Sonntag, 28. Oktober 2012

I melt with You (2011) [Schröder Media]

I melt with You (2011) [Schröder Media]

Richard (Thomas Jane), Ron (Jeremy Piven), Tim (Christian McKay) und Jonathan (Rob Lowe), schon seit Schulzeiten beste Freunde. Mittlerweile sind sie alle in ihren Vierzigern und haben Familien, Karrieren, wichtige Jobs und viel Geld. Eigentlich haben sie sich schon lange aus den Augen verloren, doch einmal im Jahr treffen sie sich, mieten eine Villa an und verbringen ihren Urlaub gemeinsam. Sie feiern Tims Geburtstag und lassen für eine Woche alle Fesseln des Alltags hinter sich. Sie schmeißen sich unfassbar viele Drogen rein, besaufen sich und laden junge Damen zu sich ein. Auch in diesem Jahr läuft alles wie immer, zumindest solange, bis sie an einen alten Pakt erinnert werden, den sie vor 25 Jahren geschlossen haben. Durch diese alte Abmachung wird das Leben aller vier Männer komplett in Frage gestellt, mit schrecklichen Konsequenzen.

Vier oberflächlich gesehen in allen Belangen erfolgreiche Männer der gehobenen Klasse werden bei ihrem alljährlichen Treffen daran erinnert, dass niemand von ihnen jemals das erreicht hat, was er sich vorgenommen und erträumt hat. Jedem wird bewusst, dass sein Leben nur eine traurige Lüge ist, und alle vier stecken mitten in ihrer Midlifecrisis. Zusammen mit Unmengen von Drogen führt all dies zu nichts Gutem. Wenn man Mark Pellingtons Filmography anschaut, erwartet man eigentlich nichts besonderes von “I melt with You”. Außer seiner Pearl Jam Doku kannte ich bisher nichts von ihm, er hat aber eigentlich nur viel Fernsehkleinkram und Kurzfilme gemacht. Wie intensiv und aufwühlend der Film dann letztlich werden würde, konnte ich mir also nicht denken. Ein Kritikpunkt, den viele an diesem Film haben, ist dass es ihnen unmöglich ist, mit den Männern mitzufühlen, da sie so wohlhabend und trotzdem nicht zufrieden sind mit ihrem Leben. Außerdem sind sie alle selbst schuld daran, dass ihr Leben so verläuft, weil sie alle Scheiße gebaut und/oder aufgegeben haben. Allerdings werden die vier Männer auch nicht als arme Typen dargestellt, sondern als komplexe Figuren, die viele Fehler haben. Durch die Mehrschichtigkeit der Charaktere wird es im Verlauf aber relativ leicht Mitleid mit ihnen zu haben, da man immer mehr versteht, warum sie so sind. Wenn man dann auch noch selbst, so wie ich, relativ verloren ist in unserer wohlhabenden Gesellschaft, spricht der Film viele Punkte an, die im Hinterkopf rumgeistern. Wenn man beim Schauen also bereit ist sich und seinen Lebensstil zu reflektieren, dann werden diese alten hedonistischen und nihilistischen Männer sehr schnell sympathischer und man kann relativ gut mitfühlen, was mit ihnen geschieht.

Zu Beginn verläuft alles noch recht langsam, nach einem verdammt guten Texttafel Intro, das auch für sich alleine gut als Kunstwerk stehen könnte, werden die Charaktere langsam vorgestellt. Dabei entblättern sich nur langsam die verschiedenen Schichten der Figuren. Stellenweise fehlt dabei vielleicht ein wenig Tempo, ich empfand es trotzdem nicht als störend. Die vier Hauptcharaktere werden unheimlich gut gespielt. Alle vier Schauspieler sind extrem glaubwürdig und haben jeder für sich Performances abgeliefert, die nach einigen Superlativen schreien. Dem Regisseur muss man Talent für schöne, bewegende, verstörende und fesselnde Bilder attestieren. Er weiß, wo er die Kamera hinrichten muss, um eine möglichst interessante Szene einzufangen, zudem wird in den Drogenszenen auch noch schön mit ungewöhnlichen und abgehackten Schnitten experimentiert. Symbolismus ist auch vorhanden, wirkt aber nie aufgesetzt oder zu verschwurbelt. Oh und dann ist da noch der Soundtrack. In einem der Reviews, die ich gelesen habe, hieß es der Soundtrack klingt so als hätte ein 50-Jähriger seit über 20 Jahren keine neue Platte gekauft und hört nur alten Kram, der niemanden interessiert. Lustig da die Musikzusammenstellung ja auch rüberbringen soll, dass diese erwachsenen Männer diese Musik noch hören, weil sie einmal im Jahr ihre Jugend wieder aufleben lassen und verdrängen, in was für einem unbefriedigenden Alltag sie gefangen sind. Außerdem gibt es bei den Songs absolut nichts zu meckern. The Cure, The Cramps, The Pixies, Janes Addiction, Sex Pistols, Bauhaus, Dead Kennedys, Talking Heads und noch einige geile Bands mehr. Wer nur ein wenig Ahnung von guter Musik hat, kann da überhaupt nicht meckern.

Zuerst ein leises Drama mit düster humoristischen Untertönen, entwickelt sich “I melt with You” zusehend zu einem sozialkritischen Psychodrama samt pumpenden New Wave/Punk Soundtrack mit fiesem Thriller Ende. Eine starke Regiearbeit in Verbindung mit einem ebenso ausdrucksstarken Cast und bedrückend realem Drehbuch. Dieser Film wird nur wenige Fans finden, diese werden ihn vermutlich aber innig lieben.


Die DVD von Schröder Media hat ein super Bild, die deutsche Synchro ist ebenso gelungen, nur an Extras hat die Disc nicht viel zu bieten außer einem Trailer. Dieser ist mit seinen fast fünf Minuten recht lang und funktioniert auch gut ergänzend zum Film und stellt eigentlich eher eine längere Version des Intros dar als Werbung für den Hauptfilm. Einen Audiokommentar hätte ich hier aber sehr spannend gefunden.

8,7 von 10 letzte Rasuren