We need to Talk about Kevin (2011) [Eurovideo]
Schon seit der Geburt ihres Sohns Kevin (Rock Duer / Jasper Newell / Ezra Miller), schafft Eva (Tilda Swinton) es nicht eine Verbindung zu ihm aufzubauen. Dies führt dazu das er alsbald beginnt sich sehr merkwürdig zu verhalten. Doch egal wie schlecht und kaltblütig er sich verhält, sie versucht weiterhin ihn irgendwie zu lieben, selbst wenn er schreckliche Dinge anstellt.
Ein Drama sollte Emotionen beim Zuschauer auslösen, dazu bleibt die Verfilmung des gleichnamigen Buchs von Lionel Shriver aber stets zu distanziert, egal wie nahe Regisseurin Lynne Ramsay die Akteure auch vor die Linse holt. Jedenfalls war ich zu keiner Zeit emotional in die Handlung involviert. Die Mutter behandelt ihr Kleinkind schrecklich holt sich aber keine Hilfe, der Vater bekommt nichts davon mit das seine Familie ein Scherbenhaufen ist und Kevin selbst ist so übertrieben böse und zwar von Anfang an, dass er wie der böse Zwilling von Damien aus Omen wirkt. Irgendwie muss ich an die Simpsons Halloween Folge mit Barts fiesem Zwilling Hugo denken. Dann wäre da nur noch Kevins kleine Schwester, aber allzu sehr interessiert mich ihr Schicksal dann aber doch nicht, da sie nicht mehr gemacht hat als nervig mit ihrem Spielzeughund um die Wette zu bellen. Die Charaktere waren mir also entweder unsympathisch oder egal. Am schlimmsten steht es aber um Kevin, der schon als Kind als dämonische Bestie dargestellt wird. Von Anfang ist er so verdammt böse, fast so als wäre er von Natur aus böse. Klar zeigt der Film den Werdegang zu dem was er am Ende ist, doch seine natürliche Bosheit scheint mindestens genauso ein großer Teil zu seinen Taten beigetragen haben, wie die Misshandlungen seiner Mutter. Dann stört mich noch das wir die meiste Zeit mit Eva Mitleid haben sollen, die aber nie wirklich etwas getan hat um sich zu bessern. Zwar gibt sie sich immer wieder Mühe ihr Verhältnis zu ihrem Sohn zu verbessern, aber genauso schnell bringt sie auch wieder eine Aktion die zeigt wie scheiße sie ist.
Ziemliches Todesurteil für ein Drama wie ich finde. Zudem behindert die Erzählweise, bei der immer wieder verschiedene Zeitebenen nebenher weitergeführt werden die Emotionale Bindung zu den Figuren. Oftmals werden Ursuche und Reaktion gleichzeitig aufgezeigt, womit man schlagartig vor beidem steht und keine eigene Reaktion darauf entwickeln kann, sondern die hinnehmen muss, die man vom Film geliefert bekommt. Dramatik entsteht auch im eigenen Kopf, indem man sich ausmalt was passieren könnte. Dazu bleibt einem bei dieser Erzählart aber keine Gelegenheit.
Ansonsten ist der Film aber durchaus gut, okay teilweise etwas übermäßig artsy, ja man merkt man möchte den etwas überheblichen Kritikern gefallen und auch das Tempo ist nicht immer das aufregendste, aber geht soweit schon klar. Na gut der Soundtrack ist teilweise auch eher nervig und ist wohl auch absichtlich sehr anders, aber Spielerisch und Optisch macht der Streifen ordentlich was her. Lynne Ramsay hat in der Filmschule aufgepasst, weiß wo sie die Kamera hinstellen muss, kann Szenen toll arrangieren, spielt gekonnt (manchmal zu offensichtlich) mit Symbolik und lässt alles sehr ästhetisch aussehen (vielleicht manchmal auch zu ästhetisch). Ohne viele große Gesten schafft es Tilda Swinton (Constantin) auf subtile Weise ihrer Rolle viele Facetten zu verleihen und bedient gekonnt eine große Bandbreite von Emotionen. Neben ihr bleibt John C. Reilly (Magnolia) recht blass, was vom Skript aber auch so gedacht ist, aber auch seine Performance ist äußerst solide. Großartig sind auch die drei Jungs, die Kevin in seinen verschiedenen Stadien spielen, zwar dürfen sie nur böse oder arrogant schauen, aber dies tun sie auf eine sehr eindringliche Art, schade das der Charakter so übermäßig böse angelegt wurde, ansonsten hätte man in ihm nämlich auch das Opfer sehen können das er nun mal ist, so wirkt er nur wie das Monster, das er auch, aber ja eigentlich nicht nur ist.
6 von 10 Meerschweinchen im Abguss