Japan, Tokyo, das Jahr 1968. Der schrecken des Krieges ist noch nicht vergessen, der Geist des Nationalismus weiterhin allgegenwärtig und der Landesstolz weiterhin stark durch die Besetzung durch die USA verletzt. Gleichzeitig gründen sich an allen Universitäten der Stadt Kommunistische Agitationszentren, die sich inhaltlich auf Lenin und Mao beziehen. Straßenschlachten gehören zum gewohnten Bild der Großstädte und in mitten all dem ist N., der sich durch einen Aushilfsjob in einer Jazzbar über Wasser hält. Im Village Vanguard, der Jazzclub der zugleich auch ein Treffpunkt studentischer Revolutionäre ist, lernt er auch T kennen, der sich als Regisseur versuchen möchte. Er plant sich eine Super 8 Kamera zu kaufen und seinen Film „Unlucky Young Men“ zu drehen. Ein Film über eine Gruppe von Freunden, die sich aus ihrer verlorenen Generation als Gewinner erheben wollen in dem sie 300 Millionen Yen rauben. Das Drehbuch dient dabei jedoch gleichzeitig auch als Plan für den realen Überfall.
Eiji Otsuka ist nicht nur MOD Psycho bekannt, sondern vor allem für seine umfangreiche Nonfiction Arbeit in der er immer wieder Sachbücher zu Otakuthemen, japanischer Geschichte und Popkulturellen Themen bearbeitet. Seine ausgiebige Recherche macht sich auch in seinem neuesten, nur teilweise, fiktiven Thriller Manga bemerkbar. Die Geschichte handelt von einigen jungen Menschen die auf ihre Weise ihr Glück suchen. Als roter Pfaden nutzt der Autor Tanka Gedichte aus der Feder des berühmten Dichters TakubokuIshikawa, die dazu dienen die einzelnen Kapitel thematisch einzurahmen. Viele der Hauptfiguren basieren mal mehr mal weniger auf realen Personen aus Politik, Film, Manga und Kulturgeschehen. Dabei erzählt er nicht nur ein mitreißendes Drama, einen Heist Movie und Thriller, sondern bindet die damaligen sozialen und politischen Kämpfe des Landes mit ein. Die Fakten sind gut recherchiert, auch wenn vieles manchmal etwas übertrieben wirkt. Strange, nur wenn man dann die Fakten gegen checkt und merkt das viele der Personen auch in der Realität so gehandelt haben. An der Stelle also nichts zu kritisieren. Einzig der Erzählfluss ist nicht immer gegeben, da oft zu viel zu durcheinander läuft und dadurch alles zu chaotisch erscheint um leicht folgen zu können.
Als Charakterdesigner ist Kamui Fujiwara wohl vor allem Videospiel Fans bekannt. So war er unter anderem bei dem SNES RPG „Terranigma“ oder bei „Grandia“ als Designer beteiligt. Als Mangazeichner wurde er durch seine „Dragon Quest“ Zeichnungen am bekanntesten. Hier hat er sich einem fein ausgearbeiteten, trotzdem rauen aber zerbrechlichen Stil angenommen, der die eh schon düstere Handlung stets in einem schummrigen Licht erscheinen lässt. Die Charaktere wirken fragil und gleichzeitig hoffnungsvoll und haben somit immer etwas sehr menschliches. Nur wirklich große Momente bekommen Splashpanels dafür werden viele sehr minimale Gesten und Bewegungen in weniger als Briefmarken großen Kästchen eingefangen.
Unlucky Young Men gefällt mir wirklich extrem gut. Das Writing ist fantastisch und das Artwork kann das ganz besondere Feeling der Geschichte perfekt einfangen. Schön das Carlsen weiterhin immer wieder auch solche Perlen für die erwachsenen Leser*innen übersetzt, die außerhalb Japans immer viel zu wenig Aufmerksamkeit bekommen. Bisher mein Manga des Jahres. Band zwei kommt voraussichtlich im August heraus.
Der Manga kommt im größeren Taschenbuch Format und ist mit 350 Seiten ein mächtiges Buch geworden. Hinzu kommt noch ein Nachwort, sowie Anhang und Glossar.
9 von 10 vergrabene Pistolen