Sonntag, 2. Oktober 2011

Prof. Sigmund Freud - 6 - Sein und Haben (STIL)


Prof. Sigmund Freud - 6 - Sein und Haben (STIL)

Auf die Wiener Bodencreditanstalt wird ein Überfall verübt. Die Gendarmerie greift ein - einer der Bankräuber wird erschossen, ein weiterer wird festgenommen, die übrigen fliehen mit der Beute. Sigmund wird von Karl in die Befragung des Gefassten eingeschaltet - der geistig verstörte Mann ist die einzige Möglichkeit, an die übrigen Räuber und die Beute zu kommen.

Freud befindet sich grade in einer seiner Sitzungen als er vom Gendarmerie Bezirksleiter Gruber in die Wiener Justiz gerufen wird, dort soll er sich mit dem einzigen Gauner beschäftigen, der bei dem besagten Überfall gefasst wurde. Ein scheinbar einfacher Mensch mit einem „schlichten Gemüt“, wie der Professor sagt, scheint dieser junge Mann zu sein. Es gelingt ihm dennoch über das Mitleid für den Verlust des Bruders, welcher bei dem Überfall um kam, einen Zugang zu bekommen.
Was in dieser Folge als dramaturgisches Element besonders gut zur Geltung kommt, sind die Wechsel zwischen scheinbar "alltäglichen" Sitzungen des Professors in denen es um Todeswünsche, Habgier und Eheprobleme zu gehen scheint, diese aber alle in gewisser Weise mit dem Hauptthema der Folge nämlich der Gier zu tun haben und auf der anderen Seite die kriminologische Verfolgung des Falles. Beides führt den Hörer gekonnt zu Freuds Theorie der Verschiebung von Triebeswünschen hin zur Habgier, als Sublimierung von sexuell und frühkindlich geprägten Verhaltensweisen. Diese Theorie wird dann auch noch vom Professor selbst anschaulich dargelegt, was vielleicht aus Sicht der heutigen Zeit etwas befremdlich wirken kann, sind ja viele Theorien bereits erweitert oder überarbeitet worden, so sind sie doch im Kern und der historischen Relevanz gut platziert. Die innere Zerrissenheit Freuds manifestiert sich dieses Mal in immer stärken Gedankengefechten zwischen den Instanzen des Selbst, gemischt mit dem Erlebten, was wieder zeigt das auch der Professor bisweilen selbst mit seinen inneren Dämonen zu kämpfen hat, was ihn auch nach außen hin sehr schwächt.
Die Geschichte schafft es zusätzlich eine subkontextuelle Gesellschaftskritik am System des Geldes und dessen Verteilung unter den Reichen im Gegensatz zu allen anderen Menschen, dazulegen. Eine moralische Frage die bis zum Ende bestehen bleibt, und vom Professor in einem gekonnt formulierten Abschlusssatz konkretisiert wird nämlich das lediglich dem Recht aber nicht der Gerechtigkeit Genüge getan worden sei.
Auch in der mittlerweile sechsten Folge bin ich von Aufbau und Umsetzung der Serie offen begeistert die Kreativität in Kombination mit einer guten Recherche des Hintergrundwissens gepaart mit einer inneren Ruhe in der Erzählweise geben jedem die Möglichkeit zur Selbstreflektion ohne dabei aufdringlich zu sein. Etwas das mir aber wirklich unangenehm auffiel war das Fehlen eines professionellen Kommentares am Ende der Folge, welcher grade dieses Mal ob Freuds „Triebverschiebungstheorie“ mehr als Interessant und nötig gewesen wäre.


8.4 von 10 von Gier getriebene Seelen