Dienstag, 21. Juli 2020

Frightmare (1974) [Wicked Vision]

Frightmare (1974) [Wicked Vision]

Nach dem frühen Tod ihrer Eltern kümmert sich Jackie (Deborah Fairfax) um ihre 15-jährige, kleine Schwester Debbie (Kim Butcher). Ihr Zusammenleben wird zur Zeit schwer von Debbies nächtlichen Exzessen getrübt. Nachts treibt sie sich mit Rockern herum und mischt schäbige Bars auf, zum gemeinsamen Haushalt hingegen trägt nichts bei. Allerdings hat auch Jackie ihre Geheimnisse. Vor allem verheimlicht sie ihrer Schwester einen kleinen, aber nicht völlig unwichtigen Fakt: Die Eltern der beiden sind nicht wirklich verstorben. In Wahrheit hat ihre Mutter Dorothy Yates (Sheila Keith) einige Menschen wahllos getötet und ihnen dann das Gehirn weggeknuspert. Gedeckt wurde sie dabei stets von ihrem Ehemann, dem Vater der beiden Frauen, Edmund Yates (Rupert Davies). Edmund wurde deshalb kurzerhand mit in die Psychiatrie gesteckt. 18 Jahre später sind beide wieder frei und leben in einem kleinen Bauernhaus auf dem Land. Um Mutti vom Morden abzuhalten bringt Jackie ihr immer wieder etwas Hirn und tut so als wäre es vom Menschen. Lange hält sie das nicht vom Töten ab und schon bald türmen sich die Leichen im Stall. Es wird aber noch schlimmer, denn Debbie scheint ihrer Mutter immer ähnlicher zu werden und beginnt auch das Töten.


Nach all seinen, teils nur schwach als Filme getarnten Sex- und Nackideistreifen und ersten, ebenfalls eher schwachen Gehversuchen im Bereich der von ihn ernsthaft so genannten „Terrorfilme“, war „Frightmare“ sein erster Film ganz ohne Nacktszenen. Dafür ging es diesmal ganz unsexy um pathologischen Kannibalismus. Ein Begriff, der extra für den Film erfunden wurde und so natürlich nicht existiert. Der Begriff dient, ebenso wie der Plot um eine psychisch kranke Frau, die auch nach 18 Jahren in der Psychiatrie nicht geheilt wird und nun wieder frei ist um weiter zu morden, vor allem dazu, psychisch Kranke weiter zu stigmatisieren. Zudem ist es natürlich die zu schwache Bestrafung die uns Angst machen soll, denn der viel zu zahme Staat trägt die Schuld daran, wenn auch du Opfer wirst von einer netten Oma, die dir mit dem Bohrer ans Hirn will. Somit ist „Frightmare“ wohl der konservativste Teil von Walkers Filmographie und alles andere als gut gealtert.

Leider hat der Film nicht viele Qualitäten zu bieten um die krude Weltanschauung seines Erschaffers entgegenzuwirken. Kameramann Peter Jessop (The Harder They Come, 1972) sorgt für ein paar schön gefilmte Momente und ansonsten sind es Rupert Davies (Die Hexe des Grafen Dracula, 1968) und ganz besonders Sheila Keith (Haus der Todsünden, 1976) die dem Film die wenigen Höhepunkte verliehen. Ruperd Davies, der leider nur zwei Jahre nach Veröffentlichung des Films an Krebs verstarb, spielt hier eine interessante Rolle. Es ist spannend einmal den männlichen Partner in der Rolle des Mitwissenden zu sehen, der jedoch aufgrund seiner Liebe zu seiner Frau all ihre Taten deckt und letztlich sogar dazu bereit war, sein Leben in der Psychiatrie zu verbringen. Er spielt die Rolle mit viel Hingabe und ist gleichermaßen verletzlich wie auch voll Liebe zu seiner Frau. Sheila Keith hingegen darf hin und her wechseln zwischen mütterlich, verletzlich, verängstigt, psychotisch und mörderisch. Spannend ist an ihrer Darstellung, dass sie selbst in den ruhigen Momenten immer etwas unheimliches transportiert. Egal wie normal sie sich verhält, im Hintergrund lauert immer etwas böses.

„Frightmare“ hat nur zwei wirklich interessante Figuren, die leider zu wenig Screentime bekommen. Alles um sie herum ist wenig interessant und teilweise etwas zu langatmig mit vielen Dialogen, die uns ungeschickt die Story anstatt sie uns zu zeigen. Handwerklich okay, aber der Gruselfaktor wird lediglich von Keith bedient.

Dank dieses hochwertigen Releases von Wicked Vision bekommt ihr in dem Mediabook, Nummer 4 der Pete Walker Collection, den Film europaweit erstmals in einer HD-Version. Leider ist die deutsche Synchro nur kurz zu ertragen und ruiniert die besten Momente des Films. Das 24-seitige Booklet mit einem Essay von David Renske beschäftigt sich nicht nur mit der Arbeit von Pete Walker, sondern auch im Speziellen mit der Geschichte des Kannibalenfilms. Zu hören gibt es zwei Audiokommentare. Der erste wird gesprochen von Regisseur Pete Walker und seinem Kameramann Peter Jessop und der zweite von Lars Dreyer-Winkelmann. Dazu kommen noch ein Interview mit Pete Walker und zwei sehr informative Featurettes. Abgerundet wird das Ganze mit einer Bildergalerie und Trailern.

6 von 10 gigantische Wecker