Junges
Blut für Dracula (1970) [Wicked Vision]
In
Los Angeles führen ein paar Freunde eine Séance durch. Die Leitung
übernimmt der charismatische Graf Yorga (Robert Quarry). Er ruft den
Geist der verstorbenen Mutter von Donna (Donna Anders) an, kann sie
im Totenreich allerdings nicht erreichen. Nicht weiter verwunderlich,
denn es war der bulgarische Graf, mit dem stechenden Blick, der
betörenden Ausstrahlung, der blassen Haut, dem schicken Cape und dem
unauffälligen Blutrubin um den Hals, der Donnas Mutter durch einen
Biss in den Hals zu einem Vampir werden lies. Noch ahnt aber weder
Donna noch ihre Freunde, dass ihnen schon bald nicht nur der Graf und
die totgeglaubte Mutti die Beißerchen zeigen werden.
Nach
einem etwas unfreiwillig komischen und Pathos beladenen Intro beginnt
die Handlung des Films mit einer drollig inszenierten Séance. Weder
sticht eine*r der Schauspielenden durch überaus gutes oder
schlechtes Acting heraus, noch wirkt die Szene sonst irgendwie
technisch oder durch ihre Ausstattung besonders. Das Gesehene ist
aber absichtlich komisch und setzt somit eine eher alberne Stimmung,
die nur durch Robert Quarrys bierernste Darstellung des Grafen
geerdet wird. Quarry, der Trashfans vielleicht als die Stimme des
lüsternen Werwolfs aus Fred Olen Rays „Evil Toons - Flotte Teensim Geisterhaus“ (1992) bekannt ist, mimt hier nämlich einen sehr
anachronistischen Grafen Dracula, der vermutlich nur aus Copyright
Gründen in der US Originalfassung als Count Yorga auftritt. Ebenso
wenig wie ein klassischer Dracula, ganz nach Hammers Christopher Lee
Rolle modelliert, in das Los Angeles des Jahres 1970 passt, so passt
auch Quarrys Interpretation des Grafen nicht in einen Film aus der
Zeit. Er wirkt altbackener als Christopher Lee in „Horror of
Dracula“ (1958) und orientiert sich dabei mehrmals bei eben diesem
Hammer Studios Film. Auch „Dracula und seine Bräute“ (1960)
scheint hier ein Einfluss gewesen sein. Das Ergebnis wirkt aber
oftmals wie ein sehr einfacher Abklatsch, wobei man Regisseur und
Autor Bob Kelljan (Starsky und Hutch) lassen muss noch vor Hammer
Dracula in die Gegenwart gebracht zu haben. Trotzdem, auch wenn
„Dracula jagt Minimädchen“ (1972) einer der schlechteren Hammer
Filme ist, so schafft er es doch um Längen besser, den Grafen in
unsere Zeit zu hieven als „Junges Blut für Dracula“.
Die
Séance ist also im vollen Gange und die Darsteller*innen blödeln
herum und geben sowohl im O-Ton als auch der soliden deutschen
Synchro einige dolle Schoten von sich. Plötzlich wendet sich das
Blatt. Donna, gespielt von Donna Anders – bekannt aus „Werewolves on Wheels“ (1971) – beginnt wie am Spieß zu schreien. Der
versuchte Kontakt zur toten Mutti war wohl zu viel oder hat der fiese
Graf schon seine hypnotischen Kräfte an ihr probiert? In jedem Fall
war es das ab diesem Zeitpunkt mit der feuchtfröhlichen B-Movie
Stimmung. Stattdessen beginnt dieses Werk sich selbst schrecklich
ernst zu nehmen, was vielleicht besser ist, als völlig im Klamauk zu
versumpfen, aber bei Dingen, wie dem wirklich schlechten Vampir
Make-Up, den künstlichen Zähnen von Yorgas buckligen Diener oder
einer extrem verpeilten Dialogszene, die jeden Satz zu einem völlig
anderen Ort wechselt, sind schwer ernst zu nehmen. Genauso wenn unsere beiden Vampirjägeranwärter den Tag verschlafen und deshalb die
Chance verpassen, den Grafen im Schlaf zu pfählen. Zum Pfählen dient
im Übrigen ein Stück Holz eines rundlich geformten 70er Jahre
Stuhls. Es wäre also genug Material für humoristische Einlagen
vorhanden, stattdessen klammert man sich an einer ernsten Erzählweise
fest, ohne zu verstehen, dass hier nur wenig zum ernst nehmen
vorhanden ist. Wartet nur auf die „VW Bus steckt im magischen
Matsch fest“ Szene, dann wisst ihr was ich meine.
Auch
ansonsten leidet der Film unter seiner inhaltlich nicht durchdachten
Ausrichtung. Der Film ist fast gänzlich frei von Grusel, selbst der
Graf darf nicht mal einen richtigen finalen Kampf führen und auch
ansonsten bleiben nicht nur Yorgas Opfer blutleer. Um dann aber
wieder zu schocken greift eine der Vampirinnen sich eine kleines
Kätzchen und verputzt es. Während also der Antagonist nur ganz brav
sinnlich beißen darf, nutzt man hier (simulierte) Gewalt an Tieren
um doch noch ein wenig zu schocken. Scheinbar fehlt aber auch genau
die Szene in manchen Schnittfassungen des Films. Genauso uneinig war
man sich scheinbar wie weit Sexualität und Erotik genutzt werden
sollte um den Film zu vermarkten. Der Film selbst versucht stark
erotische Reize einzubauen, traut sich dann aber doch nicht, Nacktheit
zu zeigen, vermutlich um damals die jüngeren Kinogänger*innen nicht
als Zielgruppe zu verlieren. Hingegen war Sex der zentrale
Werbefaktor für die deutsche Veröffentlichung. Hier saugt der Graf
nämlich „junges Blut“ und die Poster werben mit reizenden und
meist nackten Vampirdamen. Und das während der Film es sich nicht
mal traut, einen lesbischen Vampirkuss – stark in Anlehnung an Sheridan
Le Fanus „Carmilla“ – zu zeigen und lieber die Kamera noch
rechtzeitig wegdreht.
Bei
all dem stellt sich jetzt die Frage: Ist „Teufelsausrottung“,
mein persönlich liebster von vielen Alternativtiteln des Films, also
total schlecht? Meine Antwort darauf würde wohl „Ja!“ heißen,
allerdings ist der alte Vampir-Schinken vielleicht gerade wegen
seiner zerrissenen Art ein spannendes Stück Filmgeschichte. Ein Film, der zwischen verschiedenen Genregenerationen steht. Zwischen dem
klassischen Gothic-Horror Vampiren und den Sexploitation Vampiren der
Siebzigern, genauso wie zwischen dem alten konservativen Horror und
einer mutigeren, drasterischen Horrorwelle, angestoßen durch George
Romero. Abgesehen davon ist der Film aber auch einfach ziemlich
unterhaltsam. Ich fand zwar einiges sehr blöd, aber gelangweilt oder
geärgert habe ich mich dabei nur wenig.
„Junges
Blut für Dracula“ ist in einer auf 1.000 Stück limitierten
Stahlbox bei Wicked Vision zu bekommen. Das Bild der Blu-ray ist insgesamt gut, allgemein schwankt die Qualität jedoch stark. Der Ton
der deutschen Kinosynchro hat ein durchgehendes Rauschen, dass
allerdings nicht so laut ist, dass es wirklich stört. Der O-Ton ist
dafür sauber. Zwei weitere Tonspuren bieten des weiteren den
isolierten Score und einen Audiokommentar von Dr. Rolf Giesen
(diesmal ungewohnt launisch bei der Sache und wenig daran
interessiert über den Film zu sprechen) und Dr. Gerd Neumann. Als
Bonus bekommt ihr die einstündige Dokumentation „Shocking Cinema
Vol. 2“ (1991), die deutsche 35mm Kinofassung des Films, sowie
verschiedene Trailer und Bildergalerien zum Film. Unter anderem sogar das gesamte Drehbuch.
5,8
von 10 autofahrende Hunde