The Garden of Words (2013) [Kazé]
Immer wenn der Regen es schafft Tokyos Häuserschluchten zu erobern und den ganzen Schmutz der Großstadt in die Gullis fließen lässt, schwänzt der 15-jährige Schüler Takao (Miyu Irino / Ricardo Richter) die erste Schulstunde und verbringt die freigemachte Zeit im Schutze eines idyllisch gelegenen Pavillons des Stadtparks. Eines Tages ist er dabei aber nicht allein. Eines Tages sitzt nicht nur er, sondern auch eine Frau mit ihm unter dem Dach des Pavillons. Auch sie scheint es nicht eilig zu haben zur Arbeit zu kommen. Stattdessen trinkt sie Bier und knabbert dabei an Schokolade. Zuerst belächelt sie den 12 Jahre jüngeren Teenager, aber nach ein paar Treffen beginnen die beiden sich nach dem morgendlichen Regenschauern zu sehnen um sich wiedersehen zu können. Takao erzählt ihr von seinem Wunsch irgendwann Schuhmacher zu werden und Yukino (Kana Hanazawa / Rubina Nath) hört ihm einfach nur zu. Doch dann kommt der Sommer und mit der Regenzeit ist es auch mit ihren Treffen fürs erste vorbei…
Spätestens nach seinem Langfilm Debüt “Kumo no mukô, yakusoku no basho” im Jahre 2004 ist Makoto Shinkai wahrlich kein Geheimtipp mehr unter Anime Fans. Seitdem hat der Anime Autor und Regisseur einige bei Fans und Kritikern gleichermaßen gefeierten Filme wie “Byôsoku 5 senchimêtoru” oder “Hoshi o ou kodomo” abgeliefert. Klar, dass da auch sein neuestes Werk “Koto no ha no niwa” oder “The Garden of Words” wie der internationale Titel lautet nicht unbeachtet bleibt.
Es handelt sich dabei um einen 46-minütigen Anime, der die beinahe Liebesgeschichte eines Schülers mit einer älteren Frau erzählt. Im Mittelpunkt steht allerdings nicht die zarte Romanze die sich ankündigen könnte, sondern ihre Treffen im verregneten Park. Dabei gelingt es Shinkai äußerst gut das Wetter regelrecht zu einem Charakter aufzubauen. Schließlich ist es störrisch und für alles verantwortlich was in den gezeigten Szenen geschieht. Die Narration bedient sich vieler poetischer Stilmittel. Ihre Gedanken formulieren die Charaktere oftmals in gedichteter Art. Haikus kommen somit genauso zum Einsatz wie ein Tanaka über den Regen, das im Verlauf zu einem der zentralen Punkte ihrer Beziehung wird und teil aller Schlüsselszenen des Streifens ist. Auch wenn der Storyaufbau angenehm gemächlich angelegt ist und sich trotz der sehr kurzen Laufzeit genug Zeit nimmt um die Charaktere und ihre Lebenssituation vorzustellen, muss man doch sagen, dass gerade der poetische Erzählstil Höhe- und Tiefpunkt des Kurzfilms ist. Denn durch ihn erscheint so mancher Dialog unnötig verkopft und zum anderen auch gerne mal zu bemüht und gekünstelt. Aus den eigentlich glaubwürdigen Figuren werden dadurch mitunter etwas zu offensichtliche fiktive Figuren, die es so in der Realität nicht geben würde.
Leider leidet das Finale zudem am überzogenen Voice Acting. Sowohl im O-Ton, als auch der deutschen Synchro haut man so derbe auf die Tränendrüse das es kurz unfreiwillig komisch wirkt. Macht leider ein wenig kaputt. Das eher traurige offene Ende ist hingegen ganz gut so, auch wenn ich verstehen kann, dass viele sich etwas mehr abschließendes gewünscht hätten. Ganz so traurig wie das Ende von “5 Centimeters per Second” ist es aber keinesfalls.
Zum ersten mal veröffentlicht Shinkai einen Film ohne einen Soundtrack von Tenmon. Stattdessen bedient er sich einiger ruhiger Klavierpassagen und einem etwas zu schnulzigen Titelsong. Zugegeben, ich finde den Song aber trotzdem super, auch wenn ich ein wenig brauchte um mir das einzugestehen.
Natürlich lässt sich dieser Text nicht beenden ohne etwas zur technischen Seite dieses Anime zu sagen. Wer die vorherigen Veröffentlichungen von Herrn Shinkai mochte, wird sich auch diesmal nicht an den Zeichnungen satt sehen können. Vor allem die Szenen im Park und alle Wettereinflüsse wurden meisterhaft umgesetzt. Herrlich wie detailreich und akribisch genau man am Fall der Tropfen, dem Wind, den Wolken, Wasser und den tropfnassen Blättern der satten Bäume gearbeitet hat. Immer wieder geraten die Charaktere in den Hintergrund und der Film wird dominiert von der pittoresken Parkszenerie. Bemerkenswert ist auch wie der Kontrast zwischen der lauten und hektischen Stadt und dem kleinen erholsamen Naturfleckchen herausgearbeitet wurde. Die Figuren sehen natürlich auch super aus und somit werden ihre zarten Animationen zur Kirsche auf dem Törtchen.
Mit Garden of Words kann einer der aufstrebenden Animeschaffer erneut sein können beweisen. Ein paar kleinere Problemchen hat der Film zwar, trotzdem wird wohl so gut wie kein Freund von animierter Filmkunst bereuen diese Dreiviertelstunde investiert zu haben.
Der Release von Kazé ist mal wieder ein ganz feiner geworden. Die Blu-ray kommt mit einigem Bonusmaterial, das mit einer Laufzeit von 107 Minuten, mehr als doppelt so lang wie der eigentliche Film ist. Neben dem Trailer wären da noch ein gut 50-minütiges Making Of und Storyboards zum gesamten Film. Hinzu kommt dann sogar noch Shinkais Kurzfilm “Proud Future Theater”.
7 von 10 abgemessene Füßchen