Freitag, 6. Juli 2012
Der lachende Vampir (Reprodukt)
Der lachende Vampir (Reprodukt)
Vor vielen Jahren, kurz nach den Atombombenangriffen auf Japan, wurde das "Kamelweib“ Rakuda Onna von einem Lynchmob aufgeknöpft. Doch damit war die alte Dame noch lange nicht tot, denn sie ist ein Vampir und immer noch recht munter. Mittlerweile ist sie 130 Jahre alt und sucht nach neuen Opfern. Doch sie trinkt nicht nur einfach das Blut des Mittelschülers Konosuke Mori, sondern macht ihn auch gleich zu einem Vampir, in der Hoffnung er wird ihr neuer Begleiter. Nur schwer kann der Schüler sich von seinem alten Leben trennen, entfernt sich aber immer mehr von der Normalität, bis er schließlich vollkommen in seiner neuen Identität als Vampir aufgeht. Doch nicht nur Vampire stören den Frieden der Nacht, sondern auch Sotoo Henmi, der ein dunkles Geheimnis verbirgt. Als die Wege der beiden sich kreuzen endet es äußerst blutig.
Als ich einst angefangen habe Manga zu lesen, hatte man es leicht. Es war geradezu paradiesisch. Klassiker wie Dragon Ball, X, Angel Sanctuary erschienen erstmals auf deutsch und auch im Erwachsenenbereich gab es einiges. Mittlerweile sind die Mainstream Klassiker fast lückenlos auch hierzulande erschienen und der Markt quillt über mit meist nur sehr bedingt spannenden Boys Love Storys oder dem immer selben Kampf zwischen gut und böse in all seinen Klischeebehafteten Formen. Gute Manga zu finden ist schwer geworden, wenn es zudem auch noch originell und erwachsen sein soll, schaut man eigentlich immer in die Röhre. Umso erstaunlicher ist es dann aber wenn man wie ich, über viele Jahre überhaupt nichts mitbekommen hat von einem Mange wie „Der lachende Vampir“.
Scheinbar geht es aber nicht nur mir so, denn die Verkaufszahlen dieses Mange waren für den Reprodukt Verlag wohl nicht sonderlich gut, was leider auch dafür sorgte, dass „Midori – Das Kamelienmädchen“ vom selben Mangaka zwar schon vor langer Zeit angekündigt wurde, aber bis Heute nicht den Weg in die Läden gefunden hat. Wirklich bedauerlich, denn an der Qualität des lachenden Vampir kann es eigentlich nicht liegen.
Ganz klar, dieser Manga ist ein Nischenprodukt. Ihr solltet erstmal volljährig sein, da die Gewalt und die Sexuellendarstellungen wirklich explizit und teilweise auch echt schockierend sind. Zudem werden viele nichts mit Suehiro Maruos Erzählstil anfangen können. Dieser verweigert sich nämlich einigen gängigen Geflogenheiten. Die Charaktere werden nicht vorgestellt sondern eher zufällig in die Geschichte hineingeworfen, durch die fehlende Fokussierung auf bestimmte Figuren wird nicht immer sofort klar welche Figuren eine größere Rolle spielen werden und es wird nie mehr erklärt als nötig wäre. Für meinen Geschmack alles positive Dinge, die diese Geschichte nur reizvoller machen. Wer aber nur kurzweilige Verstreuung sucht wird wohl leicht überfordert sein. Sehr eigen ist zudem das die Geschichte oft merkwürdig distanziert erzählt wird und an anderen stellen den Leser wieder sehr nah an die Protagonisten heranführt. Schwer zu beschreiben, wirkt aber manchmal etwas befremdlich, was aber sehr wohl gewollt ist. Die Geschichte selbst nutzt wie viele andere Vampirstorys den Vampirismus als Parabel auf unterdrückte Impulse bei den Jugendlichen wie Sexualität und Gewalt. Zudem dient er dazu, das Gefühl der Isolation von anderen Menschen zu transportieren.
Die Zeichnungen leben vor allem vom Kontrast zwischen dem Schönen und dem Schrecklichen. Die meisten männlichen Charaktere fallen durch starke feminine Gesichtszüge auf, zudem setzt Maruo gerne schöne Dinge wie Blumen, einen sonnigen Tag oder Schmetterlinge zur Schau. Auf der anderen Seite warten Insekten, Blutbäder, abgetrennte Gliedmaßen, Perversion und sexuelle Gewalt in jeglicher Form auf die Leser. All das zeigt der Künstler Detailreich und ohne sich irgendwie zurück zu nehmen. Wirklich interessant ist die merkwürdige Ästhetik wenn er beide Seiten der Medaille miteinander kombiniert.
Im Anschluss an die Geschichte folgt ein kurzes Glossar und Nachwörter vom Schriftsteller Hiroshi Aramata, der unter anderem auch die Romanvorlage für Miikes Krieg der Dämonen - The Great Yokai War geschrieben hat und der Japanologin Jaqueline Berndt. Ein wirklich großartiger Manga, der viel mehr Aufmerksamkeit verdient hätte.
8,6 von 10 Babybäder