Manara Werkausgabe #15: Borgia (Panini)
Wir befinden uns im Rom des späten 15. Jahrhunderts. Vor nicht zu langer Zeit kam die macht strebende Familie der Borgias aus Spanien nach Rom. Dort gelüstet es ihnen wie eh und je nach noch mehr Macht. Als der amtierende Papst trotz aller unmenschlichen Lebenserhaltungsversuche das Leben und alles andere aus seinem alten Körper gehen lässt, sieht Kardinal Borgia, Familienoberhaupt des Borgia Clans, seine Chance und besticht und bedroht alle, die ihn dabei verhelfen könnten Papst zu werden. Kurz darauf kommt dann auch schon der weiße Rauch aus dem Schornstein. Dieser verkündet, dass aus dem alten Borgia nun Papst Alexander VI. geworden ist. Um nun auch noch sicher zu gehen, dass die Macht innerhalb der Familie bleibt werden noch sein Sohn Cesare und seine Tochter Lucretia miteinander vermählt. Ein weiterer Papst der so weit von der Frömmigkeit entfernt ist, wie die Jungfrau vom Kind, die Pest und ein Rom, das vollkommen in Sünde, Verrat und Verbrechen untergehen zu scheint, lässt die Bürger vom christlichen Weg abkommen. Alexander VI. nutzt nun all seine Macht und vor allem seine Skrupellosigkeit um die Bürger Roms wieder zu Gott zu führen. Wenn es sein muss auch mit Gewalt.
Wenn zwei talentierte und ebenso exzentrische Künstler wie Zeichner Milo Manara (X-Men - Frauen auf der Flucht) und Regisseur/Autor Alexandro Jodorowsky (El Topo) kann nur etwas großes oder etwas sehr enttäuschendes herauskommen. Zu groß die Gefahr, Jodorowskys Esoterik und gleichzeitig auch seine Gier nach ekstatischen Gewaltausbrüchen, könnten Manaras filigrane Erotik ersticken. Auch anders herum öffnet sich die Gefahr, Jodorowskys Fetische werden nicht genügend befriedigt.
Auf den hier enthaltenen über 200 Seiten Comicstory wird dann aber doch ein ungeahnter Spagat zwischen filigraner Erotik, prickelnden Momenten, aber auch den unmenschlichsten Verbrechen, Gewalt und sexuelle Abgründe tummeln sich hier im historischen Kontext der Päpste und der Borgias. Mit dem historischen Kontext nehmen es aber weder Manara als Zeichner, noch Jodorowsky als Szenerist wirklich ernst. Das Grundgerüst hangelt sich schon an den überlieferten und belegten Fakten der damaligen Zeit entlang, wenn es der Atmosphäre gut tut oder wenn es hilft die Scheinheiligkeit der klerikalen Elite zu verdeutlichen. Wenn man drüber nachdenkt alles doch eher oberflächlich und plump provokant. Beim Lesen selbst fällt so was aber nicht weiter auf, da die Story schnell für Begeisterung sorgen kann und schwupps, schon ist man in ihr gefangen und es bleibt keine Zeit mehr an die möglichen Verfehlungen zu denken, die die Künstler begangen haben.
Liegt auch daran mit welch rasantem Tempo Manara bildlich erzählt. Sauber aufgeräumte Seiten mit großen Paneln und klarem Lesefluss ermöglichen ein schnelles Vorankommen der Handlung und somit auch rasante Fortschritte innerhalb der Handlung. Visuell pendelt der Comic unentwegt zwischen der liebreizenden, manchmal auch gerne verruchten Erotik Manaras, die auf ekligste Gewalt und alle möglichen Grenzüberschreitungen trifft, die man von Jodorowsky erwarten kann. Reizvoll und abstoßend zugleich, so wie die Kunst der beiden gerne mal ist.
“Borgia” ist eine wuchtige Erzählung, bei der die Handlung nicht immer wichtig ist, sondern viel mehr das hintergründige das darin vermittelt werden soll. Geleitet wird jedoch beides teilweise recht reißerisch und eploitativ, durch die feinen Zeichnungen Manaras wirkt es letztlich aber dennoch nie billig oder zu einfach gestrickt. Vermutlich ist dieser Comic genau das, was David Laphams “Caligula” hätte sein sollen.
Wie schon bei den vorherigen Bänden der Manara Werksausgabe handelt es sich auch hierbei um ein großformatiges Hardcover Album mit jeder Menge Bonusmaterial und bester Qualität. Neben dem Comic enthält der Band ein Interview mit Manara, viele Hintergrundinfos zur Geschichte, der Entstehung des Comics und den Künstlern, sowie eine Bildergalerie.
8 von 10 angepinkelte Tintenfische