Adolf im Wunderland (Festa)
Der zweite Weltkrieg ist schon lange Geschichte. Die Achsenmächte konnten mit Leichtigkeit siegen und Hitlers deutsche Reich sich somit über den gesamten Planeten ausbreiten. Nur irgendein unbekannter kleiner Ort in den USA, ____Stadt, konnte sich vor Zucht und Ordnung erwehren. Zwei SS-Offiziere werden nun vom Führer entsandt um auch die letzte Enklave der seelischen Verschmutzung auszulöschen. Doch der erste kommt dort gar nicht erst an, der andere wird erst geschrumpft, dann noch mal geschrumpft, verliert sein Gedächtnis und verliert seine eigentliche Mission immer mehr aus den Augen als er sich mit störrischen Geistern, Männern ohne Nasen (die Roger Augenbrauen heißen) und dicken Walmännern herumärgern muss. Und immer wieder kommt die Frage auf ob er nicht vielleicht Hitler ist und wenn ja, was macht er eigentlich an diesem merkwürdigen Ort. Wenn nicht, dann ist die Frage aber auch nicht weniger angebracht.
Viel zu lange habe ich Carlton Mellick III Pause gehabt. Jetzt endlich habe ich mich an die mittlerweile nicht mehr ganz taufrische, aber immer noch aktuellste deutsche Veröffentlichung getraut. Wie schon gesagt erzählt “Adolf im Wunderland” die Geschichte eines Nazis, der endgültig das Problem mit der Unvollkommenheit aus der Welt schaffen soll. Bei dem Versuch seine Mission zu erfüllen taumelt er jedoch wie auch die arme Alice, die ja bekannterweise auch mal in einem Wunderland verschwunden ist, von einer unmöglichen Welt in die nächste. Dabei trifft er auf goldene, göttliche Aale, Siamesische Zwillinge, muss selbst zu einem Zwilling mit einem Nazischwein werden und damit meine ich ein wirkliches Nazischwein. Um genau zu sein ein Naziwarzenschwein. Alles was er hierbei entdeckt stellt seine Auffassung von Normalität in Frage, aber ob er das wohl versteht ist fraglich.
An dieser Stelle wird schon relativ klar, wie sehr Mellick III die Botschaft seines 185-seitigen Geschreibsels den Lesern auf die Nase bindet. Die Botschaft ist cool und die Pointe in der letzten Sekunde ist vollkommen gelungen, etwas mehr Raffinesse hätte ich von einem derartig fantasievollem Autoren wie ihm jedoch schon erwartet. Auch in anderen Punkten wie der Logik der Geschichte, Gewalt und vor allem Sexualität ist er überraschend zurückhaltend. Jedenfalls ist man von ihm eine sehr viel härtere Gangart gewohnt. Was aber typisch für ihn ist, ist das ungeahnte Tempo in dem er neue Figuren einführt, alte abdanken lässt und alles durcheinander würfelt nur um dann im rasenden Tempo alles hinter sich zu lassen. Die Kapitel sind selten mehr als 3-4 Seiten lang und ein wirklicher inhaltlicher Tiefgang kann dabei natürlich nicht erreicht werden. Stattdessen lebt die Story von ihren schillernden Charakteren, darunter einige famos originelle Figuren. Genauso können die blumigen Beschreibungen gefallen, die teils gerne Farben mit Formen erklären oder Gerüche mit Uhrzeiten. Alles sehr abgedreht aber tatsächlich wohl seine bisher zugänglichste Arbeit die übersetzt wurde.
Bizarr-Fiction Veteranen brauchen vielleicht etwas mehr Wahnsinn, als lockere und trotzdem weit vom Mainstream entfernte Lektüre ist Adolfs Reise ins Wunderland ´bestens geeignet. Der Roman liest sich schnell und flockig weg, langweilig wird es dabei nie.
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