Donnerstag, 9. August 2012

Risen 2 - Dark Waters (Xbox 360)

Risen 2 - Dark Waters (Xbox 360)

Als Agent der Inquisition fristet ihr euer Dasein auf einer dem unterganggeweihten Steinfestung auf einer kleinen Insel. Durch einen Kraken seid ihr so gut wie von der Außenwelt abgeschottet. Um das zu ändern, bekommt ihr einen ganz speziellen Auftrag. Undercover sollt ihr euch als Pirat auf die Suche nach einem magischen Speer machen, mit dem man nicht nur den Kraken, sondern auch die Titanen bekämpfen kann und somit das zerstörte Land langsam wieder stabilisieren könnte. Gemeinsam mit Patty und ihrem Vater, Kapitän Stahlbart, macht ihr euch auf eine lange Seereise, auf der ihr viele Inseln erkunden und große Schätze ausfindig machen müsst.

Aller Anfang ist schwer!

Trifft eigentlich auf jedes Rollenspiel zu. Erst muss man sich in eine komplexe, fremde Welt einfühlen, Feinheiten des Kampfsystem erlernen, Taktiken für die verschiedenen Monster ausklügeln und sich Gedanken über seinen Charakter und dessen Ausrichtung machen. Auch der Anfang von Risen 2 ist schwer - oder sagen wir besser - zäh.

Denn der Anfang ist ein wenig holprig, was aber nicht an den oben genannten Punkten liegt, sondern an anderen Problemen. Zwar ist euer namenloser Held anfänglich Mitglied der Inquisition, doch scheinbar kann er nichts. Eure einzige Fähigkeit ist, mit dem Säbel zuzuschlagen. Da gibt es dann eine Dreierkombo, für die ihr die X-Taste dreimal hintereinander drückt, und das war es. Jede andere Kleinigkeit muss erst erlernt werden. Zum Beispiel müsst ihr zu Beginn lernen zu Schleichen, was ihr durch den Druck auf den linken Analogstick auswählt. Um zu lernen, wie man schleicht, müsst ihr aber Gold bezahlen. Später bezahlt ihr noch viel mehr Gold und setzt Ruhmespunkte ein, um zu lernen wie man tritt, Schlösser knackt oder Taschendiebstahl betreibt. Dabei leidet ihr Konstant unter starkem Geldmangel. Sobald ihr auch nur einmal eine falsche Fähigkeit kauft oder einen Mentor überseht, habt ihr schnell ein echt großes Problem, da ihr bestimmte Fähigkeiten braucht, um an Geld zu kommen, was ihr wiederum braucht, um euren Charakter zu einer brauchbaren Persönlichkeit zu machen.

Ärgerlich wenn man sich dazu entscheiden sollte, alles in Affen oder Papageien zu investieren, nur um zu bemerken, dass beide nur extrem wenig weiterhelfen. Der Papagei lenkt die Gegner kurz ab, was nett wäre, wenn man dafür nur eine kleine Quest machen müsste. Man muss aber viel Geld und Ruhm einsetzen, um ihn zu bekommen - genauso wie bei dem Affen, den man zwar zum Klauen benutzen kann und dazu, um an eine Handvoll Items zu kommen. wo man selbst nicht hingelangen kann. Allerdings wird der Affe genauso schnell erwischt und ist dann sehr flott einfach tot.

Am Anfang werdet ihr also vollkommen damit beschäftigt sein, euren Charakter zu einem Kämpfer zu machen, der auch irgendwas kann.



Muskete oder lieber mit Puppen Spielen?

Habt ihr die ersten unfassbar zähen Stunden überstanden und langweilige Kämpfe mit nur einem Finger gewonnen, sollt ihr euch entscheiden. Ihr habt die Wahl, ob ihr lernt, mit Musketen umzugehen, oder, ob ihr euch den eingeborenen Stämmen anschließt und zum Voodoo-Piraten werdet. Letzteres bringt ein wenig Abwechslung ins Spiel und ist zumindest für die Anfangszeit ziemlich spannend - beides hat Vor- und Nachteile. Der Umgang mit den Musketen ist für die ersten 10 Stunden sehr nervig, weil ihr einfach nichts trefft. Ihr müsst also viel Zeit fürs Verbessern eurer Schussfähigkeiten einsetzen, erst dann bringt es euch wirklich weiter. Im Gegensatz dazu sind die Fähigkeiten als Voodoo-Priester sehr reizvoll. Vor allem zu Beginn ist es Klasse, sich in den Körper einer reichen Person zu zaubern und ihn dazu zu nutzen, sich selbst zu bestehlen. Allerdings lohnt es sich nicht auf lange Sicht, in die Voodoofähigkeiten zu investieren. Später könnt ihr auch Ausrüstungsgegenstände selbst schmieden oder Tränke herstellen, aber auch hier stellt man bald fest, dass sich der Zeit- und Goldaufwand einfach nicht lohnt, da die Zutaten schwer zu bekommen sind und ihr in dem nächsten Shop ohne Probleme bessere Items erstehen könnt.


Blinde Kühe, rasante Warzenschweine und Monster die stark depressiv sind.

Kennt jemand „Negative Man“ aus dem Rollenspiel Klassiker EarthBound? Dieser Gegner bekämpft euch zusammengekauert auf dem Boden sitzend und macht immer mal wieder nihilistische Bemerkungen während des Kampfes. Er wehrt sich nur ungern und zieht euch selten mehr als einen HP ab, da er so ein schlechtes Selbstvertrauen hat.

Genauso sind die Gegner in diesem Spiel auch öfter mal. Nicht selten tötet man eine Warzenscheinherde, ohne das sich auch nur eines von ihnen gegen euch wehrt. Widerum haben manche Monster auch mal schlimme Tobsuchtsanfälle, in denen sie wie bekloppt auf euch einschlagen. Kann dazu führen, dass selbst einfache kleine Monster euch plötzlich töten und ihr nichts dagegen tun könnt. Ansonsten halten die Kämpfe aber keinerlei Überraschungen bereit. Wenigstens die Riesenkrabben müsst ihr erst treten, damit sie umfallen und auf dem Rücken liegen, damit ihr sie einfacher bekämpfen könnt. Ansonsten drückt ihr pausenlos „X“ und hofft, dass der Kontrahent vor euch umfällt. Kein befriedigendes Spielgefühl.

Ansonsten hat man auch nicht immer das Gefühl, den Charakter wirklich zu steuern. Besonders bei Höhenunterschieden kommt es vor, dass die Spielfigur unkontrolliert umherschwebt, hüpft oder fällt und dabei Schaden nimmt. Zum ersten Mal passierte es mir nach circa 20 Minuten, als ich dabei war ein paar Pflanzen zu sammeln. Ich rutschte einen Berg hinunter und war plötzlich zwischen Berg, Baum und Haus gefangen. Ich versuchte da irgendwie wieder herauszukommen, was damit endete, dass ich plötzlich fliegen konnte, dann aber doch nicht mehr und - zack - war ich Matsch am Boden. Insgesamt spielt sich Risen 2 zu schwammig. Dadurch hat man nur selten das Gefühl, wirklich Kontrolle über „Ich“ zu haben.

Etwas was wirklich peinlich ist, sind die Slow Motion Szenen in den Kämpfen. Offensichtlich von Skyrim inspiriert, werden coole Kills noch mal in langsam gezeigt. Was bei Skyrim durchaus Badass aussah, ist hier total peinlich, besonders, da ihr in den Szenen ganz genau seht, dass ihr die Monster nicht annähernd trefft. Eigentlich nur ein kleiner Makel, wenn man durch solch ein Gimmick die Aufmerksamkeit so sehr drauf lenkt, verlangt man förmlich danach dafür kritisiert zu werden.

Nett ist aber, dass die NPS‘s nur selten irgendwo stecken bleiben und meist ziemlich gekonnt mitkämpfen. Nur manchmal ist es mir passiert dass meine Helfer irgendwo steckengeblieben sind oder ganz von der Bildfläche verschwanden.


Es gibt aber auch Minispiele für die iPad Generation!

Story, Skill- und Kampfsystem wurden schon auf ein Mindestmaß zusammengeschrumpft. Klar, dass zu diesen simplen Dingen Quick Time Events dazukommen, die nichts zum Spiel beitragen und eigentlich coole Bosskämpfe öde wirken lassen. Hinzu kommen noch drei kleine Minigames. Um Schlösser zu knacken, müsst ihr ein wenig Geschicklichkeit beweisen. Fordernd ist das allerdings nicht. Dann gibt’s noch eine kleine Ballereinlage und ihr könnt beim Wetttrinken teilnehmen. Alles nicht wirklich toll, ist aber für ein paar Minuten eine gern gesehene Abwechslung für den drögen Piratenalltag.


Ha, du Poser bist eigentlich eine Landratte!

Was Risen 2 eigentlich so reizvoll werden lässt, ist das außergewöhnliche Piraten Setting. Abgesehen davon, dass ihr Piratenkleider tragen und Schätze suchen könnt, ist von dem Piratenfeeling aber nicht viel zu bemerken. Ich meine, die Story ist eh ziemlich flach, aber dafür sind die Dialoge immer wieder ganz nett geschrieben und haben durchaus starke Momente, die etwas piratig sind. Die Synchro hat potential, aber genauso viele katastrophale Besetzungen wie gute. Leider spielt das Game aber so gut wie nur im hellen Dschungel. Euer Piratenschiff dient nur als Pennplatz und Cutscene, kleinere Piratenkämpfe und die Möglichkeit, selbst mit dem Schiff von Insel zu Insel zu reisen, wären eigentlich ein klares Muss für einen großen Rollenspieltitel mit dieser Auslegung. Euer Pirat kann ja nicht mal schwimmen. Sobald ihr das flache Wasser verlasst, ertrinkt eure Landratte sofort und spawned am sicheren Land wieder.


Die Piraten kommen nicht an, am guten Port Tierung.

Zwei Probleme der PC Version konnten behoben werden. Erstmal flackert das Bild nicht mehr so schrecklich wie auf dem PC und auch, dass Pflanzen wachsen, wenn ihr ihnen näher kommt, passiert nicht mehr. Dafür ist die Konsolenportierung auf allen Ebenen ein Debakel. Selbst in den kleinsten Cutscenes poppen Objekte auf, es flackert immer noch stark und es kommt durchgehend zu einer massiv einbrechenden Framezahl. Stellenweise ist es echt überhaupt nicht zu ertragen. Auf der aktuellen Konsolengeneration habe ich selten derart üble Pop-Ups gesehen. Ansonsten ist die Grafik eigentlich nett. Wenn man sich in den Dschungel stellt und alles, was nicht funktioniert, ausblendet sieht es recht idyllisch aus. Naja, solange man davon absieht, dass die Monster nicht neu spawnen und man sehr schnell auf einer völlig toten Insel rumlatscht. Sobald man sich dann aber wieder bewegt, bemerkt man in jedem Moment, dass so gut wie alles nicht passen will. Was mich auch tierisch gestört hat, sind die höchstens zwanzig verschiedenen Gesichter. Mehr gibt es nicht, dann werden immer die Klamotten getauscht, aber wenn alle circa 50 fetten reichen Männer in eine Reihe stellen würde, könnte ich nicht sagen, ob es immer dieselbe Person sein soll, weil sie auch ansonsten alle gleich reden und sich genauso verhalten wie die anderen. Geht alles gar nicht. Auch die Monsterauswahl ist nicht angebracht bei einem Spiel mit einer Spielzeit von 30+ Stunden. Etwas über Zweihandvoll Gegner reicht einfach nicht.


Fazit:

Risen 2 - Dark Waters ist handwerklich eine Frechheit und ist auch spielerisch nicht viel besser. Mitten im Spiel kommt circa nach der Hälfte eine Zeit, in der das Spiel ganz interessant ist, weil man viele Möglichkeiten hat. Bis dahin ist es aber ein einziger Krampf und danach stellt man fest, dass die guten Ansätze, die kurzzeitig zu bemerken waren, zu nichts führen.

3,8 von 10 Piraten, die nicht wissen, wie man tritt