen
des Yog-Sothoths noch ein wenig prickelnde Sexualität beigefügt.
Abgesehen davon handelt es sich aber an eine überraschend
aufrichtige Adaption der Geschichte.
Insgesamt
erscheint mir der Film zwar atmosphärisch und handwerklich solide
gemacht, letztlich strauchelt der Film trotzdem auf Grund seines zu
gemächlichen Tempos. Somit wirken einige Szenen deutlich langweilig.
Trotzdem hat der Film noch genügend interessante Momente um dennoch
zu gefallen. Darstellerisch stechen vor allem zwei altbekannte
Schauspieler heraus. Zum einen wäre da Oscarpreisträger Ed Begley
(Süßer Vogel Jugend, 1962). Begley ist zwar leide viel zu wenig zu
sehen, kann hier aber glaubhaft als starker Widersacher des Bösen in
Erscheinung treten. Ein weiterer Höhepunkt ist Sam Jaffe (Aufstand
in Sidi Hakim, 1939), der eine perfekte Wahl für den alten Whateley
war. Jaffe begann seine Karriere am jüdischen Theater und startete
dann vielversprechend in Hollywood durch, wo ihn seine
Bekanntschaften zu Kommunist*innen zur Zeit des großen
amerikanischen Antikommunismus, dazu führten, dass er auf den schwarzen
Listen der Hollywood Studios stand. Nur so kam es dazu, dass er
gezwungenermaßen auch solche Genrearbeiten wie diese hier machen
musste. Jedenfalls macht er, auch wenn es sicherlich keine Traumrolle
für ihn war, seinen Job sehr gut.
Ein
weiteres Lob hat die musikalische Untermalung von Les Baxter (Wild at
Heart - Die Geschichte von Sailor und Lula, 1990) verdient. Der
Soundtrack wird von klassischen Stücken getragen, diese verwandeln
sich aber je nach Situation auch in fröhlichere Klänge, erzeugen
durch dissonante Töne für mehr Spannung oder eskalieren zu
sperrigen Free-Jazz Fragmenten, die wiederum den gezeigten kosmischen
Horror perfekt einfangen und dem Film ein sehr psychedelisches
Feeling verleihen. Die Ausstattung macht auch einen überzeugenden
Eindruck und wird von Regisseur Haller, der es im Übrigen sehr viel
besser versteht seine Sets zu inszenieren als seine Darsteller*innen,
teils sehr verspielt eingefangen. Diese Spielereien ergeben
vielleicht erzählerischen nicht zu viel Sinn, erwecken den Film
dafür etwas mehr zum Leben. Etwas, was die zu trockene Geschichte
durchaus gebrauchen kann.
„Voodoo
Child“, wie der Film hierzulande genannt wird, seitdem er hier
erstmals 1987 auf VHS erschien – eine Kinoauswertung des Films hat
hier nie stattgefunden – ist ein etwas langsamer und nicht immer
wirklich einfach zu schauender Film. Dafür ist der Streifen
letztendlich etwas zu blutleer, sowohl im übertragenen Sinne, als
auch im Bezug auf die Gewaltdarstellung. Handwerklich ist es eine
solide Geschichte, die aber darunter leidet, weder die Vorlage packend
umsetzen zu können, noch eigene spannende Akzente zu setzen. Dennoch
geht vom Dunwich Horror eine gewisse Faszination aus, die ihn
zumindest für Freunde des okkulten Films zu einem unbedingt Tipp
werden lässt.
„The
Dunwich Horror“ ist dank Wicked Vision nun erstmals deutschsprachig
auf DVD und Blu-ray erhältlich. Beides bekommt ihr hier zusammen in
einem gewohnt schön aufgemachten Mediabook. Ton und Bild sind
ziemlich gut geraten, vor allem aus dem Bild konnte in einigen Szenen
noch bemerkenswert viel herausgeholt werden. Die Extras umfassen zwei
Audiokommentare – einer mit Dr. Rolf Giesen und Dr. Gerd Neumann
und einer mit Jörg Kopetz vom Wicked-Vision Magazin – sowie den
Film in der VHS-Version, der deutschen Titelsequenz der „Voodoo
Child“ VHS, der zum Film gehörenden „Trailers From Hell“
Episode, Originaltrailer und eine Bildergalerie. Natürlich liegt dem
Mediabook noch ein 24-seitiges Booklet bei mit Texten von Dr. Rolf
Giesen und Uwe Sommerlad. Aber das ist immer noch nicht alles. Des Weiteren wurde exklusiv für diese Veröffentlichung in
Zusammenarbeit mit den Lovecraft Expert*innen vom Festa Verlag eine
inszenierte Hörbuchfassung des Dunwich Horrors produziert. Wie von
den anderen Lovecraft Veröffentlichung von Festa gewohnt, handelt es
sich hierbei um eine Version, die mit einem ausführlichen Vorwort
beginnt, das viele Querverweise und Anmerkungen zum Subtext näher
erklärt. Schon allein wegen dieses, packend von Sascha Rotermund
gelesenen, Hörbuchs für Lovecraft Fans ein muss.
7
von 10 Schlangenklumpe