Die Kolonie (Reprodukt)
Doug arbeitet in einer Echsenkolonie und betreut dort die menschlichen Brüterinnen. Er versorgt sie mit immer neuen Lesestoff, damit sie sich wohlfühlen. Dabei ist diese Welt doch gar nicht real und die Kolonie nur ein Comic. Gleichzeitig entdeckt er auf einem Flohmarkt in der Wirklichkeit die Schundhefte, die sich seine Lieblingsbrüterin wünscht und die er für seine Freundin kauft. Ist das wirklich sein reales Leben? Und wenn ja, was verraten die alten Liebescomics über die Teile seines Lebens an die er sich nicht mehr erinnern kann? Traum, Realität und Fiktion vermischen sich mehr und mehr und schon lange kann keiner dieser Teile mehr ohne die anderen existieren.
Charles Burns führt hier weiter was er in „X“ begonnen hat. Allerdings habe ich erst im Nachhinein bemerkt das die Kolonie nicht für sich allein steht, sondern nur ein Teil einer größeren Geschichte ist. Allerdings glaube ich, das ich die Geschichte soweit wie möglich auch so verstanden habe. Dougs Suche nach der Wahrheit macht nämlich auch so irgendwie Sinn und ich bin mir fast sicher, dass dieses Album auch in Verbindung mit X nicht viel mehr Sinn macht. Das große Ganze wird wohl eh erst klar wenn die Geschichte abgeschlossen ist. Allein stehend erzählt Burns hier eine tragische Horrorgeschichte die einen jungen Mann zeigt der nicht nur eine schwere Beziehung zu seiner Freundin und zu seinem Vater zu haben scheint, sondern auch zwischen vielen verschiedenen Parallelwelten gefangen ist.
Die verschiedenen Ebenen sind allesamt spannend und interessant gestaltet. Vor allem die Kolonie mit den Echsen strahlt eine unheimliche Faszination aus und erinnert nicht nur zufällig an einen gewissen Abenteuer Helden von Hergé. Auch die anderen Realitäten oder schein Realitäten sind voll mit Albtraumhaften Dingen, mal fantastisch, mal real und aus dem Leben gegriffen. Immer schrecklich, aber immer auf eine andere Weise. Optisch setzt Burns auch dies wieder schlagkräftig um. Der Stil wirkt befremdlich und gleichzeitig auf eine befremdliche Weise altbekannt. „Die Kolonie“ sieht nicht aus wie ein typischer Horrorcomic, ganz im Gegenteil. Aber das ändert nichts daran wie schrecklich das gezeigte auf den Leser wirkt.
Genauso wie bei Black Hole muss man sich auch hier auf den Comic einlassen um ihn völlig genießen zu können, da er stark von den eigentlichen Lesegewohnheiten abweicht, wenn man mit der Eigenartigkeit erstmal zurecht kommt, erlebt man einen ganz besondere Comicgeschichte, wie nur Charles Burns sie erschaffen kann.
Das 56-seitige Album kommt im äußerst hübschen Hardcoverumschlag und der bekannten hohen Druckqualität von Reprodukt. Lohnt sich sehr und ist angenehm anders.
8 von 10 herrische Echsen