Sonntag, 10. Februar 2019

Junges Blut für Dracula (1970) [Wicked Vision]


Junges Blut für Dracula (1970) [Wicked Vision]

In Los Angeles führen ein paar Freunde eine Séance durch. Die Leitung übernimmt der charismatische Graf Yorga (Robert Quarry). Er ruft den Geist der verstorbenen Mutter von Donna (Donna Anders) an, kann sie im Totenreich allerdings nicht erreichen. Nicht weiter verwunderlich, denn es war der bulgarische Graf, mit dem stechenden Blick, der betörenden Ausstrahlung, der blassen Haut, dem schicken Cape und dem unauffälligen Blutrubin um den Hals, der Donnas Mutter durch einen Biss in den Hals zu einem Vampir werden lies. Noch ahnt aber weder Donna noch ihre Freunde, dass ihnen schon bald nicht nur der Graf und die totgeglaubte Mutti die Beißerchen zeigen werden.

Nach einem etwas unfreiwillig komischen und Pathos beladenen Intro beginnt die Handlung des Films mit einer drollig inszenierten Séance. Weder sticht eine*r der Schauspielenden durch überaus gutes oder schlechtes Acting heraus, noch wirkt die Szene sonst irgendwie technisch oder durch ihre Ausstattung besonders. Das Gesehene ist aber absichtlich komisch und setzt somit eine eher alberne Stimmung, die nur durch Robert Quarrys bierernste Darstellung des Grafen geerdet wird. Quarry, der Trashfans vielleicht als die Stimme des lüsternen Werwolfs aus Fred Olen Rays „Evil Toons - Flotte Teensim Geisterhaus“ (1992) bekannt ist, mimt hier nämlich einen sehr anachronistischen Grafen Dracula, der vermutlich nur aus Copyright Gründen in der US Originalfassung als Count Yorga auftritt. Ebenso wenig wie ein klassischer Dracula, ganz nach Hammers Christopher Lee Rolle modelliert, in das Los Angeles des Jahres 1970 passt, so passt auch Quarrys Interpretation des Grafen nicht in einen Film aus der Zeit. Er wirkt altbackener als Christopher Lee in „Horror of Dracula“ (1958) und orientiert sich dabei mehrmals bei eben diesem Hammer Studios Film. Auch „Dracula und seine Bräute“ (1960) scheint hier ein Einfluss gewesen sein. Das Ergebnis wirkt aber oftmals wie ein sehr einfacher Abklatsch, wobei man Regisseur und Autor Bob Kelljan (Starsky und Hutch) lassen muss noch vor Hammer Dracula in die Gegenwart gebracht zu haben. Trotzdem, auch wenn „Dracula jagt Minimädchen“ (1972) einer der schlechteren Hammer Filme ist, so schafft er es doch um Längen besser, den Grafen in unsere Zeit zu hieven als „Junges Blut für Dracula“.

Die Séance ist also im vollen Gange und die Darsteller*innen blödeln herum und geben sowohl im O-Ton als auch der soliden deutschen Synchro einige dolle Schoten von sich. Plötzlich wendet sich das Blatt. Donna, gespielt von Donna Anders – bekannt aus „Werewolves on Wheels“ (1971) – beginnt wie am Spieß zu schreien. Der versuchte Kontakt zur toten Mutti war wohl zu viel oder hat der fiese Graf schon seine hypnotischen Kräfte an ihr probiert? In jedem Fall war es das ab diesem Zeitpunkt mit der feuchtfröhlichen B-Movie Stimmung. Stattdessen beginnt dieses Werk sich selbst schrecklich ernst zu nehmen, was vielleicht besser ist, als völlig im Klamauk zu versumpfen, aber bei Dingen, wie dem wirklich schlechten Vampir Make-Up, den künstlichen Zähnen von Yorgas buckligen Diener oder einer extrem verpeilten Dialogszene, die jeden Satz zu einem völlig anderen Ort wechselt, sind schwer ernst zu nehmen. Genauso wenn unsere beiden Vampirjägeranwärter den Tag verschlafen und deshalb die Chance verpassen, den Grafen im Schlaf zu pfählen. Zum Pfählen dient im Übrigen ein Stück Holz eines rundlich geformten 70er Jahre Stuhls. Es wäre also genug Material für humoristische Einlagen vorhanden, stattdessen klammert man sich an einer ernsten Erzählweise fest, ohne zu verstehen, dass hier nur wenig zum ernst nehmen vorhanden ist. Wartet nur auf die „VW Bus steckt im magischen Matsch fest“ Szene, dann wisst ihr was ich meine.

Auch ansonsten leidet der Film unter seiner inhaltlich nicht durchdachten Ausrichtung. Der Film ist fast gänzlich frei von Grusel, selbst der Graf darf nicht mal einen richtigen finalen Kampf führen und auch ansonsten bleiben nicht nur Yorgas Opfer blutleer. Um dann aber wieder zu schocken greift eine der Vampirinnen sich eine kleines Kätzchen und verputzt es. Während also der Antagonist nur ganz brav sinnlich beißen darf, nutzt man hier (simulierte) Gewalt an Tieren um doch noch ein wenig zu schocken. Scheinbar fehlt aber auch genau die Szene in manchen Schnittfassungen des Films. Genauso uneinig war man sich scheinbar wie weit Sexualität und Erotik genutzt werden sollte um den Film zu vermarkten. Der Film selbst versucht stark erotische Reize einzubauen, traut sich dann aber doch nicht, Nacktheit zu zeigen, vermutlich um damals die jüngeren Kinogänger*innen nicht als Zielgruppe zu verlieren. Hingegen war Sex der zentrale Werbefaktor für die deutsche Veröffentlichung. Hier saugt der Graf nämlich „junges Blut“ und die Poster werben mit reizenden und meist nackten Vampirdamen. Und das während der Film es sich nicht mal traut, einen lesbischen Vampirkuss  stark in Anlehnung an Sheridan Le Fanus „Carmilla“  zu zeigen und lieber die Kamera noch rechtzeitig wegdreht.

Bei all dem stellt sich jetzt die Frage: Ist „Teufelsausrottung“, mein persönlich liebster von vielen Alternativtiteln des Films, also total schlecht? Meine Antwort darauf würde wohl „Ja!“ heißen, allerdings ist der alte Vampir-Schinken vielleicht gerade wegen seiner zerrissenen Art ein spannendes Stück Filmgeschichte. Ein Film, der zwischen verschiedenen Genregenerationen steht. Zwischen dem klassischen Gothic-Horror Vampiren und den Sexploitation Vampiren der Siebzigern, genauso wie zwischen dem alten konservativen Horror und einer mutigeren, drasterischen Horrorwelle, angestoßen durch George Romero. Abgesehen davon ist der Film aber auch einfach ziemlich unterhaltsam. Ich fand zwar einiges sehr blöd, aber gelangweilt oder geärgert habe ich mich dabei nur wenig.

Junges Blut für Dracula“ ist in einer auf 1.000 Stück limitierten Stahlbox bei Wicked Vision zu bekommen. Das Bild der Blu-ray ist insgesamt gut, allgemein schwankt die Qualität jedoch stark. Der Ton der deutschen Kinosynchro hat ein durchgehendes Rauschen, dass allerdings nicht so laut ist, dass es wirklich stört. Der O-Ton ist dafür sauber. Zwei weitere Tonspuren bieten des weiteren den isolierten Score und einen Audiokommentar von Dr. Rolf Giesen (diesmal ungewohnt launisch bei der Sache und wenig daran interessiert über den Film zu sprechen) und Dr. Gerd Neumann. Als Bonus bekommt ihr die einstündige Dokumentation „Shocking Cinema Vol. 2“ (1991), die deutsche 35mm Kinofassung des Films, sowie verschiedene Trailer und Bildergalerien zum Film. Unter anderem sogar das gesamte Drehbuch.

5,8 von 10 autofahrende Hunde