Scanners
- Ihre Gedanken können töten (1981) [Wicked Vision]
Cameron
Vale (Stephen Lack) ist obdachlos, ernährt sich von den Resten im
Müll und ist auch ansonsten völlig am Ende. Am stärksten machen
ihm jedoch die Stimmen in seinem Kopf zu schaffen. Als dazu auch noch
ein paar schicke Damen über ihn lästern, verliert er die Kontrolle
über sich und nutzt seine mysteriöse Macht gegen sie. Telepathisch setzt
er einer der Frauen ordentlich zu, wird jedoch verfolgt und
schließlich von Mitarbeitern eines Pharmakonzerns gefangen. Dort
eingesperrt erfährt er, dass er ein sogenannter Scanner ist, ein
Mensch mit der Fähigkeit, den Geist anderer Menschen zu
beeinflussen. Die meisten anderen Scanner sind seit einiger Zeit
verschwunden. Verantwortlich dafür ist wohl der mächtige Scanner
Darryl Revok (Michael Ironside), auf den die Organisation nun Cameron
ansetzt. Cameron kommt Darryl immer wieder sehr nahe, wird am Ende
jedoch immer wieder abgeschüttelt oder attackiert, bis es zum
unausweichlichen Finale kommt.
Der
kanadische Ausnahmeregisseur David Cronenberg hat schon seit vielen
Jahren einen großen Platz in meinem Herzen. Angefangen hatte es bei
mir mit „Die Fliege“ (1986). Kurz darauf erlebte ich auch
„Videodrome“ (1983) und „Naked Lunch“ (1991), zwei der,
meiner Meinung nach, bis heute abgefahrensten, kommerziellen Filme
überhaupt. Zwar konnte mich Cronenberg seitdem nie wieder so
begeistern wie durch seine Arbeiten bis 1991. Umso mehr liebe ich
seine frühen Kunstwerke. Unter ihnen sticht wohl
„Scanners“ besonders heraus und das wohl vor allem wegen seiner
Geradlinigkeit. „Parasiten-Mörder“ (1975), „Rabid - Der
brüllende Tod“ (1977) und „Die Brut“ (1979) waren noch sehr
rohe Filme, die optisch durch nahegehende Gewaltdarstellung den
Begriff des Body-Horrors definierten und zeitgleich sehr
philosophisch, psycho-sexuelle, politische Werke darstellten.
Irgendwo ist all das, sehr versteckt auch in „Scanners“ zu
finden. Die zwischen Freud, Kant und Foucault wechselnden Metaebenen
sind uneindeutiger und wohl vor allem nicht so richtig beabsichtigt.
Stattdessen handelt es sich viel mehr um einen
Agenten/Verschwörungs-Thriller mit sehr starken Horror und
Science-Fiction Anleihen. Zwar kann auch hier vieles
hineininterpretiert werden, da Cronenberg selbst meist erst am
Drehtag das Drehbuch für die zu drehenden Szenen fertigstellte – „Scanners“ war ein sehr spontanes Projekt um in letzter Minute
möglichst viele Steuerfördermittel abzugreifen – steckt hinter all
dem hier wohl nur wenig System und Absicht.
Das
zeigt sich am meisten in der Story, die immer wieder starke
Tempoprobleme hat. Die meiste Zeit handelt es sich um einen sehr
langsamen, dabei aber wenig spannend inszenierten Dialogfilm, der
regelmäßig von überfallartigen Actionszenen unterbrochen wird.
Gerahmt wird das Ganze von zwei äußerst effektvollen Effektszenen.
Dafür verantwortlich war Chris Walas (Gremlins – Kleine Monster,
1984), der durch den explodierenden Kopf wohl einen der meist
besprochenen Specialeffects überhaupt kreierte. Ein wenig gerät
dadurch jedoch das ebenso blutig und verstörend inszenierte Finale
in Vergessenheit. Auch hier sind fabelhafte Make-Up Effekte zu sehen,
die heute, selbst in HD und nach all den Jahren noch verblüffend
echt und glaubwürdig aussehen.
Atmosphärisch
sorgen die kargen, verlassenen Drehorte
allerdings für viel mehr Dichte als der
dargestellte Splatter - vor allem kombiniert
mit dem wahrlich erdrückenden Soundtrack des
dreifachen Oscargewinners Howard Shore (Der
Herr der Ringe: Die Gefährten, 2001).
Drehorte, Effekte und Musik bilden also die
Highlights des Films und schaffen es somit, die
sehr schwankenden schauspielerischen
Fähigkeiten etwas in den Hintergrund treten zu
lassen. Drehorte, Effekte und
Musik bilden also die Highlights des Films und schaffen es somit die
sehr schwankenden schauspielerischen Fähigkeiten etwas in den
Hintergrund treten zu lassen. Lichtblicke sind hierbei Michael
Ironside (Starship Troopers, 1997) und Patrick McGoohan (Nummer 6,
1967), die ihre Sache sehr gut machen.
Ein
sehr stringent und wenig ausgeschmückter Agententhriller im
Genregewand, der nur funktioniert, wenn die Zuschauer*innen über
keinen der Plotpunkte länger nachdenken. Das hastig kurz vor und
während der Dreharbeiten geschriebene Skript ist löchriger als ein
Schweizer Käse und zu allem übel hat der Film auch noch seine
Längen. Letztlich sollte ich „Scanners“ aufgrund seiner Mangel
wohl weniger mögen als ich es tue, dennoch kann die Atmosphäre und
die Kälte des winterlichen Kanadas gepaart mit dem ausgezeichneten
Soundtrack immer wieder einfangen. Allein die Effekte und einige der
kunstvollen Requisiten sind eine Sichtung wert.
„Scanners“
ist über Wicked Vision als 3-Disc Collector's Edition erschienen. In
dieser Edition enthalten sind neben der gesamten Scanners Trilogie
auf Blu-ray auch noch Howard Shores Soundtrack zum ersten Film auf
CD. Es handelt sich dabei um ein sehr edel aussehendes wattiertes
Mediabook mit einem exklusiven Design von Sara Deck. Neben den Discs
beinhaltet das Mediabook ein 28-seitiges Booklet mit Texten von David
Renske. Darin wird nicht nur die originale Scanners Trilogie
behandelt, sondern auch die beiden Spin-Off Filme. Außerdem im
Booklet zu finden, ist ein Interview mit David Cronenberg, das 2004
im Zuge der Promotiontour zu „Spider“ geführt wurde. Auf der
Disc des ersten Scanner Films befinden sich zusätzlich eine Menge
Extras. Zuerst wären da ganze drei Audiokommentare. Ein englischer
von Prof. Dr. William Beard, dem Autoren des Buchs „The Artist as
Monster – The Cinema of David Cronenberg“, sowie zwei deutsche
Kommentare: Einer von Prof. Dr. Markus Stiglegger und einer von Dr.
Rolf Giesen und Gerd Naumann. Eine weitere Tonspur bietet zudem den
Film mit dem isolierten Musik-Score. Weitere Extras sind die Minidoku
„Inside Scan: Scanners“, „The Empherol Dairies“ - Interview
mit Stephen Lack, Vintage Interview mit David Cronenberg und Howard
Shore und dazu noch neue, exklusive Interviews mit Chris Walas,
Howard Shore, Mark Irwin, Michael Ironside und Pierre David. Hinzu kommen noch verschiedene Teaser, Trailer, TV-, Radio-Spots und
Bildergalerien. Der Ton des Films ist sehr gut und was man hier aus
der neuen 2K Abtastung des Films holen konnte ist optisch eine Wucht.
7,4
von 10 tropfende Telefone