Montag, 4. Februar 2019

Frankensteins Kampf gegen die Teufelsmonster (1971) [Anolis]


Frankensteins Kampf gegen die Teufelsmonster (1971) [Anolis]

Neben Bedrohungen aus dem All, muss die Menschheit sich auch regelmäßig mit selbst gemachten Horror auseinandersetzen. So auch diesmal: Aus dem verdreckten, zugemüllten und öligen Meer steigt ein neues Monster empor. Es ernährt sich von unserer Umweltverschmutzung, nuckelt dabei schon mal gerne am Fabrikschlot und wird dabei immer größer. Die Menschheit gibt ihm den Namen Hedorah (Hydrox in der deutschen Fassung). Keine menschliche Waffe scheint der Kreatur schaden zu können. Was neues muss erfunden werden. Während also Dr. Toru Yano (Akira Yamauchi) sich um eine Erfindung kümmert, die Hedorah pulverisieren soll, stellt Godzilla sich todesmutig dem alles vergiftenden Monster in den Weg. Bald wird klar, nur wenn die Menschen und Godzilla zusammenarbeiten, können sie die (Umwelt-)Zerstörung aufhalten.

Gojira tai Hedora“ - oder wie der Filmtitel bei uns mal wieder clever mit „Frankensteins Kampf gegen die Teufelsmonster“ übersetzt wurde - ist ein einmaliger Godzilla Streifen. Unverdient schaffte er es in mehrere Worst Movies of all Time Listen und auch Toho waren von dem Ergebnis nicht allzu angetan. Schon vor Beginn der Dreharbeiten stand der Film unter keinem guten Stern. Spezieleffektregisseur Eiji Tsuburaya verstarb kurz zuvor im Urlaub an einem Herzinfarkt, Regisseur Ishirō Honda war zu dem Zeitpunkt nicht für einen Godzilla Film zu gewinnen, Godzilla Produzent Tomoyuki Tanaka war während der gesamten Dreharbeiten im Krankenhaus und keiner der großen Toho Schauspielstars wirkten am Film mit. So kam es, dass der junge Regisseur Yoshimitsu Banno die Chance auf seinen ersten Monsterfilm bekam.

Seine Vision war groß, trotz der widrigen Umstände, unter denen sein Kunstwerk entstehen sollte. Godzilla als Bildnis für die drohende atomare Zerstörung war ausgeschöpft und so wollte er mit Hedorah vor der Zerstörung der Umwelt warnen. Eine Botschaft die er wenig subtil an die Zuschauer*innen bringt. Selbst die naturverbundensten Baumkuschler*innen wie ich bekommen hier etwas zu viel. Vor allem wenn der Titelsong des Films, irgendwas zwischen Schlager und Beat Mukke, eine japanische Sängerin von den dreckigen Bergen, Tälern, Wiesen und Meeren singen lässt, was natürlich von eindrucksvollen Bildern bepackt mit Zivilisationsmüll untermalt wird, ist allen klar, auf welche Art Banno seine Botschaft an uns weitergeben möchte.

Dazu gesellen sich einige Edutainment Anteile in denen uns kleine Cartoon Szenen die Funktionsweise von Atomenergie erklären oder uns werden Fotos verschiedener Sonnensysteme und Galaxien gezeigt. Hat nur bedingt was mit Godzilla oder der Handlung des Films zu tun, aber wenigstens lernt ihr mal was! Auch sehr Gojira untypisch gestaltet sich der Soundtrack, der diesmal nicht aus den bekannten Melodien Akira Ifukubes besteht. Stattdessen ist es diesmal Komponist Riichirô Manabe, der mit poppigen Tönen, Beat Musik und psychedelischen Klängen die Szenerie untermalt. Das mag zwar passen wenn die Hippies in der Disco abhotten, aber zu Godzilla passt der „Monster March“ dann doch besser.

Dass die bekannten Darsteller*innen der Toho Studios fehlen, mag zwar schade sein, ist aber nicht weiter schlimm. Die Menschen spielen hier nur eine kleine Rolle und mehr als eine handvoll etablierter Charaktere gibt es hier eh nicht. Da ist es dann doch eher spannend, wie die Monster und ihre Zerstörungswut inszeniert werden. Ein weiteres Mal passt hier alles nicht so recht zusammen. Auf der einen Seite ist der Kampf zwischen Godzilla und Hedorah sehr humoresk. Vor allem wenn Godzilla seinen Atomstrahl als Raketenantrieb nutzt und so durch die Luft saust um Hedorah zu verfolgen. Hedorah, dessen Name sich übrigens vom japanischen Wort für Schlick, Schlamm „hedoro“ ableitet, kann sich nämlich spontan in ein UFO verwandeln und saust dann schnell davon. Auf der anderen Seite sehen wir wie Hedorah Menschen mit seinem Gift nicht nur tötet, sondern sie auch skelettiert und letztlich komplett auflöst. Dies birgt erstens starke visuelle Referenzen an die Menschen in Hiroshima, deren Schatten durch die Atombombe in den Häuserwänden verewigt wurden und zum Anderem ist die Darstellung für damals sehr explizit und erinnert an frühe Splatterfilme. Manchmal, zum Beispiel wenn Hedorah über die Gymnastikklasse von Toshie Kimura fliegt, werden die Mädchen nur kurz vergiftet, husten ein einige Male und dann ist auch wieder gut. Vieles spricht also dafür, dass der Film vor allem Kinder ansprechen sollen. Anderes ist aber sehr brutal. Godzilla reißt Hedorah unter anderem sogar mehrmals die Augen aus dem Schädel und lasert sie.

Insgesamt also eine sehr durchwachsene Geschichte, was auch Produzent Tomoyuki Tanaka ähnlich sah als er aus dem Krankenhaus kam und den Film, zu spät, erstmals sah. Vor allem der fliegende Godzilla war ein Ärgernis für ihn und so blieb Yoshimitsu Bannos zweite Regiearbeit auch die letzte seines Lebens. Bei Toho weiterarbeiten durfte er danach aber dennoch. Die Spezialeffekte stammen von Teruyoshi Nakano, der unter dem bisherigen Spezialeffektregisseurs Tsuburaya gelernt hatte. Sein Godzilla Kostüm ist für mich eines der schönsten der 70er Jahre. Es war zwar erst sein zweiter Film mit leitender Rolle, kurz zuvor machte er schon die Effekte für „Kaijû daifunsen: Daigorou tai Goriasu“ (1971), aber insgesamt macht er seinen Job ziemlich gut. Leider gibt es auch nicht sonderlich viel urbane Zerstörung zu begutachten und auch Hedorahs Kostüm nicht in allen seinen evolutionären Stadien glaubhaft, von schlechten FX kann hier aber nicht gesprochen werden.

Am Ende ist „Gojira tai Hedora“ eines der ambitioniertesten Godzilla Projekte, das in vielen Punkten aber gescheitert ist. Für mich persönlich war die erneute Sichtung aber ein Fest, auch wenn die Kindheitserinnerungen besseres versprachen. Vor allem aber bewundere ich wie spürbar die Ambitionen Bannos in jeder Szene durchscheinen können. Hier liegt die Qualität des Films. Viele spätere Godzilla Filme sollten noch beweisen, dass auch ein gut gemachter, aber uninspirierter Godzilla Film, auch wenn er alle Fanwünsche erfüllt, weniger unterhaltender ist als ein schlechterer Monsterklopper, der eine Vision verfolgt.

Das Bild der Anolis Blu-ray ist fast durchweg gut restauriert. Ein paar Szenen sind etwas körniger geraten, stören aber nicht weiter den Genuss des Films. Bonusmaterial ist leider nicht vorhanden, dafür ist aber auch die japanische Tonspur mit deutschen Untertiteln. Ebenso enthalten ist der japanische Trailer. Dieser vefügt ebenfalls über deutsche Untertitel. Ein Wendecover darf dabei natürlich nicht fehlen.

6 von 10 versteinerte Kaulquappen