Samstag, 23. August 2014

Black Kiss #1 (Panini)

Black Kiss #1 (Panini)

Dieses Hardcover enthält die US-Hefte Black Kiss #1-#12.

Jazz Musiker und Ex-Heroin Junkie Cass Pollack steckt bis zum Hals in Schwierigkeiten. Die Mafia ist hinter ihm her und da er sie nicht bezahlt und sie ihn nicht erwischen können, ermorden die Gangster kurzerhand seine Frau und Tochter. Ab jetzt muss er nicht nur vor den Mafiosis fliehen, sondern wird auch noch von der Polizei als Mörder seiner Familie verfolgt. Da er aber die Prostituierte Dagmar Laine nach Hause gefahren hatte als die Morde stattfanden hätte er eigentlich ein Alibi, doch Dagmar und ihre unechte Zwillingsschwester und Bettgespielin Beverly Grove - ein ehemaliger Filmstar aus den Fünfzigern - haben selbst ein dickes Problem und werden ihm erst helfen, wenn er es ihnen und dann etwas für sie besorgt. Aus der Bibliothek des Vatikan ist eine Filmrolle verschwunden, die Bev bei Dingen zeigt, die Keiner von ihr wisse soll. Um dieses kompromittierende Filmmaterial zu kommen muss Cass sich in noch viel größere Gefahr bringen und spätestens als er einen satanischen Kult unterwandern soll und immer tiefer in einen Strudel aus Sex, Gewalt, Nekrophilie und Vampirismus gesogen wird, stellt er fest, dass die Mafiosi vermutlich sein kleinstes Problem waren.

Black Kiss ist sicherlich einer der berüchtigsten Indiecomics der Achtziger. Kein Wunder, so kommen doch einige Faktoren zusammen. Erstmal wäre da der erneut recht prüde gewordene Comicmarkt der damaligen Zeit, der natürlich recht hart vor den Kopf gestoßen wurde durch das mutige Werk. Ebenso war der Inhalt von Black Kiss auch wirklich gewagt und wäre es auch heute noch. Kredenzt wird schließlich ein hardboiled Krimi, der voll ist mit zum Teil äußerst explizit dargestellten Sexszenen und ausufernden Gewaltorgien. Hinzu kommt mit Howard Chaykin (American Flagg!) noch ein Zeichner und Autor, der schon vorher bewiesen hat, dass er nicht ungern und nicht gerade zimperlich krasse Reaktionen provoziert. Da er zudem auch gerne mal Dinge von sich gab, wie dass er zwischen den 70er und 90er Jahren selten bis nie nüchtern oder nicht high war trug er zudem auch selbst mächtig zur Legendenbildung bei.

Als die erste der zwölf Ausgaben im Sommer des Jahres 1988 erscheinen sollte, gab es gleich zwei Skandale. Erst wollte die Druckerei die schlüpfrigen Seiten nicht drucken lassen und kurz darauf mussten die Comics genauso wie Pornoheftchen in blickdichten Folien eingeschweißt werden um die Kids im Comicladen nicht zu schockieren, falls sie mal auf der Suche nach dem neuesten Archie Comic ins falsche Regal griffen. Auch heute ist Black Kiss weder leichte Kost, noch darf man irgendwie prüde sein um den Inhalt genießen zu dürfen. Große Proteste sollte der verdiente deutsche Re-Release allerdings nicht mehr hervorrufen können.

Einige male wird man aber dennoch kräftig schlucken - unbeabsichtigtes Wortspiel - beim Lesen dieser abstrusen Handlung. Cass Pollack trudelt halbwegs unverschuldet in ein Meer von verbrechen, lebte aber auch vorher schon mindestens in einem Tümpel voller Verbrechen. Durch die beiden Schönheiten Bev und Dagmar kommt er allerdings in Situationen die er sich vorher nicht hätte erträumen lassen. Sowohl im positiven, als auch im negativen Sinne. Die Handlung beackert Themen wie Satanismus, die düsteren Legenden Hollywoods, Drogenmissbrauch, Transsexualität, Fetische, Gewalt, Korruption, Religion und Vergewaltigung. Wobei gerade bei letzterem ganz klar gesagt werden muss, dass man gerade das Thema zu sehr pornographisch und exploitativ angeht. Abgesehen davon suhlt Zeichner und Autor Chaykin sich zwar ohne unterlass im Dreck behält sich dabei aber immer eine gewisse Klasse bei. Die Gewaltorgien schrammen oftmals an plumper Gewaltverherrlichung vorbei, während die Erotik nur ein paar Schritte von Pornographie entfernt ist. Beides ist Black Kiss aber keinesfalls und zu keinem Augenblick.

Wie erzählerisch, als auch optisch ist diese Gradwanderung teils beeindruckend und einer filigranen Arbeit verschuldet. Chaykin agiert meist ziemlich verplant und zumindest oberflächlich herrscht in seinen Zeichnungen das Chaos. Blickt man dann genauer hin, haben die oft verschmierten und skizzenhaften Seiten so viel mehr Struktur als man erst glauben mag. Sein Schreibstil und die daraus resultierenden Bilder folgen einem speziellen Rhythmus, verwirren gerne mal oder täuschen etwas vor nur um ein weiteres mal zu überraschen. In den späteren Kapiteln scheint der Wahnsinn dann aber doch zunehmend das Ruder zu übernehmen, am Ende passt dann doch alles.

Black Kiss ist ein harter und schmieriger Krimi, voll mit okkultem und deftiger Erotik. Spannend zu lesen, mitreißend, auf- und erregend, anders und hat man sich erstmal in die Welt des Comics zurechtgefunden wird das Verstehen auch zunehmend einfacher.

Das erste Black Kiss Volume erscheint bei Panini als Hardcover. Leider aber vollkommen ohne Bonusmaterial, was gerade bei solch einem speziellen Titel der schon einige Jahre auf dem Buckel hat doch sehr schade ist.

8 von 10 kleine Unterschiede