Reaktor 1F - Ein Bericht aus Fukushima #1 (Carlsen Manga)
Kurz nachdem die, von einem fatalen Seebeben ausgelöste Tsunamiwelle Japan erfasste und somit auch die Atomkatastrophe im Kernreaktor in Fukushima verursachte, war Mangaka Kazuto Tatsuta arbeitslos. Aus dieser Not und dem Willen zu helfen bewarb er sich um die Stelle als Aufräumhelfer innerhalb des Kernkraftwerkes. Nach seiner Arbeit nutzte er das erlebte um einen Tatsachenbericht in Mangaform zu kreieren.
Auf eine sehr akribische Art und Weise schildert er alle Kleinigkeiten seiner Arbeit. Schritt für Schritt erklärt er jeden Griff, warum welche Schutzgegenstände wie angezogen werden müssen. Er spricht von der Angst Schaden durch die Strahlung zu nehmen, geht das Thema dabei zwar meist ernst an, verfällt aber nie in die allgemeine Panik. Generell betrachtet er seine Arbeit auf sehr unaufgeregte Weise. Er bastelt keine reißerischen Szenen, sondern gibt alles kühl und pointiert wieder. Wenn es von Nöten ist kann er die Vorgänge allerdings auch sehr technisch, aber nie wissenschaftlich schildern.
Es geht im dabei vor allem darum die Legenden und Mythen über die Sperrzone zu widerlegen. Er erkennt die Tragödie als solche, stilisiert sie aber nicht über wie es die Medien damals gerne getan haben, die sich am Ende noch größeres Unglück gewünscht hätten um noch größere Schlagzeilen schreiben zu können. Die Wahrheit ist, dass der Alltag der Aufräumarbeiten langweiliger und ereignisloser ist als man denken würde. Harte, meist eintönige arbeit die vor allem bei warmen Temperaturen, bedingt durch die Schutzkleidung extrem anstrengend ist. Aber auch absolut nicht die Hölle die viele daraus machen wollen. Wie Kazuto selbst sagt ist eine juckende Nase das schlimmste wenn man sich unter der Atemmaske nicht kratzen kann.
Einmal dient dieser Manga also dazu ein geerdetes Gegengewicht zur aufgebauschten Medienberichterstattung zu bieten, zum anderen beleuchtet er auch Themenbereiche die sonst nicht zur Sprache kommen. Zum Beispiel spricht er darüber wie schlecht die Arbeitsbedingungen sind, darüber wie die eigentlich gute Bezahlung durch unvermeidliche Kosten aufgefressen wird und über die mafiösen Verstrickungen in denen die Auftraggeber stecken. Alles sehr spannend und voll mit Informationen an die man sonst nur schwerlich kommt. Zum anderen wird aber gezeigt, dass es auch schöne Momente gibt, wenn man sieht wie die Natur sich die Landschaft zurückholt. Und so kommen wir zur Optik.
Bis auf die Menschen ist alles realistisch gehalten. Abweichungen gibt es bei dem Zeichenstil lediglich bei den Charakteren, die schon etwas mangatypischer aussehen. Um technische Erklärungen zu vereinfachen greift Tatsuta auch zu Cartoons als Stilmittel. Fügt sich am Ende alles sehr gut zusammen und sieht gut aus. Außerdem sind die Seiten sauber arrangiert und die Handlungsabläufe somit auch für Manga Unerfahrene leicht verständlich.
Ein sehr informativer, interessanter und hübsch gemachter dokumentarischer Manga. Wenn euch das Unglück von Fukushima abseits von der großen Katastrophe interessiert, seid ihr hier genau richtig.
8 von 10 Baumwollsocken