Terry Richardson. Terryworld (TASCHEN)
Kein Vorgeplänkel. BÄM! Brüste! Zack! Dicker Penis! Da staunt sogar Batman und Robin schaut nur lüstern und ein wenig schüchtern zu. Warum die Dame Joghurt auf ihrem nackten Oberkörper trägt verstehe ich nicht aber egal… Guck mal noch ein Penis, diesmal hängt er aber an einer Frau. Ein Paar Stars zeigen sich auch noch und ein süßes Schwein tapert noch vor die Linse.
Terry Richardson kommt aus reichem Hause, lebte als Kind zeitweise auch in ärmlichsten Verhältnissen, als Jugendlicher und junger Erwachsener dann sogar auf der Straße, war Drogensüchtig und nur seine meist ziemlich schlechten Punkbands wie SSA und Invisible Government boten wenigstens ein Ventil für seine zerstörerischen Gedanken. Zu dieser Zeit begann er auch mit dem Fotografieren. Weder künstlerische, kommerzielle noch handwerkliche Vorgaben oder generell geltende Ansprüche dieser Arbeit interessierten ihn wirklich und so knipste er einfach wie es ihm gerade gefiel. Die Ergebnisse dieser Schnappschüsse sind heute sicherlich gekonnter, sicherer und geplanter, trotzdem hat er sich seine Punk Attitüde beim fotografieren erhalten und schießt viele Fotos, die so mancher sehr geschmacklos oder abstoßend finden wird.
Schon etwas besonderes aber erstmal nichts Einzigartiges. Terry Richardson wird erst dadurch zum Phänomen, dass er es irgendwie geschafft hat, auch bei der Schickeria, sowie Kunstkennern Anerkennung zu finden. So ist er trotz seinen meist gewagten Aufnahmen und seiner unorthodoxen herangehensweise (Zum Beispiel: Um es seinen Modellen leichter zu machen, zieht er sich auf Wunsch ebenfalls aus) ein gern engagierter Fotograf für Werbeaufnahmen von großen Unternehmen wie Hugo Boss und Gucci. Genauso kann er sich mit Aufträgen der Magazine Vice, GQ, Vogue und vielen anderen brüsten. Sogar für den Pirelli Kalender durfte er Damen ablichten. Nicht zuletzt durch seine Regie zum Miley Cyrus Song “Wrecking Ball” wurde er ein weiteres mal von einer noch größeren Masse für sich entdeckt.
In Terryworld bekommt ihr auf knapp 300 Seiten im entspannten Schmöckerformat von 16,6 x 21,7 cm zig Fotografien von Terry. Darauf zu sehen sind die verschiedensten Motive. Oftmals sieht man ihn selbst, meist nackt und manchmal erigiert. Ansonsten gibt es viele schöne Frauen zu sehen, diese sind dann auch meist nackt aber auch so mancher Star zeigt sich ohne Kleidung oder wie die Jackass Crew auch einfach nur beim Kotzen. Es gibt aber auch einige Aufnahmen von Urbanen Szenen, lustigen Alltagsmomenten und niedlichen Tieren. Große Kunst steckt meist vermutlich nicht hinter diesen Bildern, denn eine wirkliche Aussage haben sie so gut wie nie. Meist erzeugen sie nur einen kurz Reiz oder eine Emotion und dann vergisst man es bald auch wieder. Auch würde ich denen nicht zustimmen, die Terrys Art Frauen darzustellen als emanzipatorisch einschätzen. Durch die ungewöhnliche Art wie er die Damen ins rechte Licht rückt bricht er aber vermutlich mit einigen Schönheitsidealen und das ist zumindest schon mal etwas. Viel wichtiger ist aber, dass seine Kunst durchgängig gut unterhalten kann und man jedes mal etwas spannendes entdeckt und Dinge aus Blickwinkeln sieht, die man so noch nie sehen durfte.
Außer den Fotos enthält der Band noch ein amüsant geschriebenes Vorwort von Dian Hanson, sowie eine Diskussion zwischen dem Kunstgelehrten Olivier Zahm und dem Vice Schreiberling Gavin McInnes. Alles wieder auf Deutsch, Englisch und Französisch enthalten. Ein weiterer Bonus ist noch das Panik-Cover. Eine Buchwendecover, durch das vorgegaukelt wird, man würde gerade ein wissenschaftliches Buch über Konfuzius lesen. Perfekt für alle, die auch in der Bahn nicht auf ihren Kink verzichten können.
Terryworld ist sehr besonders, schmuddelig und frei von Glamour. Terrys Modelle sind dafür stets etwas besonderes, mal wirklich hübsch im klassischen Sinne, manchmal einfach nur nuttig oder etwas ganz einzigartiges. Mittlerweile gibt es den kompakten Fotoband, natürlich in der gewohnt guten TASCHEN Qualität auch in einer sehr günstigen Budget-Version und bei dem schmalen Preis sollte eigentlich kein Interessierter den Band nicht zur Hand nehmen. Ein spannender Bildband mit vielen ungewöhnlichen Aufnahmen, ohne Agenda oder verkopften künstlerischen Anspruch.
8 von 10 clever platzierte Pimmel