Mittwoch, 6. März 2019

Hammer House of Horror (1980) [Wicked Vision]


Hammer House of Horror (1980) [Wicked Vision]

Eure romantischen Flitterwochen auf dem Land werden von hungrigen Werwölf*innen versaut? Eine Voodoopuppe versucht euch und euren liebsten den Gar auszumachen? Vielleicht erlebt ihr auch Makaberes in der Diät-Klinik und Peter Cushing versucht euch einzusperren wie einen Puma? Wenn dem so ist, habt ihr entweder einen wirklich schlechten Tag, oder ihr habt die Tore des „Hammer House of Horror“ betreten. Ein Ort wo das Böse überall auf euch lauert, nichts ist so wie es scheint und selbst eure Träume richten sich gegen euch.

Das Gruselkino aus den Hammerstudios wurde 1975 mit „Die Braut des Satans“ Zugrabe getragen. Nur drei Jahre später erschien mit „Tödliche Botschaft“ der letzte Spielfilm des Studios. Zum Glück war das aber nicht das Ende für das altehrwürdige Studio. Zwei der Hammer Urgesteine Brian Lawrence und Roy Skeggs (Captain Kronos –Vampirjäger, 1974) belebten Hammer 1980 durch eine 13-teilige Horroranthologien Serie fürs Fernsehen wieder. Jede der zirka 50-Minuten langen Folgen behandelt ein anderes unheimliches Thema, wobei von satanistischen Kulten, Werwölfen, Voodoo bis hin zu Serienkillern und bösen Wissenschaftlern alles dabei ist, was das Horrorherz begehrt. Ein kleiner Wehrmutstropfen ist, dass alle Folgen in der heutigen Zeit spielen. Klassischer Gothic-Horror wird hier daher leider nicht geboten, auch wenn einige Episoden durchaus Anleihen aus klassischen Stoffen wie Frankenstein und Dracula aufweisen können. Schuld hierfür trägt sicherlich das schmale Budget, mit dem Hammer hier für den britischen TV-Sender ITV produziert hat. Die Geldprobleme machen sich vor allem dann bemerkbar, wenn man ein paar der Episoden gesehen hat und mittlerweile alle Drehorte wiedererkennt. Als Hauptquartier wählte Skeggs Hampden House, ein in Great Hampden gelegenes, ehemaliges Mädcheninternat. Das Intro und Teile vieler Episoden wurden dort gedreht, oftmals einfach nur mit anderen Kameraperspektiven um die wiederholten Orte zu kaschieren. Der Rest wurde in der Umgebung und einigen naheliegenden Häusern und Orten gedreht.

In jedem Fall eine intelligente Art um Kosten zu sparen, für manche aber ein Störfaktor, immer die selben Drehorte wieder zu erkennen. Ich selbst habe bei den wiederkehrenden Kulissen eher ein wohliges Gefühl. Dadurch wird aus der Serie eine kleine Welt, deren Orte und Umgebung man im Verlauf immer besser kennenlernt. Mir gefällt auch, das Gefühl zu haben, dass all die schrecklichen Dinge in der gleichen Gegend geschehen. Das Gefühl macht alles noch etwas gruseliger. Und außerdem erinnert es an die goldenen Zeiten des Hammerstudios, als die schönen Studiokulissen zum Beispiel sowohl für „Blut für Dracula“ (1966) und dann im Anschluss auch für „Rasputin - Der wahnsinnige Mönch (1966)“ genutzt wurden.

Das modernere Herangehen macht sich nicht nur durch die kontemporären Erzählungen bemerkbar, sondern auch durch den Umgang mit Sex und Gewalt. Beides setzen die Macher*innen hier sehr bewusst und vor allem viel freizügiger ein als in ihren vorhergegangenen Filmen. Ein paar der Folgen verlieren dadurch etwas an Charme und verwirken mit der plakativen Machart ein wenig an Atmosphäre, letztlich kann man dem Studio in seinen sehr schweren Zeiten wohl nicht zu sehr vorwerfen, dass sie sich ein wenig an die moderner Horrorwelle annähern wollten. Für die blutigen Effekte war hier Ian Scoones (Der Fluch der Mumie, 1966) zuständig. Scoones war zuvor viele Jahre als Assistent von Les Bowie (Frankensteins Höllenmonster, 1974), einem der wichtigsten Effektmänner bei Hammer. Einige der tollen Effekte hier sind ein sehr putziger Werwolf, leider ohne Transformationssequenz, einige Aufnahmen in der Autopsy und so mancher blutiger Mord. Auch wenn es zum Großteil keine atemberaubenden Effektarbeiten sind, so sind die meisten schon glaubhaft und vor allem fürs Fernsehen Anfang der 80er recht deftig. So kam es unter anderem auch, dass die letzte Episode „The Mark of Satan“ in den USA gar nicht und in Deutschland nur geschnitten lief. Zudem fehlen in einigen Folgen der deutschen Ausstrahlung einige Szenen. Es wurden jedoch nicht nur Gewaltszenen entfernt oder gekürzt, sondern zum Teil auch recht wichtige Handlungsszenen entfernt. In diesem Mediabook ist aber natürlich die ungeschnittene Fassung der Serie enthalten. Geschnittene Szenen sind im O-Ton und werden untertitelt.

Mit „The silent Scream“ und „The two Faces of Evil“ hat Regisseur Alan Gibson (Dracula jagt Mini-Mädchen, 1972) gleich zwei der meist gefeierten Episoden der Serie realisiert. Erstere ist ein ungewöhnliches Kammerspiel in dem Peter Cushing (Die Bande des Captain Clegg, 1962) seine Opfer auf ungewöhnliche Weise zum Gehorsam konditionieren möchte. Neben Cushing sind hier auch noch ein bestens trainierter Puma und Brian Cox in den weiteren Hauptrollen zu sehen. Cox gelangte später noch zu größerer Bekanntschaft in der Rolle als Dr. Hannibal Lecktor in „Blutmond“ (1986) von Michael Mann und ist bis heute immer wieder in großen Hollywoodproduktionen wie X-Men 2 (2003) zu sehen. In der anderen Folge ist Philip Latham zu sehen, der Hammer Fans aus „Blut für Dracula“ (1965) bekannt sein sollte. Kurios ist vielleicht auch noch der kurze Auftritt des noch jungen Pierce Brosnan (GoldenEye, 1995), als ekliger Macho, der auch sogleich von einer Serienkillerin erdolcht wird. Insgesamt sind es aber eher die Menschen hinter der Kamera und hinter den Kulissen, die wir schon aus anderen Hammer Produktionen kennen. Neben bekannten Autoren und Regisseuren und der hauseigenen Effektcrew, stammen auch die Musiken von einem Bekannten, Philip Martell (Comtesse des Grauens, 1971).

Größter Schwachpunkt der Serie sind sicherlich die Drehbücher. Jede Folge verspürt das zwingende Bedürfnis, am Ende mit einem mehr oder weniger erzwungenen Twist daher zu kommen. Mal ist der Twist den Zuschauer*innen schon lange vor dem Finale bekannt (The 13th Reuinion), mal geht es nach einer relativ gelungenen überraschenden Wende noch viel zu lang weiter (The Mark of Satan). Was aber die meisten Folgen in diesem Punkt miteinander gemein haben, ist, dass das Drehbuch sich oftmals zu diesen Wendepunkten hinschlängelt und dabei die eigentlichen Höhepunkte zu wenig beachtet und sich zugleich in Widersprüchlichkeiten oder frappierenden Ungereimtheiten verstricken. Das stößt manchmal etwas sauer auf, stört wirklich negativ aber insgesamt nur in 2-3 Folgen. Großes Horrorkino darf hier zwar nicht erwartet werden, dafür aber eine, für ihre Mittel handwerklich sehr gute Serie, die vor allem dank einiger schrulliger Ideen und ungewöhnlichen Plotentwicklungen nicht in Vergessenheit geraten wird. Ich fühlte mich jedenfalls durchgängig gut unterhalten und das auch bei den Folgen der Serie, die eher etwas schwächer geraten sind, und da die Serie damals auf 35mm gefilmt wurde, sieht sie auch heute noch, ganz im Gegenteil zu den meisten anderen britischen TV-Serien dieser Zeit, auch in HD wunderschön aus.

Wicked Vision hat die gesamte Serie auf drei Blu-ray Discs in einem, wie gewohnt, hochwertigen Mediabook auf den Markt gebracht. Neben den 13 Folgen beinhaltet die Veröffentlichung auch einige kleinere und größere Extras. Die Folge „Wächter des Höllenschlunds“ ist auch in Widescreen und nicht wie der Rest nur in 4:3 anwählbar. Dazu gibt es noch eine umfangreiche Bildergalerie, Archivaufnahmen zu der Folge „Alptraum ohne Ende", sowie die Einblender für die Werbepausen. Zusätzlich gibt es noch ein wirklich dickes Extra, nämlich die gesamte Hammer Dokumentation „Flesh & Blood: The Hammer Heritage of Horror“ aus dem Jahre 1994 in der 156-minütigen Extended-Version. Die Doku deckt ausführlich alle Schaffensphasen des Studios ab und wird von keinen anderen als Peter Cushing und Christopher Lee narratiert. Gleichermaßen kommen sehr viele Mitglieder der Hammerfamilie zu Wort. Eine ausführliche und sehr intime Betrachtung von Hammer. Natürlich bekommt ihr auch ein Booklet. Es umfasst 24 Seiten und wurde von Uwe Huber geschrieben. Neben einer kleinen Einleitung beinhaltet es auch einen Episodenguide.

7,9 von 10 bissige Kinder