Dr. Tremayne (Donald Pleasence) ist
Psychologe in einer Anstalt. Er möchte seinem Kollegen Dr. Nicholas
(Jack Hawkins) vier seiner besonders schwer zu fassenden Fälle
zeigen. Da wäre die Geschichte des kleinen Pauls (Russell Lewis).
Seine Eltern (Georgia Brown & Donald Houston) sind mehr mit
ständigen Streitereien beschäftigt als mit ihrem Sohn. Kein Wunder
also, dass Paul sich bald einen imaginären Freund Namens Mr. Tiger
ausdenkt. Nur scheint dieser Herr nicht ganz ausgedacht...
Des weiteren erlebt der
Antiquitätenhändler Timothy (Peter McEnery) ein Zeitreiseabenteuer
mit Onkel Albert (Frank Forsyth) und seinem alten Hochrad. Außerdem
werden wir Zeug*innen eines Ehedramas mit Baum und eine Mutter (Kim
Novak) bekommt bei einem Luau mehr auf den Teller als sie seelisch
verkraften kann.
„Tales That Witness Madness“ auf
deutsch „Geschichten, die zum Wahnsinn führen“ ist eine kleine, aber feine, Horrorfilmanthologie. Sicherlich gibt es nur wenige
Superlative, die sich bemühen lassen, um den Film zu beschreiben. Viel
eher würden sich die einzelnen Episoden gut in eine TV-Serie wie
„Hammer House of Horror“ (1980) einreihen. Für die große
Leinwand ist der Stoff hier jedenfalls nichts. Im Heimkino für etwas
angestaubte, aber charakterstarke, Filmchen ist er eine gute Wahl für
einen ruhigen Nachmittag auf der Couch.
„Mr. Tiger“ ist ein kurzes, sehr
voraussehbares Segment, aber allein wegen der lustigen Tiger
Handpuppe die Sichtung wert. Schon hier wird recht deutlich, wie
günstig Regisseur Freddie Francis (Die tödlichen Bienen, 1966) hier
drehen musste. Die Sets sind sehr eng, viele Einstellung werden
frontal gefilmt und Außenaufnahmen sind in allen Episoden sehr
selten, wenn überhaupt vorhanden. All dass verstärkt den
TV-Charakter des Filmes noch zusätzlich. In einigen Momenten ist
dennoch zu bemerken, wie gut Francis vor allem als Kameramann
wirklich ist, wie er ja unter anderem mit „Der Elefantenmensch“
(1980) bewiesen hat.
Erst in der zweiten Episode „Penny
Farthing“ wurde mir klar, worauf ich mich hier eingelassen habe.
Höhepunkt ist klar Frank Forsyth (Draculas Rückkehr, 1968) als
Onkel Albert. Entweder steht er dafür in einer entstellten
Gummimaske vor der Kamera oder er mimt den alten Mann im Bild und
guckt ganz verdächtig. Toll auch das Hochrad, das offensichtlich
eine Ehrerbietung an H. G. Wells Zeitmaschine darstellt. Auch diese
Geschichte verfügt nicht über den besten finalen Kniff, ist etwas
zu voraussehbar und wie bei den anderen Geschichten fehlt es an
richtigen Gruselelementen. Schlecht ist dieses Segment jedoch nicht.
Die Eskalation folgt auf dem Fuße.
„Mel“ heißt die Geschichte und zeigt Brian (Michael Jayston),
der als etwas exzentrischer Künstler wohl ständig Müll aus dem
Wald anschleppt um daraus etwas zu basteln. Diesmal ist es ein alter
Baumstumpf Namens Mel. Seine Frau Bella (Joan Collins) ist genervt,
aber offensichtlich auch Kummer gewohnt. Anstatt sich noch länger
über den Dreck im Wohnzimmer aufzuregen, macht sie Kaffee und wartet
auf ihren Mann. Hier wurde mir auch erstmals klar, welch zentrale
Rolle Beziehungsprobleme in diesem Film eigentlich spielen und wie
Autorin Jennifer Jayne (ihr einziger weiterer Writing Credit ist bei
bizarren Horrorkomödie „Son of Dracula“ (1973) mit Ringo Starr
vermerkt) diese Art von Problem gerne mit Kaffee kochen und trinken
löst. Letztlich entwickelt sich das ganze zu einem düster humorigen
Beziehungsdrama, das irgendwo zwischen dämlich und herrlich köstlich
einzuordnen ist. Es gibt ein paar gute Lacher, lustige Effektarbeit
und Joan Collins (In der Gewalt der Riesenameisen, 1977) ist hier
auch in guter Form.
Den Abschluss macht die wohl
ernsthafteste Geschichte, „Luau“, in die auch der Großteil des
Budgets und Francis Aufmerksamkeit geflossen ist. In einer der
Hauptrollen findet sich Kim Novak (Vertigo - Aus dem Reich der Toten,
1958) wieder und die Sets sind aufwendiger gestaltet als die übrigen.
Zudem gibt es hier auch einige etwas komplexere Außenszenen.
Zwei Dinge hier fallen im direkten
Vergleich zu aktuellen Horroranthologien vor allem positiv auf.
Mittlerweile ist es nur noch selten üblich, dass sich ein Team um mehr
als nur ein Segment eines solchen Filmes kümmert, und auch eine
Rahmenhandlung, die alle Geschichten stimmig vereint, ist Seltenheit
geworden. In diesem Fall führen Donald Pleasence (Halloween - Die
Nacht des Grauens, 1978) und Jack Hawkins (Ben Hur, 1959) durchs
Geschehen. Hawkins, dessen Kehlkopfkrebs kurz zuvor zurückgekommen
war, verlor seine Stimme und musste synchronisiert werden. Er starb
noch bevor der Film in die Kinos kam. Trotzdem ist es schön, die beiden zusammen zu sehen und auch hier gibt es final eine kleine
Überraschung, die die meisten wohl schon lange erahnt haben.
„Tales That Witness Madness“ ist
ein kleiner Episodenfilm der unterhaltsamen Art. Der Humor ist
teilweise sehr abstrus und die Geschichten sollten nie zu ernst
genommen werden. Wer sich aber auf den Film einlässt, kann eine gute
Zeit mit ihm haben.
6 von 10 Dreiastbeziehungen