Fast
ein Jahr ist seit dem grausamen Ende ihres ersten gemeinsamen Falls
vergangen, als Saga Norén (Sofia Helin) bei Martin Rohde (Kim
Bodnia) in Kopenhagen auftaucht. Unter
der Öresundbrücke ist ein Schiff auf Grund gelaufen, in dem mehrere
Jugendliche sowohl dänischer als auch schwedischer Nationalität
angekettet und sediert gefunden wurden, und Saga würde gerne wieder
mit Martin zusammenarbeiten. Martin - sichtlich gealtert und unfähig,
sein seelisches Leid verbergen zu können - willigt sofort ein,
könnte der neue Fall doch einen Schritt aus seinem von Trauer
geprägten Leben bedeuten. Doch
schon bei der Befragung einer der Jugendlichen kommt es zu einem
Zwischenfall und, als die Jugendlichen an einer extrem aggressiven
und ansteckenden Form der Lungenpest sterben, müssen Martin und Saga
wegen Mordes ermitteln. Kurze Zeit später richtet sich eine
maskierte Gruppe per Video an die dänische und schwedische
Öffentlichkeit und klagt sie ihrer Verbrechen gegen Mensch und Natur
an...
Ich
habe mich sehr gefreut, als ich hörte, dass Die Brücke eine zweite
Staffel spendiert bekommt. Mein Urteil über die erste Staffel fiel
ja durchaus positiv aus. Die Charaktere sind schön gestaltet und gut
gespielt. Die Geschichte ist komplex
und kann einige Male wirklich überraschen. Kann die zweite Staffel
das Niveau also halten?
Zuerst
wirkt es etwas langweilig, dass man anscheinend erneut mit einer Form
des Terrorismus zu tun bekommt. Entwickelt sich der
"Wahrheitsterrorist" in der ersten Staffel doch allmählich
zu einem von sehr persönlichen Motiven getriebenen Menschen, der
sich jedoch erst spät zu erkennen gibt, scheinen die Verhältnisse
in der zweiten Staffel relativ schnell klar zu sein. Der Zuschauer
bekommt die Menschen hinter den Masken zügig präsentiert, doch
hinter diesen Kleinkriminellen und Idealisten
stehen weitere, weitaus mächtigere Personen.
Die
Verwicklungen und Wendungen möchte ich nicht detailliert
aufschlüsseln, das würde zum einen zu viel verraten und zum anderen
auch zu mühselig sein, ohne einen größeren Nutzen für die
Besprechung zu haben. Es bleibt zu sagen, dass mit den Erwartungen
und Vermutungen der Zuschauer immer wieder gespielt wird, was
allerdings teils dazu führt, dass einige
wenige Ereignisse oder Verbindungen wie aus dem nichts kommen bzw.
etwas zu weit hergeholt wirken. Gerade zum Ende hin nehmen
Glaubwürdigkeit und Wahrscheinlichkeit dadurch leider etwas ab.
Nichtsdestotrotz
unterhält die Serie auch in der zweiten Staffel wieder durch die
gesamten 578 Minuten. Das liegt hauptsächlich daran, dass die
meisten Charaktere - so untergeordnet
ihre Rolle auch sein mag - Seele haben und menschlich wirken.
Erfreulich ist, dass bei der Gestaltung der Charaktere sehr wenig auf
Geschlechterklischees zurückgegriffen wird und sich darauf
konzentriert wird, vielschichtige, glaubwürdige Menschen
darzustellen. Prima!
Neben
der Haupthandlung sind natürlich die Entwicklungen im Privatleben
Martins und Sagas bestimmend. Und auch, wenn die Handlung durchaus ok
ist und seine Momente hat, jedoch nicht durchweg überzeugen kann,
liegt hier doch die Stärke der Serie.
Saga
muss sich mit einer für sie neuen Lebenssituation abfinden. Sie hat
sich trotz ihrer Probleme mit anderen Menschen auf eine Beziehung
eingelassen und ihr Freund ist sogar bei ihr eingezogen. Doch vieles
überfordert sie bzw. ist für sie unverständlich. Dadurch entstehen
erneut einige sehr unangenehme Szenen, doch bekommt man langsam -
auch durch Martins Zutun - einen Einblick in Sagas schwierige
Gefühlswelt.
Auf
Martins Seite scheint es noch zu Beginn der Staffel bergauf zu gehen.
Die Zusammenarbeit mit Saga gibt ihm die Kraft, Jens im Gefängnis zu
besuchen und so die Ereignisse vor einem Jahr zu verarbeiten. Damit
einhergeht, dass sich sein Verhältnis zu seiner Frau Mette (Puk
Scharbau) und seinen Kindern bessert, er sogar mit dem Gedanken
spielt, wieder zu ihnen zu ziehen, nachdem er nun lange Zeit im Hotel
wohnte, da er ihnen nicht gut tat.
Ähnlich
wie bei Kommissarin Lund nimmt die Geschichte des Charakters jedoch
im Laufe der Staffel eine Wendung, die zwar in sich schlüssig ist,
aber unterschiedlich aufgenommen werden kann. Kim Bodnia selbst
scheint so unzufrieden mit Martins Zukunft zu sein, dass er für die
dritte Staffel leider nicht mehr zur Verfügung steht. Das ist
furchtbar schade, denn egal, was man vom Staffelfinale halten mag,
birgt Martin doch noch soviel Potenzial.
Mal
sehen, wie Saga mit dem noch nicht näher benannten Norweger
zusammenarbeiten wird...
Die DVDs der Box
haben eine super Bild und der Ton ist sowohl auf Deutsch als auch im
dänisch/schwedischen O-Ton vorhanden. Zwar sind nur die deutschen
Untertitel für Hörgeschädigte verfügbar, aber diese
freundlicherweise farbig, so dass man unterscheiden kann, wer was
spricht. Neben den fünf Episoden gibt es als Zusatzmaterial
Interviews mit den Darstellern.
Die
Brücke - Staffel 2 knüpft gekonnt an die erste Staffel an und kann
mit großartigen Charakteren und interessanten Handlungsteilen
punkten. Gerade der Beginn der Haupthandlung hat leider etwas viele
Reminiszenzen an die erste Staffel. Das Finale wirkt zudem durch
seine wenigen Antworten allzu beliebig und unbefriedigend.
Dennoch eine dufte Serie, die ich auch ohne Bodnia weiterschauen
werde!
7,3
von 10 versunkene Altlasten