Castle Freak (1995) [Wicked Vision]
John Reilly (Jeffrey Combs), amerikanischer Trinker und Familienvater hat geerbt. Und zwar richtig gut. Unter seiner zittrigen Fuchtel steht nun eine Burg in Italien. Die soll auch zugleich mit seiner Frau Susan (Barbara Crampton) und der gemeinsamen Tochter Rebecca (Jessica Dollarhide), die im übrigen blind ist, erkundet werden. Die Stimmung ist aber von Anfang an sehr gedrückt, da John eine große Schuld trägt. Eines Tages fuhr er nämlich mal wieder mit dem Auto obwohl er besoffen war. Dabei verursachte er einen Unfall, bei dem nicht nur sein kleiner Sohn ums Leben kam, sondern auch Rebecca erblindete. Findet seine Frau natürlich nicht so toll und auch wenn’s jetzt schon ein wenig her ist, schmiert sie ihm das immer noch aufs Brot.
Schon in der ersten burgischen Nacht hört Rebecca komische Geräusche, gesehen hat sie aber nichts. Dafür behauptet sie nun es gäbe ein fieses Monster in den tiefen Kerkern der Burg. Die Polizei glaubt allerdings nicht an einen Eindringling. Dafür glauben sie bald etwas ganz andres. Betrunken schleppt John eine Prostituierte in den Keller seines Anwesens und vernascht sie dort auch. Danach verschwindet sie blöderweise und wie der Zufall es will, hat der örtliche Bulle ein Kind mit der Prostituierten und ist nicht gerade darüber erfreut zu hören, dass John der letzte war, der sie lebend gesehen hat. Na ob es wohl einen Castle Freak gibt, der für Geräusche und die angeknabberte Prostituierte zuständig ist?
Gemeinsam mit dem Full Moon Produktionsteam von Charles Band machte sich Stuart Gordon auf nach Italien, wo ihm eine alte Burg aus dem 12. Jahrhundert als stimmungsvoller Drehort diente. Die Burg diente Full Moon mehrmals als Drehort, da sie praktischerweise in Charles Bands besitz war. Wie auch schon vorher bei “From Beyond” oder “Re-Animator”, diente Stuart Gordon auch hier eine Kurzgeschichte von H.P. Lovecraft (Der Außenseiter) als Vorlage. Aber auch dieses mal hält er sich nur sehr am Rande an die Vorlage und füllt den Rest mit grafischer Gewalt und nackten Tatsachen aus. Man weiß ja was das Publikum will. Trotzdem macht der Film keinen zu exploitativen Eindruck und der Inhalt ist weniger campy als man vom Cover her denken würde. Weder Nacktheit noch Gewalt sind hier Grund zu Freude und Erheiterung. Im Gegenteil: Beides ist düster und bedrückend gefilmt und hat wenig gemeint mit anderen B-Movies der Full Moon.
In Stuart Gordons Filmographie finden sich einige starke Werke wieder. Darunter schafft "Castle Freak" es für mich nicht in einen der obersten Ränge. Dennoch ist der Film für Genrefans sicherlich eine Sichtung wert. Vor allem das familiäre Drama wird glaubhaft dargestellt. In Erinnerung bleibt der Film wohl am ehesten wegen des wirklich guten Ganzkörper-Make-Ups und die zügellose Darstellung des Freaks durch Johnathan Fuller (Meister des Grauens). Fuller musste nicht nur jeden Tag sechs Stunden Schminkzeit über sich ergehen lassen, sondern hängt sich im Film sehr glaubhaft und schockierend authentisch in seine schaurige Rolle.
Aber auch der Drehort wurde schön in Szene gesetzt und insgesamt macht Gordon schon ein paar hübsche Sachen mit dem kleinen Full Moon Budget. Bei der musikalischen Untermalung konnte man sich erneut auf Richard Band (Troll) verlassen. Solide Musiken, vielleicht nicht die stimmungsvollsten Kompositionen die man je von ihm gehört hat, aber dafür aufreibende unmelodiöse Stücke, die durchaus ihren Effekt entfalten. In der Hauptrolle ist Jeffrey Combs (Haunted Hill) mit von der Partie, der ja unter der Leitung von Gordon schon diverse mal gute Leistungen erbracht hat, was hier nicht anders ist. An seiner Seite steht Barbara Crampton (Robot Wars), die ja auch keine neue im Full Moon / Gordon Umfeld war. Der restliche Cast besteht beinahe nur aus ortsansässigen italienischen Darstellern, allesamt meist okay, positiv tut sich da allerdings niemand hervor.
Schaubarer Schloss Schocker, der aber nicht an die besseren Werke Gordons herankommt. Wer die schon gesehen hat, wird "Castle Freak" einfach nachlegen können und schon einen interessanten Abend damit haben. Vor allem das Finale fand ich recht packend, bis dahin hat die Geschichte leider auch ein paar schwächelnde Momente.
Die Blu-ray von Wicked Vision kommt als hübsch anzusehendes Mediabook mit guter Bild und Ton Qualität. Das Bild und Ton stellen noch mal eine kleine Verbesserung zur cmv Disc dar. Als Bonus liegen der Veröffentlichung ebenfalls wie in der cmv Veröffentlichung, die dazugehörige Videozone, der Originaltrailer und eine Umfangreiche Bildergalerie bei. Gleichzeitig verfügt der Wicked Vision Release sogar ein paar neue Extras. Da wäre ein Vorwort von Charles Band, ein Audiokommentar mit Dr. Gerd Naumann, Matthias Künnecke und Christopher Klaese, Stuart Gordon über "Castle Freak" und ein Interview mit Stuart Gordon, Jeffrey Combs und Barbara Crampton, geführt von William Shatner. Mein Highlight ist jedoch der Kurzfilm "The Evil Clergyman" aus dem Anthologienprojekt "Pulse Pounders". Der Film war viele Jahre verschollen und ist erst 2013, wenn auch nur in VHS Qualität, wieder aufgetaucht. Ich fand es sehr spannend eine meiner Full Moon Wissenslücken füllen zu können und den Kurzfilm endlich zu sehen. Kleine, aber packende Geschichte mit ein paar ganz coolen Effekten und einem ekligen Monster. Dazu bekommt ihr noch ein kleines Video von der Premiere von "The Evil Clergyman". Außerdem bekommt ihr in der, auf 888 Stück limitierten Full
Moon Collection Nr. 3, ein 24-seitiges Booklet mit einem Vorwort von Stuart Gordon, einem Essay von Christoph N. Kellerbach und Informationen zum Soundtrack. Eben diesen Soundtrack bekommt ihr als letzten dicken Bonus noch als Extra-CD dazu. Also insgesamt ein sehr gutes Paket, das wirklich alle Fans des Films zufriedenstellen sollte.
7 von 10 Daumenfreaks