Freitag, 8. Januar 2021

Slaughter (1972) [Wicked Vision]

Slaughter (1972) [Wicked Vision]

Seine Eltern wurden bei einem feigen Anschlag der Mafia getötet, klar das ein kampferprobter Green Beret wie Slaughter (Jim Brown) das nicht unerwidert lassen kann. Er findet heraus, dass der Mörder seiner Eltern, Dominic Hoffo (Rip Torn), von Süd Amerika aus operiert. Kurzerhand reist er gen Süden, luxt dem Fiesling seine Freundin Ann (Stella Stevens) ab und versucht ihn gemeinsam mit seinem Kumpel Harry (Don Gordon) dingfest zu machen. Dominic bleibt dabei jedoch nicht untätig. Durch einen Putsch übernimmt er die Chefetage bei der Mafia und versucht Ann gegen Slaughter einzusetzen. Doch schon bald wird er feststellen, dass Slaughter seinen Namen vollkommen zu recht trägt. Ahhh, SLAUGHTER!
Schon vor „Slaughter“ hatte der vorherige Weltklasse Footballspieler Jim Brown (Das dreckige Dutzend, 1967) Erfahrungen in einigen Filmen als Nebenrolle gesammelt. Und auch schon von Anfang an spielte er Rollen und Szenen, die für schwarzen Darsteller*innen damals aufgrund von Rassismus eigentlich nicht möglich waren. So zum Beispiel seine Liebesszene mit Raquel Welch in dem Western „100 Gewehre“ (1969). Zum richtigen Star wurde er aber durch seine Darbietung als der titelgebende Held Slaughter, einem Film von Regisseur Jack Starrett (Ein Fall für Cleopatra Jones, 1973), produziert für American International Pictures (AIP).

Slaughter ist ein moderner Action Held, der auch heute noch begeistern kann. Zu keinem Zeitpunkt schnöselig und abgehoben wie James Bond. Er braucht keine Gadgets, muss sich seine Frauen nicht mit Gewalt nehmen (ein Fakt, der für Jim Brown betont wichtig war, da er keine rassistischen Klischees erfüllen wollte) und hat keine Angst auch mal dreckig und verschrammt auszusehen. Gleichzeitig ist er aber ein zurückhaltender, ruhiger Mann der neben harter Action eben auch eine weiche und liebevolle Seite hat. Eine Rolle, die Brown perfekt ausfüllt. Zwar gab und gibt es sicherlich eine Vielzahl von Darstellern, die seine Rolle besser gespielt hätten, Brown ist es aber, der dieser Rolle Seele und Charisma verleiht und somit diese Figur für Genre und B-Movie Fans so unvergessen werden lies.

Sicherlich ist auch der Plot nicht neu. Harter Typ will Rache und räumt dafür ordentlich den ganzen Mob in den Schrank. Nebenbei spannt er dem Gangsterboss noch seine Frau aus, toll gespielt von Stella Stevens (Die Höllenfahrt der Poseidon, 1972). Nach viel Hauen, Schießen und der obligatorischen Verfolgungsjagd ist dann alles mehr oder minder wieder gut. Außerdem ist es kein über die Maßen sozialkritischer Blaxploiter, dennoch ist automatisch alles, was Jim Brown tut, politisch, denn noch nur kurz zuvor wäre es unmöglich gewesen, sich eine Figur wie Slaughter in einem Mainstream AIP Release vorzustellen. Ein schwarzer Held, der nur wenige Klischees erfüllt und zudem ein liebevoller Liebhaber sein darf, der am Pool chillt und Horsd'œuvre verputzt, verletzlich, nett und emotional sein darf. Die Handlung sollte nicht auf Herz und Nieren überprüft werden und läuft an manchen Stellen sicherlich ins Leere. Was aber nicht zu sehr auffällt, wenn man so viel Spaß damit hat, was vor allem an den unterhaltenden Charakteren liegt.

In weiteren Rollen wäre da die schon erwähnte Stella Stevens. Zwischen ihr und Jim Brown herrscht eine tolle Chemie und schon bald wird klar, dass das ehemalige Playboy Model nicht nur wegen ihrer körperlichen Reize engagiert wurde, sondern wirklich eine gute Schauspielerin ist. Ihre Schönheit hilft aber sicherlich über die holprigeren Momente hinweg. An Slaughters Seite ist stets Don Gordon (Der Exorzist III, 1990) als der Bulle Harry zu sehen. Er spielt nicht schlecht und dient auch ein wenig als der lustige Sidekick unseres Helden. Dabei wird auf lustige Art und wenig plakativ das Verhältnis zwischen dem weißen Kommissar und dem seinem Schwarzen Hilfscop, wie man es aus Buddycop Movies kennt, umgedreht. Norman Alfe (dies hier ist sein einziger Filmauftritt gewesen) und Rip Torn (Men in Black, 1997) mimen die beiden Oberbösewichte des Films. Norman Alfe ist als Mario Felice ein Gangster der alten Schule. Einer dieser Mob Bosse, mit denen ein Charakter wie Shaft auch mal Informationen austauschen würde, solange er im Gegenzug die harten Drogen aus dem Viertel halten würde. Felice ist recht Klischeebeladen, aber dennoch eine Art von Bösewicht, die man gerne sieht. Das absolute Gegenteil davon ist Rip Torn als Dominic Hoffo. Er ist ein ungestümer aufstrebender Mobster, einer von der Art bei denen sofort klar ist, dass er schon bald an die Machtposition kommt, diese aber nicht halten kann. Anstatt Probleme intelligent zu lösen, lässt er sich von niederen Emotionen leiten. So scheint es ihm am Ende auch nicht mehr darum zu gehen, Slaughter aus dem Weg zu räumen um die Mafia zu schützen. Stattdessen sucht er Rache dafür, dass Ann eine Beziehung mit Slaughter eingegangen ist. In einem Gemisch aus eifersüchtiger Rage und Rassismus setzt er alles daran, Slaughter zu töten und nur so kann er letztlich besiegt werden. Wie gesagt scheint der Film keine zu deutliche politische Botschaft vermitteln zu wollen, unpolitisch ist der Film dadurch dennoch nie.

Handwerklich ist der Film trotz geringem Budgets solide gefilmt. Eher negativ fallen lediglich die Verfolgungsjagd und ein paar mit Fish Eye Lense gedrehte Szenen auf. Zu sehr fällt das am Ende nicht ins Gewicht und dadurch, dass der Film großteils in Mexiko gedreht wurde, ist er auch rein optisch eine schöne Abwechslung zu anderen Blaxploitation Filmen, meist dominiert von den kalten Schatten der Wolkenkratzer und dreckigem Beton. Ach und bevor ich es vergesse: Das Slaughter Theme ist musikalisch ein Hit!

„Slaughter“ bleibt eines der Blaxploitation Highlights und ist durch diese schöne HD-Version nur noch besser geworden. Auch die deutsche Synchro ist durchaus gut geraten und versucht sich so nahe wie möglich an den O-Ton zu halten, was natürlich bei Slang nur schwer machbar ist. Gerade deshalb empfehle ich den Film trotz der guten Besetzung der deutschen Vertonung im englischen O-Ton zu sehen.

Als erster Teil der zehn teiligen Black Cinema Collection kommt die limitierte Fassung des Films in einer wunderschönen Sammelbox daher. Darin befindet sich der Film auf DVD und Blu-ray mit einigen Extras. Am Interessantesten ist das Featurrete „Der Gangster als Stilbewusster Antiheld“. Innerhalb von etwas über 20 Minuten werden in dieser, extra für diesen Release produzierten, Minidoku Merkmale und Klischees der Archetyp Helden des Blaxploitation Kinos besprochen. Des weiteren bekommt ihr eine umfangreiche Bildergalerie, den deutschen Kinovorspann des Films und den Originaltrailer. Außerdem gibt es wie immer einen Audiokommentar zum Film. Der eigentlich gewohnt informativ ist. Allerdings stößt mir dabei doch sehr sauer auf, dass man es wirklich hinbekommt auch in diesem Jahr von „farbigen“ anstatt von Schwarzen Schauspieler*innen zu reden ganz abgesehen davon, wie daneben es ist, das N-Wort auszusprechen, auch wenn es nur zitiert wird. Da hätte ich besonders in dieser Collection mehr Feingefühl für Sprache erhofft und erwartet. Physisch liegt dem ganzen noch ein Booklet mit Texten von Christoph N. Kellerbach bei.

8 von 10 Gangster im Ventilator