Mittwoch, 22. Juni 2011

Sonnenfinsternis (Splitter)

Sonnenfinsternis (Splitter)

Der Maler Dominique und seine Frau Isabelle haben ein Ferienhaus gemietet um dort eine bevorstehende Sonnenfinsternis zu erleben. Begleitet werden sie dabei von ihren Freunden Hubert, Helen, Jean Pierre, sowie dessen 19-jähriger Internetbekanntschaft Jan. Nach der kurzen Euphorie über das Wiedersehen der alten Freunde beginnt das Idyll jedoch zu bröckeln.
Unausgesprochene Gefühle, tiefgehende Verletzungen und die Flucht aus dem selbst gewählten, bürgerlichen Leben sind einige der Motive,aus denen sich sich die Protagonisten zusammenfinden. Im fast 300 seitigen Werk von Fane (Stéphane Deteindre) und Jim (Thierry Terrasson) sind vor allem die Gegensätzlichkeiten der Charaktere und ihre Beziehungen untereinander Triebfedern der Handlung.

Zum einen wären da Dom und Isa. Seit einigen Jahren miteinander verheiratet haben die Eltern zweier Mädchen schon eine große Krise hinter sich gebracht. Auftritt Helena. Die sich kühl gebende Femme fatal und einstige gute Freundin von Isa hat eine Affäre mit dem mürrischen Dom hinter sich, die beinahe seine Ehe zerstört hätte. Sich schuldig fühlend und auf Vergebung hoffend hat er sie eingeladen, um die einstigen Freundinnen wieder aneinander anzunähern, was natürlich eher für Spannungen, denn für Klärung sorgt.
Dominiques guter Freund Jean-Pierre reist ohne seine Frau, dafür mit Chatpartnerin Jan im Schlepptau an. Die 19-jährige wirkt wie ein Fremdkörper in der Gruppe der Mittdreißiger, die sich teilweise bereits seit der Schule kennen. Während sie sich cool und lebenslustig gibt, scheint jedoch immer wieder eine naive Seite an ihr durch, die sich nichts weiter als die große Liebe wünscht. Jean-Pierre hingegen fühlt sich in seiner Ehe gefangen und ist darauf aus, sich Hals über Kopf in eine Affäre zu stürzen, um all die verpassten Gelegenheiten nachzuholen. Dass er dabei seine Freunde zu Mittätern macht ist ihm zwar durchaus bewusst, allerdings ist er auch nicht in der Lage rational zu handeln und flüchtet sich permanent in Ausreden.
Mit Hubert wäre die Gruppe dann komplett. Der stets gut gelaunt wirkende Kellner, ist sowohl der Spaßmacher der Gruppe, als auch der Fels in der Brandung, der immer dann für Klärung zu sorgen versucht, wenn sich die anderen mal wieder anzanken. Dass er selbst sich oft nur als Quotenschwuler wahrnimmt, dessen Beziehungsprobleme von seinen Freunden nicht ernst genommen werden, ahnt niemand.

Diese Charaktere prallen nun in der südfranzösischen Provinz aufeinander und die Wunden die dort aufgerissen werden sind nicht so leicht zu schließen. So kommt es dann zu vielen Gesprächen über das Leben, die Liebe und über Beziehungen, die mal banal erscheinen mögen, ein anderes mal tiefgründig aber zu jederzeit pointiert und offenherzig. Denn auch wenn es hier um ernste und für die Charaktere wichtige Themen geht, verliert der Comic nie seine Leichtfüßigkeit und seinen großartigen Humor. Dieser äußert sich vor allem in schwindelerregenden Wortgefechten, die in Sachen Zynismus neue Rekorde aufstellen, sowie in sehr skurrilen Situationen, wie dem grandiosen Höhepunkt der Geschichte in einem italienischen Restaurant.

Alles offen zu legen und wahrhaftig zu sein, künstlerisch wie emotional, war laut Fane die Bedingung der Zusammenarbeit der beiden Künstler. Ein Anliegen, das man dem Comic zu jeder Zeit anmerkt. Man merkt den Figuren geradezu an, dass sie lebendig sind in all ihren Ängsten, Freuden und Widersprüchen.

Wie sich bereits herauslesen lässt bin ich sehr angetan von diesem Comic und empfehle jedem, der sich für diese Art Geschichten erwärmen kann, einen Blick zu riskieren.

9,2 von 10 streunenden Hunden