John Sinclair 2000 - 79 - Stellas Rattenkeller (Lübbe Audio)
Auf der Beerdigung der jungen Prostituierten Charlotte Olivia Macy Cochran geraten die Eltern der verstorbenen mit ihrem Zuhälter in Streit. Kurz darauf ertönt eine unangenehme Melodie und im Grab beginnt es vor Ratten zu wimmeln. Doch dabei bleibt es nicht, die hungrigen Nager klettern empor und beginnen Charlottes Eltern zu fressen. Als erstes gerät der Zuhälter Bully Cardigan (Thomas Petrou) ins Visier von John (Frank Glaubrecht) und Suko (Martin May). All zuviel lässt können sie ihm aber nicht entlocken und so müssen sie andere Spuren verfolgen. Der einzige andere Angehörige der Verstorbenen ist Roy Cochran (Erik Schäffler). Er kann nach normalen Vorraussetzungen allerdings nicht mit dem Tod seiner Eltern zu tun haben, denn schließlich sitzt er in der Psychiatrie, nachdem er versucht hat ein paar Menschen anzuknabbern. Verdächtig wird es dann aber doch, als John und Suko herausfinden, dass Roy in der Anstalt nur Rattenkönig genannt wird und eine Therapie mit Plüschratten durchläuft…
Ich hätte es ja niemals geglaubt, doch im Moment ist die Erzählerin Alexandra Lange mit Abstand mein Highlight in Dennis Ehrhardts Bearbeitung der John Sinclair Romanheftchen. In den letzten Folgen habe ich mich doch sehr gut an sie gewöhnt und meiner Meinung nach wird sie auch jede Folge merkbar besser und sicherer in ihrer Funktion als Erzählerin. An Joachim Kerzel kommt sie natürlich nicht heran, aber ihre Herangehensweise und ganze Art ist auch gänzlich anders. Was in dieser Folge ebenfalls wegfällt ist die Kritik daran wie Erhardt in den vergangenen Folgen auf recht krude Weise verschiedene Handlungsstränge vermengt oder nicht immer sinnvoll geändert hat. Wirklich gut hat mir die Folge allerdings trotzdem nicht gefallen.
Innerhalb der Erzählung selbst wird etwas Potential verschenkt. Zu sehr bleibt man im Trashgefilde stecken, obwohl der Inhalt diesmal auch in düsterer Form sehr viel packender sein könnte. Gar nicht dran zu denken wie hart diese Folge sein könnte, wenn man dieser Folge eine ähnliche Umsetzung zugestanden hätte, wie sie die aktuellen Dorian Hunter Folgen bekommen. Trash ist ja durchaus klasse und macht ja auch den Löwenanteil des Blogs aus, aber wenn man zu Gunst der lockeren Unterhaltung ein besseres Ergebnis verschenkt ist es doch schade. Gerade Stellas Backstory könnte richtig verstörend wirken, wenn die Figuren nicht so comicartige Dialoge sprechen müssten, die zudem noch sehr theatralisch vorgetragen werden. Besonders anstrengend ist dabei Simona Pahl, die es einfach übertreibt, aber auch Carla Sachse ist nicht unbedingt optimal als Stella. Vorwerfen kann man dies den beiden aber sicherlich kaum, da die Regie es wohl ganz genau so wollte. Ebenso bei Thomas Petrou als Bully, der als Zuhälter natürlich überaus prollig sein muss. Selbst auf der Beerdigung seiner Freundin, zu der übrigens alle anderen leichten Mädchen in nuttiger Trauerkluft erscheinen. Neisklar.
Etwas schwach sind auch die Versuche den Zuhörer auf falsche Fährten zu lotsen. Schon von Beginn an wird klar, dass es keine größeren Überraschungen geben wird. Dann gibt es aber noch ein paar Hinweise, die alle Zuhörer die nicht richtig aufpassen überhaupt nicht bemerken werden und die, die gut genug aufpassen, werden sofort merken das man nur versucht sie von der richtigen Lösung abzulenken. Auch nicht ganz perfekt sind die Sounds der Ratten. Irgendwie wollen die nicht so wie richtig Ratten klingen, etwas künstlich und dadurch ablenkend. Ach und dann stelle ich mir noch die Frage, ob es bei Scottland Yard wirklich so ist, dass wenn der Chef Urlaub hat, seine Sekretärin die Abteilung leitet?
Apropos Sir James Powell, dieser wird in diesmal noch einmal vom leider verstorbenen Karlheinz Tafel gesprochen. Schön ihn noch mal als Powell hören zu können. Außer ihm gefällt mir wie gesagt Alexandra Lange mittlerweile ziemlich gut, Frank Glaubrecht und Martin May geben solide Vorstellungen ab und nicht zuletzt kann Eckart Dux einmal mehr die Rolle eines Pastors gut ausfüllen. Musikalisch ist eine passende Bandbreite von stimmungsvoller Untermalung, bis hin zu dem dissonanten Flötenspiel Stellas. Die Geräuschkulisse, wirkt bis auf die unecht klingenden Ratten sehr plastisch und vor allem die regnerische Nacht auf dem Friedhof klingt super.
Diese stark vom Märchen um den Rattenfänger von Hameln inspirierte Episode ist kein Totalausfall und hat mir eigentlich sogar besser gefallen als die vorherigen, leider ärgert mich dabei erneut, dass so viel mehr drin gewesen wäre wenn man sich etwas mehr trauen würde. Die meisten Fans mögen es ja aber auch genau so am liebsten und weitere Veränderungen sind überhaupt nicht gewünscht.
6,8 von 10 Flötenstunden im Keller