Frankensteins Kampf gegen die
Teufelsmonster (1971) [Anolis]
Neben
Bedrohungen aus dem All, muss die Menschheit sich auch regelmäßig
mit selbst gemachten Horror auseinandersetzen. So auch diesmal: Aus
dem verdreckten, zugemüllten und öligen Meer steigt ein neues
Monster empor. Es ernährt sich von unserer Umweltverschmutzung,
nuckelt dabei schon mal gerne am Fabrikschlot und wird dabei immer
größer. Die Menschheit gibt ihm den Namen Hedorah (Hydrox in der
deutschen Fassung). Keine menschliche Waffe scheint der Kreatur
schaden zu können. Was neues muss erfunden werden. Während also Dr.
Toru Yano (Akira Yamauchi) sich um eine Erfindung kümmert, die
Hedorah pulverisieren soll, stellt Godzilla sich todesmutig dem alles vergiftenden Monster in den Weg. Bald wird klar, nur wenn die
Menschen und Godzilla zusammenarbeiten, können sie die
(Umwelt-)Zerstörung aufhalten.
„Gojira
tai Hedora“ - oder wie der Filmtitel bei uns mal wieder clever mit
„Frankensteins Kampf gegen die Teufelsmonster“ übersetzt wurde - ist ein einmaliger Godzilla Streifen. Unverdient schaffte er es in
mehrere Worst Movies of all Time Listen und auch Toho waren von dem
Ergebnis nicht allzu angetan. Schon vor Beginn der Dreharbeiten stand
der Film unter keinem guten Stern. Spezieleffektregisseur Eiji
Tsuburaya verstarb kurz zuvor im Urlaub an einem Herzinfarkt,
Regisseur Ishirō Honda war zu dem Zeitpunkt nicht für einen
Godzilla Film zu gewinnen, Godzilla Produzent Tomoyuki Tanaka war
während der gesamten Dreharbeiten im Krankenhaus und keiner der
großen Toho Schauspielstars wirkten am Film mit. So kam es, dass der
junge Regisseur Yoshimitsu Banno die Chance auf seinen ersten
Monsterfilm bekam.
Seine
Vision war groß, trotz der widrigen Umstände, unter denen sein
Kunstwerk entstehen sollte. Godzilla als Bildnis für die drohende
atomare Zerstörung war ausgeschöpft und so wollte er mit Hedorah
vor der Zerstörung der Umwelt warnen. Eine Botschaft die er wenig
subtil an die Zuschauer*innen bringt. Selbst die naturverbundensten
Baumkuschler*innen wie ich bekommen hier etwas zu viel. Vor allem wenn der
Titelsong des Films, irgendwas zwischen Schlager und Beat Mukke, eine
japanische Sängerin von den dreckigen Bergen, Tälern, Wiesen und
Meeren singen lässt, was natürlich von eindrucksvollen Bildern
bepackt mit Zivilisationsmüll untermalt wird, ist allen klar, auf
welche Art Banno seine Botschaft an uns weitergeben möchte.
Dazu
gesellen sich einige Edutainment Anteile in denen uns kleine Cartoon
Szenen die Funktionsweise von Atomenergie erklären oder uns werden
Fotos verschiedener Sonnensysteme und Galaxien gezeigt. Hat nur
bedingt was mit Godzilla oder der Handlung des Films zu tun, aber
wenigstens lernt ihr mal was! Auch sehr Gojira untypisch gestaltet
sich der Soundtrack, der diesmal nicht aus den bekannten Melodien
Akira Ifukubes besteht. Stattdessen ist es diesmal Komponist Riichirô
Manabe, der mit poppigen Tönen, Beat Musik und psychedelischen
Klängen die Szenerie untermalt. Das mag zwar passen wenn die Hippies
in der Disco abhotten, aber zu Godzilla passt der „Monster March“
dann doch besser.
Dass die bekannten Darsteller*innen der Toho Studios fehlen, mag zwar
schade sein, ist aber nicht weiter schlimm. Die Menschen spielen hier
nur eine kleine Rolle und mehr als eine handvoll etablierter
Charaktere gibt es hier eh nicht. Da ist es dann doch eher spannend, wie die Monster und ihre Zerstörungswut inszeniert werden. Ein
weiteres Mal passt hier alles nicht so recht zusammen. Auf der einen
Seite ist der Kampf zwischen Godzilla und Hedorah sehr humoresk. Vor
allem wenn Godzilla seinen Atomstrahl als Raketenantrieb nutzt und so
durch die Luft saust um Hedorah zu verfolgen. Hedorah, dessen Name
sich übrigens vom japanischen Wort für Schlick, Schlamm „hedoro“
ableitet, kann sich nämlich spontan in ein UFO verwandeln und saust
dann schnell davon. Auf der anderen Seite sehen wir wie Hedorah
Menschen mit seinem Gift nicht nur tötet, sondern sie auch
skelettiert und letztlich komplett auflöst. Dies birgt erstens
starke visuelle Referenzen an die Menschen in Hiroshima, deren
Schatten durch die Atombombe in den Häuserwänden verewigt wurden
und zum Anderem ist die Darstellung für damals sehr explizit und
erinnert an frühe Splatterfilme. Manchmal, zum Beispiel wenn Hedorah
über die Gymnastikklasse von Toshie Kimura fliegt, werden die
Mädchen nur kurz vergiftet, husten ein einige Male und dann ist auch
wieder gut. Vieles spricht also dafür, dass der Film vor allem
Kinder ansprechen sollen. Anderes ist aber sehr brutal. Godzilla
reißt Hedorah unter anderem sogar mehrmals die Augen aus dem Schädel
und lasert sie.
Insgesamt
also eine sehr durchwachsene Geschichte, was auch Produzent Tomoyuki
Tanaka ähnlich sah als er aus dem Krankenhaus kam und den Film, zu
spät, erstmals sah. Vor allem der fliegende Godzilla war ein
Ärgernis für ihn und so blieb Yoshimitsu Bannos zweite Regiearbeit
auch die letzte seines Lebens. Bei Toho weiterarbeiten durfte er
danach aber dennoch. Die Spezialeffekte stammen von Teruyoshi Nakano,
der unter dem bisherigen Spezialeffektregisseurs Tsuburaya gelernt
hatte. Sein Godzilla Kostüm ist für mich eines der schönsten der
70er Jahre. Es war zwar erst sein zweiter Film mit leitender Rolle,
kurz zuvor machte er schon die Effekte für „Kaijû daifunsen:
Daigorou tai Goriasu“ (1971), aber insgesamt macht er seinen Job
ziemlich gut. Leider gibt es auch nicht sonderlich viel urbane
Zerstörung zu begutachten und auch Hedorahs Kostüm nicht in allen
seinen evolutionären Stadien glaubhaft, von schlechten FX kann hier
aber nicht gesprochen werden.
Am
Ende ist „Gojira tai Hedora“ eines der ambitioniertesten Godzilla
Projekte, das in vielen Punkten aber gescheitert ist. Für mich
persönlich war die erneute Sichtung aber ein Fest, auch wenn die
Kindheitserinnerungen besseres versprachen. Vor allem aber bewundere
ich wie spürbar die Ambitionen Bannos in jeder Szene durchscheinen
können. Hier liegt die Qualität des Films. Viele spätere Godzilla
Filme sollten noch beweisen, dass auch ein gut gemachter, aber
uninspirierter Godzilla Film, auch wenn er alle Fanwünsche erfüllt,
weniger unterhaltender ist als ein schlechterer Monsterklopper, der
eine Vision verfolgt.
Das
Bild der Anolis Blu-ray ist fast durchweg gut restauriert. Ein paar
Szenen sind etwas körniger geraten, stören aber nicht weiter den
Genuss des Films. Bonusmaterial ist leider nicht vorhanden, dafür
ist aber auch die japanische Tonspur mit deutschen Untertiteln. Ebenso enthalten ist der japanische Trailer. Dieser vefügt ebenfalls über deutsche Untertitel. Ein Wendecover darf dabei natürlich nicht fehlen.
6
von 10 versteinerte Kaulquappen