Die offizielle Marvel-Comic-Sammlung #59 - The Siege - Die Belagerung (Hachette)
Enthält die Miniserie The Siege #1-#4 und den One-Shot Siege: The Cabal.
Das Marveluniversum hat ein hartes Jahrzehnt durchgemacht. Die Ereignisse des “Heldenfalls” sorgten für eine Neuorientierung der Avengers, dann wurde durch “Tag M” die Mutantenschaft beinahe ausgelöscht. Im “Civil War” entbrannte ein Krieg, der die Heldengemeinde bis Heute entzweite und nur kurz darauf kehrte Hulk nach zurück auf die Erde und verwüstete New York. So brachte er nicht nur den “World War Hulk” aus dem All auf die Erde, sondern entlarvte auch die geheimen Tätigkeiten der Heldentruppe Illuminati. Dadurch verloren die wenigen, ehrbarem Helden die noch übriggeblieben sind, zusätzlich ihr letztes Funken Vertrauen. Als dann auch noch herauskam, dass viele der Helden schon lange durch Skrulls ersetzt wurden die seit langem eine Invasion vorbereiteten, waren die Superhelden am Ende. Dieses Machtvakuum füllte Norman Osborn, der meist unberechenbare und unzurechnungsfähige Grüne Kobold, aus. Seine Organisation HAMMER ersetzte S.H.I.E.L.D. und lies eine schreckliche Version der Rächer auf die Menschheit los. Aus einstigen Schurken wurden “Helden” und viele der vorherigen Rächer verkrochen sich in den Untergrund und wurden von Osborns Schergen gesucht. So viel macht hatte Osborn noch nie, der jetzt seine Koboldmaske gegen einen Kampfanzug von Stark Industries ersetzt hat und sich selbst Iron Patriot nennt und ihn könnte nichts mehr aufhalten könnte er jetzt auch noch die Asgardier besiegen die in ihrer Festung, über den USA schwebend, belagert werden.
“The Siege” ist das Finale einer dunklen Zeit, vermutlich der dunkelsten Zeit, der Marvel Superhelden. Die Handlung von Brian Michael Bendis (New Avengers) erzählt eine Parabel zu der damaligen amerikanischen Politik des Durchgreifens. In Osborn spiegelt sich Donald Rumsfeld wieder, damaliger Verteidigungsminister der USA unter Bush Jr. Ein Mann der mit aller Macht nicht nur für das seiner Meinung nach Gute kämpft, sondern zugleich auch seinen Einfluss erweitern möchte. Der gesamte Erzählstil ist dunkel und zynisch und rechnet somit mit einer schweren Zeit ab, die mit dem 11. September begann. Die politische Kritik ist hier unverkennbar und macht aus diesem Event jedenfalls einen Comic, der auch in vielen Jahren als Zeitzeugnis angesehen werden kann.
Trotzdem handelt es sich leider um keinen wirklich guten Comic. Klar ist das Writing nicht unbedingt schlecht, aber vollkommen überladen und trotzdem gleichzeitig plump. Zudem werden zu viele Charaktere nur deshalb verheizt, um den politischen Punkt hinter der Geschichte zu verdeutlichen. Vor allem Ares Abgang ist so übel reißerisch, geht gar nicht.
Das Artwork von Olivier Coipel (Thor) ist meist richtig gut, meist recht modern, knallig, schön wuchtig und actiongeladen, aber teilweise auch mit kleineren etwas oldschooligeren Anleihen versehen. So erinnern zum Beispiel ein paar Charakterdesigns etwas en John Romita Jr. So richtig ist der Comic dennoch nichts für mich. Ich fand die Zeit in der Osborn so mächtig war nie gut und werde meine Meinung da wohl nicht mehr ändern. Zum Teil hat das natürlich viel mit meiner persönlichen Meinung zu tun, zum anderen ist diese Phase des Marvel Universum wirklich auffällig reißerisch und bemüht düster geschrieben worden. Wem diese Gangart passt, der bekommt einen kompetent gemachten Comic mit ein paar kleineren schwächen, allein wegen der deftigen Gewaltdarstellung allerdings doch nur ein Comic für erwachsene, was Standard Marvel Titel für mich nicht sein sollten.
Dieser Hardcover Band hat erneut einige Extras zu bieten. Da wäre ein interessanter Artikel über den Werdegang von Norman Osborn, sowie eine umfangreiche Covergalerie der Varants und teilweise auch den Rohentwürfen dieser Cover.
6 von 10 zerstückelte Götter