Prophecy #1 (Carlsen Manga)
Ein neues Youtube Phänomen hält Japan in Atem. In regelmäßigen Abständen lädt ein unbekannter Mann, der zum Schutz seiner Identität immer eine Zeitung über seinem Gesicht trägt, neue Videos hoch in denen er Menschen an den virtuellen Pranger stellt, die kurz zuvor etwas schreckliches getan haben und sich darüber im Internet ausgelassen haben. Doch damit nicht genug: In den selben Videos kündigt er an es diesen Personen heimzuzahlen und so werden Cybermobber, unehrliche Leute, Trolle und Ähnliches in der Realität selbst zu Opfern der Selbstjustiz des Unbekannten. Bald wird der Online-Star jedoch sogar zum Killer, was seine Beliebtheit bei vielen seiner Zuschauer erst noch erhöht. Die Polizeiabteilung für Netzkriminalität beginnt sogleich mit Ermittlungen, doch alle Täterbeschreibungen widersprechen sich kurioserweise.
Ein neuer Manga, der weder sexuell geifernde nimmersatte Damen und Herren zur Schau stellt, nichts mit Sammelkartenspielen zu tun hat oder aus dem endlos Action, Emo-Mystery oder Romance Bereich kommt. Stattdessen endlich wieder was für ältere Leserinnen und Freundinnen von härterem Thriller. Ein wenig erinnert die Handlung an Serien im Stile der Sorte “Death Note” und Konsorten. Die Handlung nimmt sehr schnell Fahrt auf, vielleicht sogar zu schnell. Was dennoch nicht gerade verwunderlich ist, da Tetsuya Tsutsui (Manhole) die Reihe nur auf drei Bände angelegt hat. So werden die Täter schon hier bekannt, genauso wie ihre Beweggründe und die Polizei ist ihnen schon nah auf den Fersen.
Die Polizeibeamtinnen sind dabei, wie so oft im Leben, das größte Problem. Sie sind alle keine interessanten Figuren, ohne nennenswerte Charakterzüge oder Merkmale. Sowohl ihr Tun, als auch ihr Aussehen sind eigentlich total egal. Zudem sind sie auch noch so unsympathisch, dass ich zu keinem Zeitpunkt daran habe, alle meine Sympathien an die unzurechnungsfähigen Killer zu geben. Dies war vermutlich aber nicht die Intention des Autors. Die Chance einen ethischen oder moralischen Zwiespalt aufkommen zu lassen ist damit leider schon vertan. Daraus wird aus einem potentiell hervorragenden Net-Thriller ein nur noch guter Manga. Die Täter sind dafür aber spannend genug um weiter zu lesen, wie ihr Weg weitergeht ist nämlich wirklich interessant. Bekämen sie bessere Gegenspieler, dann könnte Prophecy ein kleiner Hit werden.
Optisch sind vor allem die Charaktere durch ihre kaltes Auftreten und ihre markanten Ecken und Falten eine ersehnte Abwechslung von dem Einheitsbrei des Mediums. Dafür spart man durchgängig an Hintergründen und Kulissen, wodurch leider keine eigenständige visuelle Sprache etabliert werden kann. Bisher scheint es daher nicht so als könne Tsutsui wirklich an seinen Überraschungshit “Manhole” anknüpfen. Zu den genannten Problemen kommt noch hinzu, dass ein paar der Gags recht zweifelswürdig sind und dem Ton der Geschichte sehr schaden. Sehen wir uns an wo es hingeht.
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