XX ist eine Horroranthologie bestehend aus vier Kurzfilmen, die eins gemeinsam haben: Alle wurden von Frauen geschrieben und umgesetzt, auch sind die Hauptrollen allesamt weiblich besetzt. Schön das die Produzierenden hinter V/H/S die wohl erste von Frauen gemachte Horroranthologie möglich gemacht haben. Das natürlich auch diese gute Idee wieder nur eine Marketingmasche ist und dahinter keine wirkliche Überzeugung steht, wird schnell deutlich wenn das Filmposter ein Totenschädelkussmund darstellt und überall mit den krassen Horrormädels geworben wird, die voll gruseln können obwohl sie doch Mädchen sind. Was'n Scheiß! Aber dafür können die Macherinnen vermutlich wenig, deshalb beschäftigen wir uns doch lieber mit den Shorts selbst.
Die vier Kurzfilme werden durch eine Stop Motion Rahmenhandlung zusammengehalten. Die Animationen von Sofia Carrillo weisen kryptisch auf das zu erwartende hin, funktionieren aber auch für sich allein als herrlich groteske Kunstwerke. Dabei erinnert das gesehene sogleich an den tschechischen Surrealisten Jan Švankmajer, der hier sicherlich ein Einfluss war.
Der erste Short ist dann „The Box“ von Regisseurin Jovanka Vuckovic, die manchen Horrornerds durch ihre Mitarbeit am Rue Morgue Fanzine bekannt sein dürfte. Als Vorlage für das Filmchen diente die gleichnamige Kurzgeschichte von Jack Ketchum (The Woman). Ein Junge bekommt von einem mysteriösen Mann in der U-Bahn der Inhalt eines Geschenkkartons gezeigt, woraufhin er das essen einstellt und dabei bleibt es nicht. Abgesehen von einer wirklich ekligen Szene, übrigens mit besten handgemachten Effekten, bleibt dieser Film unblutig. Dafür wird psychologischer Horror serviert. Nur das Ende hat ein oder zwei relativ blöde Stellen, ist aber ansonsten vor allem sehr hübsch in Szene gesetzt und gut gespielt. Besonders die Kinder machen ihre Sache toll.
Darauf folgt mit „The Birthday Party“ auch schon mein persönliches Highlight der Horrorsammlung. Melanie Lynskey (Fremd in der Welt) spielt eine neurotische, reiche Mutter, die ausgerechnet am Geburtstag ihrer Tochter ihren Mann tot im Büro auffindet. Um der kleinen den Geburtstag nicht zu vermiesen beschließt sie die Leiche zu verstecken. Damit macht sie es aber nicht unbedingt besser. Die Geburtstagsparty ist eine herrlich groteske, düstere Komödie, die gleichzeitig das Regiedebüt der Musikerin St. Vincent darstellt. Beim schreiben des Drehbuchs bekam sie Unterstützung von der erfahreneren Roxanne Benjamin, die im nächsten Film auf dem Regiestuhl sitzen wird. Toll gespielt von Lynskey, bestes Comedy Timing, das Editing trägt ungemein zum Rhythmus der Erzählung bei. Alles klasse.
„Don't Fall“ ist wie schon gesagt eine Regiearbeit von Roxanne Benjamin die hier wie auch schon bei den V/H/S Anthologien ebenfalls als Produzenten auftritt. Leider ist ihr Segment abgesehen von der coolen Titelsequenz, etwas Retrocharme und gutem Monster Make-Up deutlich das schwächste von XX. Vier Studierende fahren in die Wüste und entdecken eine alte Höhlenmalerei, wodurch sie scheinbar einen alten Fluch wecken. Gähn! Zudem sind die Charaktere schrecklich unsympathisch und nerven selbst trotz einer Spielzeit von unter 15 Minuten.
Mit Karyn Kusama kommt die wohl bekannteste Künstlerin der Anthologie zuletzt mit „Her Only Living Son“. Bekannt durch „Jennifer's Body“ und „Æon Flux“ geht sie hier ganz andere Wege und versucht sich an übernatürlichem, kriechenden Familienhorror a la „Rosmarys Baby“. Es geht um eine Frau, packend von Christina Kirk gespielt, deren gerade 18 Jahre alt gewordene Sohn Andy (Kyle Allen) von seinem Vater geholt werden soll. Es gibt aber einen guten Grund warum sie damals vor ihm geflohen sind. Inhaltlich sicherlich der stärkste der vier Filme und abgesehen von dem schwächelnden Ende ein bedrückendes Horrorfamiliendrama.
XX überrascht mit einigen frischen Ideen, bleibt aber leider fast zu jeder Zeit einen Schritt hinter seinen Möglichkeiten zurück. Gute Unterhaltung bieten aber alle Segmente, auch wenn ich nicht alle irgendwann noch mal sehen werden. Für Fans von Horrorkurzfilmen aber eine sichere Nummer.
Die Blu-ray von Koch Media hat ein sehr gutes Bild und einen sehr guten Ton, inklusive gekonnter deutscher Synchro. Als Extra gibt es den US und den deutschen Trailer. Sowie ein kleines Werbefeatuerette und Interviews mit allen Regisseurinnen. Auch wenn das Menü sagt es wäre ein Interview mit dem Regisseur und da wären wir wieder dabei, dass es nicht alle beteiligten so ernst nehmen mit dem feministischen Ansatz...
7 von 10 Scheibchen Mutti