Vor
zehn Jahren musste der achtjährige Billy (Robert Brian Wilson) mit
ansehen wie seine Eltern von einem Mann im Santa Kostüm brutal
ermordet wurden. Nach einer schrecklichen Kindheit in einem von
grausamen Nonnen geführten Waisenhaus findet er nun endlich seine
Berufung als Lagerarbeiter in einem Spielzeugladen. Dort läuft auch
zuerst alles gut für ihn, jedenfalls bis die Weihnachtssaison
beginnt. Sein altes Trauma kehrt immer mehr zurück, bis er
schließlich am Ende selbst den Weihnachtsmann im Laden spielen soll.
Jetzt sind die Erinnerungen an den Tod seiner Eltern wieder vollends
da und er selbst wird nun zum Killer im Weihnachtsmannmantel. Er wird
alle bestrafen, die böse waren und hat sich schon seine Axt zurecht
gelegt.
„Silent
Night, Deadly Night“ ist ein recht mittelmäßiger
Weihnachtsslasher, der trotz seiner Durchschnittlichkeit durch
irgendeinen Grund in der Lage war, sogar noch vier Fortsetzungen und
ein Remake nach sich zu ziehen. Ausschlaggebend für den späteren
Erfolg waren wohl vor allem die Kontroversen um den Film. Der Film
überlebte damals nämlich nicht mal zwei Wochen in den Kinos.
Besorgte Eltern warfen dem Film vor, Weihnachten zu töten und den
Kindern Angst vor dem Weihnachtsmann zu machen. Während andere,
zuvorgekommene Weihnachtsslasher wie „Jessy – Die Treppe in denTod“ (1974) oder „Teuflische Weihnachten“ (1980) unbeschadet
entkommen konnten, arbeiteten christliche Instanzen und aufgebrachte
Christ*innen sich an „Silent Night – Deadly Night“ ordentlich
ab. Die vorherigen Filme wurden wohl vor allem von ihrer fehlenden PR
gerettet. Die Produzierenden hinter „Stille Nacht - Horror Nacht“
hingegen rührten ordentlich die Werbetrommel, inklusive eines etwas
unglücklich im frühen Abendprogramm untergebrachten TV-Spots. So
wurden die meisten Protestierenden erst auf den Film aufmerksam.
Selbst die Starfilmkritiker Siskel und Ebert waren sich nicht zu blöd, den Film in ihrer Show zu dämonisieren, eigentlich aber kein Wunder,
so hatten die Beiden nie eine wirklich faire Meinung zu Slashern. Was
für den Film damals eine finanzielle Katastrophe darstellte, war
wiederum seine Rettung als es um die Heimkinoauswertung des
Streifens ging. Bis heute lebt er von seinem Kultstatus und des
leicht verruchten Rufs wegen seiner Kinoverbannung. Und so konnte sich
bis in die Gegenwart ein nicht wirklich gutes, meist eher sehr
schlechtes, aber ausreichend erfolgreiches Franchise daraus
entwickeln.
Aber
zurück zum ersten Teil: Die Story klingt erst mal natürlich so
typisch wie es ein Slasher nur sein kann. Traumatisierter Mensch
erlebt erneut sein Trauma und rekreiert dieses dann wieder bis er
aufgehalten wird. Dabei trifft es vornehmlich Teenager, die eigentlich
nur in Ruhe vorehelichen Sex praktizieren wollen. Soweit nichts
neues. Autor Michael Hickey schrieb auf der Grundlage von Paul Caimis
Storyentwurf einen Slasher, der sich Weihnachten vornahm, viele andere
Feiertage waren nach „Freitag der 13.“ (1980), „Halloween - Die
Nacht des Grauens“ (1978), „Graduation Day - 7 Tage zur Ewigkeit“
(1981), „Blutiger Valentinstag“ (1981) und so weiter ja auch
nicht mehr frei. Der eigentliche Slasherteil, also die zweite Hälfte
des Films, ist dann auch wirklich nicht sonderlich spannend. Ganz im
Gegensatz zur Origin Story des Killers. Die ersten 45 Minuten des
Films spielen in drei verschiedenen Zeitebenen. Angefangen mit Billy
als Kleinkind als seine Eltern getötet werden, ein paar Jahre später
im Waisenhaus, wo er sehr unter der unbarmherzigen Schwester Oberin
(Lilyan Chauvin) leidet und weiter als junger Mann, der seine Arbeit
im Spielzeugladen aufnimmt und schließlich im Weihnachtsmannkostüm
durchdreht.
Vielleicht
ist auch die erste Hälfte nicht unbedingt die beste Darstellung, des
schweren Lebens eines traumatisierten Kindes, dennoch hebt sich
zumindest der Teil des Films angenehm von Genreklischees und billigen
Schaueffekten ab. Die zweite Hälfte hingegen ist ein sehr
gradliniger Slasher, der aber augenscheinlich Freude an sich selbst
hat. Der Film ist simpel gemacht, hat aber ein paar effektvolle
Kills. Das Ableben von Slasher Star Linnea Quigley (Night of the Demons, 1988) sorgt für besonderes Aufsehen und kann als einer der
ikonischen Slasher Tode der Achtziger angesehen werden. Genrefans
werden sich natürlich über den kurzen Auftritt von Quigley freuen.
Darstellerisch kann aber noch vor allen anderen Lilyan Chauvin (Earth 2, 1995) überzeugen, die eigentlich etwas zu gut und authentisch für
einen B-Movie dieser Machart spielt. Mein persönliches Highlight ist
Britt Leach (Geschichten aus der Gruft, 1989), der hier als etwas
merkwürdiger Spielzeugladenbesitzer auftritt. Leach spielte speziell in den 70er und 80er Jahren eine Vielzahl kleiner Nebenrollen in Kino
und TV. Auch wenn er nie wirklich der Star sein durfte, konnte er
immer in Erinnerung bleiben. Letztlich kann sogar Hauptdarsteller
Robert Brian Wilson eine gute Figur abgeben, obwohl es sich hier nur
um seinen ersten von wenigen Filmauftritten handelte.
Wie
gesagt, zieht sich die Zeit zwischen den letzten spannenden Momenten.
Auch hier gibt es ein paar nette Ideen, Spannung kommt dabei jedoch
keine auf, schon gar nicht in dem völlig verhunzten Ende, das nicht
nur langweilt sondern auch keinerlei finalen Konflikt oder ähnliches
bietet. Schade drum. In erster Linie liegt das wohl auch an Regisseur
Charles E. Sellier Jr., der vor allem durch die Produktionen einiger verschwörungsideologischer Dokumentationen fürs Fernsehen (Aliens,
Freimaurer, wo ist die Arche Noah? etc.) und speziell als Erschaffer
der Grizzly Adams Serie „Der Mann in den Bergen“ (1977-1978)
bekannt geworden ist. Weder hat er Ahnung von Horror, noch hat es ihn
sonderlich interessiert. Angeblich hatte er damals sogar die Regie
während der Effektszenen abgegeben weil er sich dabei unwohl fühlte.
Kein Wunder also, dass er nicht wusste, wie er Suspense aufbauen
könnte. Eine kleinen Pluspunkt bekommt der Film jedoch noch für den
etwas ungewöhnlichen und leicht von Carpenter beeinflussten
Soundtrack, der ein paar interessante atonale Klänge durch die
verschneite Szenerie wabern lässt.
Sicherlich
kein Genrehighlight, nicht mal einer der besseren Weihnachtsslasher
seiner Zeit. Trotzdem kann „Stille Nacht - Horror Nacht“
zumindest durch seinen ungewöhnlichen Aufbau, der uns die Psyche des
Slashers näher als andere Titel bringt, und, der Zeit mit dem Täter
und nicht mit seinen Opfern verbringt, etwas spannendes hinzufügen.
Der Kultstatus, der auf den heute sehr zahm anmutenden
Gewaltdarstellung beruht, jedoch kann bis auf den einen wirklich
besonderen Kill so nicht mehr aufrecht erhalten werden.
Als
zweiter Teil der Anolis „Die 80er“ Reihe erscheint „Stille
Nacht – Horror Nacht“ in einem hübsch gestalteten Mediabook. Der
Film wurde für diese Veröffentlichung neu in 4K abgetastet, wodurch
man aus dem Film optisch noch einiges mehr rausholen konnte als ich
vermutet hätte. Einige kleine Kratzer und Verunreinigungen sind
trotzdem zu sehen. Die 4K Abtastung war jedoch nur für die R Rated
Version möglich, die zirka zwei Minuten der Unrated Fassung sind
nämlich leider nicht in der Sony Archiv Version enthalten. Daher
mussten diese Szenen einer deutlich schlechteren Quelle entnommen
werden. Die Blu-ray enthält als Bonus zwei Audiokommentare. Einer
mit Brian Wilson und Scott J. Schneid und einer mit Michel Hickey,
Perry Botkin, Michael Spence und Scott J. Schneid. Weitere Extras
sind der Film in der kürzeren R Rated Kinofassung, die 45-minütige
Dokumentation „Slay Bells Ring: The Story of „Silent Night –
Deadly Night““, ein Interview mit Linnea Quigley und es gibt auch
ein Video, das die damaligen Drehorte heute zeigt. Weitere Extras
beinhalten den US Kinotrailer, TV Spots, einen Radio Spot und eine
Bildergalerie.
6
von 10 unartige Hirsche